DEATHCODE SOCIETY, eine aufstrebende Symphonic-Black-Metal-Formation, veröffentlichten kürzlich ihr brachiales Debüt „Eschatonizer“ und standen nun für ein Interview zur Verfügung. Warum man nach der ersten Demo 6 Jahre bis zum Debüt warten musste, was es mit den zwei Cover-Songs des Albums auf sich hat und wer eigentlich die wahren Satanisten sind, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.
Eure erste Veröffentlichung war die Demo „Ite Missa Est“ aus dem Jahr 2009, sie umfasste zwei Songs, die man nun auf „Eschatonizer“ wiederfindet. Habt ihr etwas an diesen beiden Tracks verändert und was waren die Gründe für die lange Zeitspanne zwischen der Demo und dem Debüt?
Wir haben einige Details abgeändert, ein paar Arrangements umgeschrieben. Außerdem musste ich den Gesang übernehmen, da uns unser Leadsänger nach dem Release der Demo verließ. Warum die zeitliche Lücke? Nun, ich denke, wir mussten erst mal ein stabiles Line-Up finden. Erst wenn jeder glücklich und stolz ist, in einer Band zu sein, bringt das die nötige Energie, um sich an die Arbeit zu machen. Wir mussten gegen einige Schwierigkeiten ankämpfen. Uns fehlte es an Fokus. Weißt du, wir starteten das Projekt bereits 2004 ohne zu wissen, wo genau wir damit überhaupt hin wollten. Als der erste Song fertig war, wussten wir, dass wir auf etwas Großartiges gestoßen waren, aber der Prozess des Songwritings nahm viel Zeit in Anspruch. Etwas stimmte nicht an der Art, wie wir zusammenarbeiteten. 2011 fällten wir einige Entscheidungen, änderten das Line-Up und dann wurde alles klar. 2013 hatten wir alle Songs geschrieben. Es geht nicht nur darum, ein Intro, eine Strophe oder einen Refrain zu finden. Nimm einen Song von „Eschatonizer“ und du kannst daraus zehn gewöhnliche konstruieren. Wir wollen uns nicht wiederholen. Der harmonische Aufbau unserer Musik ist wesentlich ausgeklügelter als das, was man sonst von extremer Musik gewohnt ist. Viele Passagen von „Eschatonizer“ sind wie klassische Musik aufgebaut und mit Bedacht aufeinander abgeglichen. Es dauerte lange, alles aufzunehmen und die Arrangements zu vollenden, vor allem die Chöre.
Denkst du, das nächste Album wird wieder so lange auf sich warten lassen?
Ich hoffe natürlich, dass es nicht wieder so lange dauert, doch es wird wohl auch nicht gerade kurz, denn wir spielen fordernde, anspruchsvolle Musik. Deshalb braucht es einige Zeit, alles auszutüfteln. Insgesamt dauerte es aber nur zwei Jahre, um „Eschatonizer“ zu vollenden, und mittlerweile sind wir viel organisierter. Die Aufnahmesessions werden jedenfalls kürzer und effizienter.
Bist du zufrieden damit, wie „Eschatonizer“ letztendlich ausgefallen ist oder gibt es etwas, das du im Nachhinein daran ändern würdest?
Ich würde nichts daran ändern, es ist genau das Album, das wird erschaffen wollten.
Bleiben wir noch kurz beim Album. Gibt es da irgendein kohärentes Konzept oder sollte man die einzelnen Tracks eher für sich stehend betrachten? Und warum fiel eure Wahl für die Cover-Songs gerade auf „Metal Meltdown“ und „With Strength I Burn“?
Es gibt kein Konzept. Die Themen sind zwar miteinander verknüpft, aber das ist eher Zufall als Absicht. Wir entschieden uns für „Metal Meltdown“, da es ein sehr dunkler, brutaler Song ist, von dem wir wussten, dass wir ihn noch aggressiver und dramatischer umsetzen würden können. „Painkiller“ fing wirklich die Essenz des Heavy Metals ein und „Metal Meltdown“ zu covern, ist ein Tribut an unsere Vorgänger und zugleich ein Statement: Wir sind eine Metal-Band und keine Bande elfenhafter Schwuchteln (Rob Halford ist zwar homosexuell, aber er war niemals eine Schwuchtel!). „With Strength I Burn“ haben wir gecovert, weil es der einzige Song auf „Anthems To The Welkin At Dusk“ (übrigens das vielleicht unglaublichste Extreme-Metal-Album, was das Songwriting betrifft) ist, der durch eine gute Produktion und genauere Ausführung verbessert werden kann.
Kommen wir noch zu ein paar etwas allgemeineren Fragen. Was hat dich dazu gebracht, eine Band zu starten und professional Musik zu machen? Wie entwickelte sich deine Verbindung zur Musik?
Ich würde sagen, Passion in all ihren Bedeutungen. Wir haben immer schon Musik gemacht, schon als wir noch Kinder waren. Es ist wie eine schlechte Angewohnheit, wie Rauchen oder Drogen nehmen. (lacht) Allerdings ist Deathcode Society das einzige Projekt, dem wir uns so stark verbunden fühlen. Es ist, als hätten wir eine Kreatur geboren, die uns zu besseren Songwritern, geübteren Musikern und stärkeren Menschen gemacht hat. Wahre Kunst verändert eben auch den Künstler.
Und was ist der Gedanke hinter dem Namen DEATHCODE SOCIETY?
Der Name, DEATHCODE SOCIETY, ist ein Sechssilber, der Feierlichkeit ausstrahlt. Manchen gefällt der Name nicht, aber uns bedeutet er etwas: Wir sind fünf Männer, die das letzte Mysterium durch Musik erforschen.
Wie bist du mit deinen jetzigen Bandmitgliedern zusammengekommen und seid ihr schon aufeinander eingespielt? Wie läuft bei euch das Songwriting?
Wir kennen einander schon sehr lange. Die Älteren von uns sind bereits seit 15 Jahren Teil der Metal-Szene. Was unsere Band besonders macht, ist, dass jedes Mitglied wegen der Musik dazukam. Wir sind der eigentliche Kern der Fans von DEATHCODE SOCIETY. Das Songwriting gestaltete sich beim Debüt sehr simpel: Ich schrieb alles allein. Beim nächsten Album werden sich die anderen Bandmitglieder aber mehr einbringen.
Inwiefern, denkst du, unterscheidet sich eure Musik von der anderer Bands desselben Genres?
Es ist nicht einfach, die eigene Musik mit der gehörigen Objektivität zu beurteilen. Aber wir versuchen, unsere Musik folgendermaßen zu gestalten: brutaler, intensiver, kompromissloser und cleverer. Unser Schaffen zeichnet sich durch ein neues Maß an Raffinesse aus, ohne dabei langweilig oder zu technisch zu sein. Man höre sich nur mal die vierfache Polyphonie des Gesangs auf „NooS“ an. Manche fragen uns, von wem wir uns das denn abgeguckt hätten. (lacht) Nein, Leute, die haben wir geschrieben, vom ersten bis zum letzten Akkord. Viele Extreme-Metal-Bands verwenden immer wieder dieselben Akkordfolgen, das erinnert dann stark an Danny Elfman Soundtracks mit E-Gitarren und Blast Beats. Wir sind jedenfalls nicht von Hollywood Soundtracks beeinflusst. Unsere Wurzeln findet man im Metal und in später romantischer/expressionistischer orchestraler oder vokaler Musik. Viele bezeichnen uns als Symphonic Black Metal – aber ich würde den Leuten wirklich empfehlen, unsere Seite zu besuchen und die Noten zu unseren Songs (gratis) herunterzuladen. Wenn sie schon taub sind, sehen sie so zumindest, dass Gitarre und Bass das Wichtigste in unserer Musik sind. In den Noten gibt es auch noch einige andere Dinge zu entdecken.
Wie fiel das Feedback von Fans und Kritikern aus? Spielen solche Reaktionen für dich eine Rolle?
Die Fans lieben es, einige Kritiker lieben es, andere wiederum nicht, so läuft das halt. Aber wir sehen, dass die besten Reviews von denen geschrieben wurden, die sich die Zeit genommen hatten, aufmerksam zuzuhören. Man merkt sofort, ob jemand dein Album einmal, zweimal oder öfter gehört hat. Ignoranz kann man nicht verbergen.
Welche Bands inspirieren euch am meisten? Inwiefern haben sie Einfluss auf eure Musik und gibt es noch etwas anderes, das sich auf euer Schaffen auswirkt?
Wir wollen unsere Einflüsse nicht leugnen. Wir sind sogar stolz auf sie. All die legendären Bands in der Geschichte des Metals waren Pioniere, wir lieben sie. Aber DEATHCODY SOCIETY wurde in meinem Herzen geboren, als all die Bands, von denen ich so viel hielt, sich entweder auflösten oder deren Mitglieder starben – man findet sie leicht in unserer Musik wieder. Wir geben dieser Musik durch DEATHCODY SOCIETY ein neues Gefäß und versuchen, sie zu beleben und zum wachsen zu bringen. Einfach alles wirkt sich auf unsere Musik aus. Es ist eine Möglichkeit, der Welt künstlerisch ins Gesicht zu spucken.
Hört ihr auch andere Musik abseits vom Metal?
Allerdings. Wie ich bereits sagte, wir orientieren uns oft an den Strukturen, Akkordfolgen und Harmonien der großen Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts. Berlioz sagte einst: „Mach es wie der Meister und du wirst es gut machen.“
Wie stehst du zu Black Metal und seiner Verbindung zu Satanismus?
Das ist eine schwierige Frage. Zuallererst, gibt es überhaupt eine Definition des Satanismus? Von La Vey bis zum MLO gibt es ja quasi mehr als 50 Shades of Black. (lacht) Black Metal hat eine Verbindung zum Bösen. Er spricht vom Bösen, zeigt es, offenbart es. Im Gegensatz zu vielen post-modernen Kunstformen ist er an der metaphysischen Natur des Bösen interessiert. Manche Black-Metal-Bands behaupten, du könntest diesen Musikstil nicht spielen ohne Satanist zu sein. Wenn das wahr ist – und das könnte sein – erlaube mir zu sagen, dass wir nicht wirklich eine Black-Metal-Band sind. Wir sind auf unsere Weise extrem, aber nicht auf diese. Der französische Poet Baudelaire definiert Satan auf interessante Weise: „Die Freude am Untergang“. Einige Satanisten würden mir wohl wiedersprechen, aber wenn man sich ansieht, was sie überhaupt predigen, sieht man, dass es immer darum geht, zu fallen, die Dunkelheit und das Negative der menschlichen Existenz zu erforschen, selbst wenn dieser Fall von einem spirituellen Aufstieg gefolgt ist. Satan erhebt sich bevor er fällt, so tut es auch der Satanist. Ein Satanist zu sein bedeutet, die Pole der Transzendenz auf den Kopf zu stellen, den „Pfad zur linken Hand“ zu wählen. Doch wir graben nicht, wir erklimmen, fliegen. Unsere Musik ist farbenprächtig, strahlend, wie ein Atomsprengkopf, der in deinem Wohnzimmer explodiert. Es ist eine andere Art des Wahnsinns. (lacht) Wir sind natürlich nicht so dumm, zu leugnen, dass unsere Musik mit der jener Bands verbunden ist, die den Black Metal erschuffen. Die ersten Emperor-Alben, Dissection, Kvist,…, man sieht den Zusammenhang. Aber unser Scheiß ist ein bisschen anders. Ohne damit die Bands beleidigen zu wollen, die spirituell involviert sind, aber ich denke, jeder Pop-Star, sei es Lady Gaga, Rihanna oder sonst wer, ist zehn Billionen mal satanistischer als jede Black-Metal-Truppe. Darüber lässt sich natürlich streiten, vielleicht liege ich falsch, aber das ist wahre Versklavung, Monstrosität, echte Perversion von Geist und Seele. Manchmal wirken Satanisten auf mich etwas verloren. Sie tun so, als sei der Papst der wahre Herrscher der Welt, als entspringe jede Manifestation der Mainstream-Kultur aus den Händen der Fanatiker. Das ist nicht wahr. Die Kultur des Mainstream zeichnet sich durch vehemente Verachtung für Kunst, das innere Leben und Spiritualität aus und sie schreckt nicht davor zurück, den Glauben zu verspotten. Der Mainstream hasst Religion, hasst jede Kirche und zollt nur jenen Respekt, die sich vor ihr verneigen und ihre Befehle befolgen: Konsumiere, feiere, frage nicht, was wirklich wichtig ist. Dazu fällt mir ein konkretes Beispiel ein. Das Cover-Artwork unseres Albums wurde von einigen (amerikanischen) Streaming Plattformen zensiert, da man darauf einige nackte Personen sieht. Einige Fans schrien auf: „Das ist Bigotterie! Scheiß auf die Inquisition!“ Nun, die Realität ist etwas komplizierter. Dieselben Plattformen haben nämlich kein Problem damit, Nicky Minajs gigantischen Hintern oder Miley Cyrus’ Soft-Porn-Auftritte zu zeigen. Wir wurden zensiert, weil das Programm von ITunes es so entschied, denn in der Welt der Maschinen ist keinen Platz mehr für wahre Kunst. Das ist wirklich teuflisch. Wenn ich ein Satanist wäre, würde ich Pop-Musik-Produzent – oder Banker – werden, anstatt mein Leben einer Musik zu verschreiben, die niemanden kümmert. Zusammenfassend würde ich folgendes sagen: Black Metal enttarnte schon immer vertraulich, fast schon esoterisch, aber immer verständlich – Wort für Wort – die innere Wahrheit der globalen Kultur, deren Aktionen und Statements die Augen der Massen blenden und so ihren bösen Ursprung verbergen. Es handelt sich um ein Paradoxon: Der Meistertrick des Teufels ist, den Leuten vorzugaukeln, er existiere nicht. Die Künstler des Black Metals nennen ihn beim Namen, sie stellen ihn zur Schau. Wenn du mit dem Finger auf das Böse zeigst, verliert es vieles von seiner Macht. Ist es jedoch versteckt, kennt das Böse keine Grenzen.
Black Metal wurde mit der Zeit immer vielseitiger. Es gibt viele verschiedene Spielarten, manche davon ähneln kaum noch der ursprünglichen Form, sodass Bands wie Dimmu Borgir oder Alcest Elemente von Symphonic- oder Post-Metal übernahmen. Was macht für dich Black Metal aus? Wo ziehst du da die Grenze?
Das kümmert mich eigentlich nicht allzu sehr. Ich würde sagen, es kommt auf die spezielle Verbindung zum Bösen und die metaphysische Herangehensweise an.
Wie sehen dein Pläne für die Zukunft der Band aus?
Live auftreten und Musik für das nächste Album schreiben. Wir haben bereits begonnen und es wird sogar noch radikaler und intensiver. Wir werden vermutlich ein richtiges Orchester engagieren.
Nun würde ich das Interview gerne mit dem traditionellen Metal1.info-Brainstorming beenden. Ich gebe dir ein paar Begriffe und du sagst das Erste, was dir dazu einfällt:
Mayhem – Burzum: 0 – 1
Flüchtlinge (Anm. d. Red.: engl. „Refugees“): The Fugees hab ich nie gehört. Die haben sich doch 2006 aufgelöst. Wusste nicht, dass es die unter neuem Namen wieder gibt.
Absolutes Lieblingsalbum: Das muss noch geschrieben werden.
Cradle Of Filth: Da hab ich drin geschlafen, als ich noch ein Säugling war.
Die Bibel: Eine Anthropologie der Gewalt. Gut zu lesen.
Ok, nochmals danke für das Interview. Gibt es noch etwas, das du den Lesern mitteilen möchtest?
Jedenfalls nichts Nettes. (lacht) Kauft unser Album, erfreut euch daran und folgt uns auf Facebook!