Konzertbericht: Red Hot Chilli Pipers w/ Los Paperboys

25.04.2010 München, Cirus Krone

Dass ein gewisses Maß an Dreistigkeit in der Musikwelt siegt, ist ein bekanntes Phänomen, welches auch auf die Red Hot Chilli Pipers zutrifft. Mit ihren bekannten Beinahe-Namensvettern aus Kalifornien haben die Dudelsackvirtuosen unter dem Strich nichts gemeinsam. Ob und wenn ja, wieviele Zuschauer sich am 25. April etwas vorschnell für einen Konzertabend im Münchner Circus Krone entschieden und überraschend mit Schottenröcken statt Crossover konfrontiert wurden, blieb leider ungeklärt.

Die schottische Dudelsackfraktion hat sich jedenfalls trotz oder gerade wegen ihres Namens einen gewissen Bekanntheitsgrad erspielt: So durften sie bereits vor Paul McCartney in London ihre ganz eigene Version von „Hey Jude“ präsentieren. Nach Aussagen der Band war die Reaktion des Ex-Beatle überraschend positiv, so dass auch das Publikum auf der aktuellen Deutschlandtour einer scheinbar extra langen Version des Stücks lauschen durfte.
Im Gegensatz zu anderen sackpfeifen-inspirierten Coverversionen war der Wiedererkennungswert beim Klassiker der Pilzköpfe vergleichsweise hoch. Bei „Let me entertain you“ und anderen Instrumentalvertonungen bekannter Hits ging das Experiment allerdings nach hinten los. Im zu gut zwei Drittel gefüllten Auditorium runzelten einige Zuschauer die Stirn und überlegten, woher ihnen die Melodien bekannt vorkamen, ohne den direkten Bezug zu den Erfolgssongs herstellen zu können.
Neben der unüberhörbaren Eintönigkeit der Eigenkompositionen trug der fehlende Publikumsbezug zu der größtenteils durchschnittlichen Stimmung (besonders in der Arena) bei. So richtig mochte der (Dudelsack-)Funke nicht überspringen und das Bühnengeschehen wirkte beinahe etwas distanziert. Selbst bei den ersten Klängen von „Smoke on the water“, „Thunderstruck“ und auch „Clocks“ ging nur ein kurzer Aufschrei durch die Menge. Als sich die Dudelsäcke mehrstimmig eingegroovt hatten, kehrte schnell wieder Stille in die Manege ein.
Unter der Mehrstimmigkeit der Dudelsäcke bzw. unter den gedoppelten/gedreifachten Stimmen litt bereits nach den ersten Stücken der Abwechslungsreichtum und vereinzelt hätte ein Sänger die Performance der Pipers deutlich aufwerten können. Zwischen den Songs war deren schottisch-englisch-deutsches Kauderwelsch am Mikrofon selbst für mich als Englischdolmetscher kaum verständlich und so ging der ein oder andere Witz völlig unter.
Die böseste Ironie des schottischen Schicksals ereilte die kleinen RHCP schließlich in der zweiten Konzerthälfte, als ein sehr starkes Percussion-Duell völlig ohne Dudelsäcke die mit Abstand besten Reaktionen zog und das erste Mal die gesamte Menge mitriss. Für die Red Hot Chilli PIPERS eigentlich ein Armutszeugnis.
Diese versuchten zwar sichtlich bemüht aus dem nunmehr aufgetauten Publikum mehr herauszukitzeln, aber es fehlten die „Earcatcher“ und so verließen nicht wenige Konzertgänger den Auftritt vor den obligatorischen Zugaben.

Ein großes Lob verdient die kanadische Vorband Los Paperboys (mit weiblicher Geigerin!?). Mutige Kompositionen mit keltischen und karibischen Einflüssen wurden fröhlich verquirlt mit Reggae und Irish Folk. Das Ergebnis konnte sich nach kurzer Eingewöhnung hören lassen und sorgte für bessere Stimmung als der Hauptact. Einzig und allein an ihren Bühnenoutfits sollten die „Zeitungsausträger“ noch arbeiten, um nicht gar so zu wirken, als ob sich zufällig ein paar Fans mit Instrumenten auf die Bühne verirrt hätten.

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