Konzertbericht: Limp Bizkit

2011-06-28 Tollwood, München

Der Weg zur Veröffentlichung des neuen Limp Bizkit-Albums war wieder einmal lang und beschwerlich. Seit 2006 konnten sich die Fans nicht mehr sicher sein, ob die Formation überhaupt noch existiert. Hauptproblem: Das meistens schwierige Verhältnis zwischen Frontmann Fred Durst und seinem genial-verrückten Gitarristen Wes Borland. 2006 gab der stets verkleidet auftretende Borland bekannt, dass sich Limp Bizkit aufgelöst haben. Dies verneinte Durst postwendend. Nach etlichen weiteren öffentlichen Reibereien rissen sich die beiden Streithähne etliche Jahre später wieder am Riemen und veröffentlichten zusammen das neue Album „Gold Cobra“, welches sie im Rahmen des Tollwood-Sommerfestivals 2011 auch in München vorstellten.

Dabei bildet das Duo Durst/Borland auf der Bühne mehr eine Zweckgemeinschaft als eine harmonische Einheit, obwohl sich beide sichtlich Mühe geben, ihre Differenzen zu überspielen. Abseits davon funktioniert das musikalische Ergebnis irgendwo zwischen Nu Metal, Chartrock und Hip Hop überraschend gut, was nicht zuletzt daran lag, dass Limp Bizkit für einen insgesamt recht kleinen Deutschlandauftritt einer international bekannten US-amerikanischen Band ungewohnt motiviert und agil wirkten.
Mutig begannen Bizkit mit gleich zwei Songs von „Gold Cobra“ einschließlich des Titeltracks – und der Plan ging auf. Überraschenderweise wartete die gut gefüllte Gehrlicher Musik-Arena nicht auf die alten Hits wie „My Generation“ oder „Nookie“, sondern feierte auch die neuesten, größtenteils weniger bekannten Kompositionen wie „Why Try“. Zwischen den Stücken sorgte DJ Lethal an den Turntables und am Keyboard immer wieder für richtig gute Stimmung im Zelt, indem er u.a. „Seven Nation Army“ und die Titelmelodie von Beverly Hills 90210 abspielte. So störten auch die teils unkoordiniert wirkenden Pausen den Konzertabend nicht merklich, ebenso wenig wie die Tatsache, dass Basser Sam Rivers und Drummer John Otto mehr schmuckes Beiwerk zur Durst/Borland-Show waren.

Von der gesamten Setliste – bestehend aus einer gesunden Mischung aus Alt und Neu – fiel lediglich „Shotgun“ qualitativ etwas ab. Manche schienen für diese Verschnaufpause sogar dankbar, denn ansonsten fegte der ganz in schwarz gekleidete Wes Borland wie ein Derwisch mit seiner Gitarre über die Bühne und heizte (zusammen mit Durst am Mikro) der Menge richtig ein. Nur anhand seiner grellweißen oberen Gesichtshälfte konnte man stets gut erkennen, wo das Enfant Terrible gerade mit seinem Instrument sein Unwesen trieb. Doch weder Schlagzeug noch Turntables noch Bass noch Securities (!) waren vor seinen Ausflügen sicher, bei denen er gerne literweise Wasser in den ersten Reihen verteilte. Kurzum: Eine durch und durch beeindruckende Performance eines wahnsinnig charismatischen wie hochbegabten Musikers, der zurecht bei seiner Vorstellung den größten Applaus erntete. Ohne Borland kein Bizkit, doch auch Fred Durst hinterließ stimmlich bleibende Eindrücke und bewies, dass die beiden Gegenpole zusammen am besten funktionieren.
Wenn er sich stimmlich nicht gerade bei Songs wie „Hot Dog“ (powered by Nine Inch Nails „Closer“) richtig reinhängte, erinnerte der durchaus sympathische Kappenträger aus Überzeugung verdächtig an einen 2. Eminem, der sich jedes Mal wie ein pubertierender Teenie freute, wenn er laut „fuck“ auf der Bühne sagen durfte. Einzig und allein das ständige Klopfen auf sein Herz wirkte arg affektiert. Und wenn Freddy sich eine etwas engere Hose anziehen würde, müsste er sie nicht alle zwei Minuten mit beiden Händen wieder hochziehen. Sehr positiv hingegen, dass er mehrfach den direkten Kontakt zu den Fans suchte – vor Starallüren anno 2011 war nichts zu sehen. Außerdem kaufte man Fred Durst den Spaß auf der Bühne stets ab, besonders bei seinem „Hip Hop Battle“ mit Psycho Dalek, den er nach eigener Aussage vor Jahren beim Xbox live spielen kennengelernt hat. In München traten die beiden nun zum ersten Mal zusammen auf und gaben „Full Nelsen“ zum Besten.

Abseits dieses kleinen e-gitarren-lastigen Battle Rap-Abstechers steigerte sich die enorm kurzweilige Nu Metal-Party kontinuierlich, bevor gegen Ende alle Dämme brachen und im Zugabenblock die größten Limp Bizkit Hits folgten: Überraschenderweise kann Fred Durst „Behind Blue Eyes“ live tatsächlich singen – und beim Mission Impossible-Hit „Take A Look Around“ reichen die ersten Klänge aus Borlands Gitarre für ohrenbetäubenden Jubel. Selbst das George Michael-Cover „Faith“ erfüllte seinen Zweck, bevor mit „Rollin‘“ und einigen sexy Tänzerinnen als Eye-Candy der ideale Rausschmeißer folgte. Das war „Break Stuff“ vom Allerfeinsten!

Setliste Limp Bizkit:
01. Gold Cobra
02. Why Try
03. Hot Dog
04. My Generation
05. Livin‘ It Up
06. My Way
07. Douche Bag
08. Nookie
09. Full Nelson (feat. Psycho Dalek)
10. Shotgun
11. Break Stuff

12. Behind Blue Eyes
13. Take A Look Around
14. Faith
15. Rollin‘

Publiziert am von und Uschi Joas

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