Interview mit Thommy Frank von Projection

Unser Redakteur Sebastian Mack sprach mit Thommy Frank über das neue Album „A Brief History 1999-2005“ seines musikalischen Ventils PROJECTION und über Progressive Rock im Allgemeinen. Dabei konnte er auch einen Blick in die zukünftigen musikalischen Pläne des Rheinland-Pfälzischen Musikers werfen.

Hi Thommy! Grüß dich! Wie geht’s?
Ganz gut soweit. Danke der Nachfrage.Grund für unser Interview ist ja dein kürzlich erschienenes neues Prog-Album „A Brief History 1999-2005“. Du veröffentlichst deine musikalischen Visionen unter dem Namen PROJECTION. Kannst du, bevor wir konkret auf die Musik zu sprechen kommen, vielleicht kurz erläutern, warum du ausgerechnet diesen Titel ausgewählt hast?
„Projection“ ist eine Art Wortspiel. „Projection“ ist ein Projekt über die Projektion von persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen in progressive Rockmusik. Quasi vertonte Tagebucheinträge. Ich fand den Namen dafür sehr passend. Die Musik ist eigentlich ein Abbild dessen, was mich bewegt, traurig oder fröhlich macht, oder auch Erinnerungen an Situationen, Menschen oder Ereignissen aus meinem Leben.Wie lange machst du schon unter dem Siegel PROJECTION Musik? Hast du vor deinem Soloprojekt schon Erfahrungen in anderen Bands gesammelt?
Das Projekt existiert seit 1999. Vorher hatte ich sehr lange in einer Prog-Band Gitarre und Schlagzeug gespielt. Als die Band zerbrach, fing ich an eigenes Material zu schreiben, einfach aus Spaß und weil ich ein Ventil brauchte, um dieses schlimme Jahr zu verarbeiten. Ich hätte nie im Traum daran gedacht, dass jemand die Songs hören möchte. Kurz danach entstand die erste CD „Time Flies“. Ich bekam viel positives Feedback, was mich motivierte weiterzumachen. Mit jeder weiteren CD stieg die Zahl der Hörer. Dazwischen spielte ich natürlich weiterhin auch in Bands. Ich liebe es, mit Menschen Musik zu machen. „Projection“ ist und bleibt allerdings eine One-Man-Show. Es ist eine sehr persönliche Musik und ich möchte vollständige Kontrolle haben über den Entstehungsprozess der Songs bis hin zur Produktion der CD.Wann begann ernsthaft dein Interesse an Musik bzw. dem Musikmachen? Ist es an spezielle Erlebnisse oder Bands geknüpft, die dich dazu bewogen haben, ein Instrument in die Hand zu nehmen?
Oh, das begann schon sehr früh. Seit ich denken kann, interessiere ich mich für Musik. Mit 10 Jahren habe ich das erste mal eine Gitarre in die Hand genommen. Es hatte allerdings etwas gedauert, bis ich mich ernsthaft mit dem Instrument auseinander gesetzt habe. So richtig begonnen hat es, als ich Leute wie Mark Knopfler oder David Gilmour hörte. Ich wollte so spielen wie sie.

Aber nun zurück zu „A Brief History“. Soweit ich weiß, hast du nun insgesamt schon sechs Alben im Alleingang produziert und aufgenommen. Werk Nummer 7 ist gleich eine Doppel-CD, allerdings „nur“ eine BestOf-Zusammenstellung aus deinem eigenen Katalog. Warum hast du dich dafür entschieden und kein neues Material komponiert?
Ich war mit den ursprünglichen Versionen wie sie auf den CDs erschienen sind eigentlich nie so richtig zufrieden. Teils lag es am Sound der Alben – die erste Platte habe ich mit wirklich billigstem Equipment aufgenommen – oder ich hatte das Gefühl, dass die Songs nicht die Aussage hatten, die ich erzielen wollte. Also beschloss ich im September 2004 einige alte Songs mit besserem Equipment und neu arrangiert nochmals neu aufzunehmen. Im Laufe der Zeit wuchs der Wunsch dies auch mit anderen Songs zu tun. Ich wollte endgültige Versionen von Songs kreieren, die mir wichtig waren. Am Ende hatte ich dann genügend Material für eine Doppel CD zu Verfügung,

Gibt es für jemanden, der bereits alle Alben von dir besitzt, einen Grund, auch dieses BestOf-Werk zu erwerben?
Ich denke ja. Viele der Songs klingen völlig anders als auf den jeweiligen Alben. Bei einigen habe ich sogar den Text überarbeitet. Ein paar der Songs haben fast gar nichts mehr mit den Urfassungen gemein. Der Hörer soll erkennen welche Entwicklung ich genommen habe – als Produzent, Songschreiber und Musiker. Natürlich klingt “ A Brief History“ auch besser als all seine Vorgänger.

Warum hast du als musikalische Ausdrucksform ausgerechnet das ausladende, symphonische Prog-Genre gewählt und nicht den perfekten Vier-Minuten-Popsong?
Ich denke, man findet beides auf meinen Platten. Prog eignet sich hervorragend dazu Geschichten zu erzählen. „One of two kinds“ zum Beispiel handelt von einer unglücklichen Liebesgeschichte. Ich schrieb den Song während diese Geschichte voll am laufen war. Ich änderte einzelne parts, entsprechend der Entwicklung der Story. Teile des Epics spiegeln Freude und Liebe wieder, andere parts reflektieren Traurigkeit und Depression. Prog eignet sich hervorragend dazu, verschiedene Stimmungen innerhalb eines Songs zu zeigen. Wenn ich aber nur jemandem sagen möchte „Ich liebe Dich“, würde wohl eher ein 4 Minuten Song daraus werden.

Wie wichtig sind dir die Texte deiner Songs? Stehen sie über der Musik? Was entsteht beim Schreiben eines neuen Tracks zuerst?
Natürlich sind mir die Texte sehr wichtig, sie stehen aber nicht über der Musik. Text und Musik bilden eine Einheit. Erst beide Elemente vermitteln dem Hörer um was es in dem Lied gehen soll. Eigentlich schreibe ich die Musik immer zuerst, die Lyrics kommen erst ganz am Schluss, manchmal kommt es allerdings vor, dass ich irgendwelche Textphrasen in meinem Kopf spazieren trage, die dann beim Schreiben eine Melodie bekommen. Dies ist aber eher selten.

Wie würdest du deine Musik jemandem beschreiben, der sie noch nicht gehört hat?
Meine Musik ist größtenteils melancholisch und emotional. Sie ist sehr melodienselig und ich lege aller größten Wert auf die Schaffung von Stimmung und Atmosphäre. Ausufernde Progfrickeleien a la Dream Theater wird man bei „Projection“ nicht finden.

Mit welchen Bands und Musikern würdest du die deine Musik am ehesten vergleichen? Fans welcher Band sollten bei dir reinhören?
Hmm. Ich denke , jeder der gerne stimmungsvolle Musik mag sollte mal ein Ohr riskieren. Meine Musik hat eine gewisse Nähe zu Marillion, Pink Floyd oder den ruhigen Porcupine Tree, aber es gibt auch Singer/Songwriter-Stuff zu hören. Am besten macht man sich ein eigenes Bild von der Musik. Auf meiner Homepage www.astral-projection.de gibt es ja jede Menge Hörbeispiele.

Dein Song „Curtains“ nimmt musikalisch das Thema des Songs „Collapse The Light Into Earth“ von Porcupine Tree auf. Wie kam es zu dem Song bzw. der Idee, Porcupine Tree „wiederzuverwerten“?
Dies war eher unbeabsichtigt oder besser gesagt ich wurde von der PT-Nummer unbewusst inspiriert. Die ursprüngliche Fassung des Songs, wie sie auf „Behind the Cellar Door“ erschienen ist, hatte statt dieses Stakkato-Pianos eine akustische Gitarre als Grundinstrument. Auf der Neuaufnahme hatte ich die Gitarre gegen das Piano getauscht, was den Song in die Nähe von „Collapse…“ gerückt hat. Ich sehe schon Ähnlichkeiten, die aber kleiner sind, als man vielleicht meint. „Curtains“ ist in einer Dur-Tonart. „Collapse…“ ist in Moll. Die Melodie des Refrains ist völlig anders, ebenso das Arrangement des gesamten Songs sowie die Harmonien der Strophe. Wie gesagt, ich hätte beim Schreiben vielleicht nicht so oft die „In Absentia“ hören sollen, dennoch sehe ich „Curtains“ als einen völlig eigenständigen Song und weniger als eine Wiederverwertung.

Wenn du die Möglichkeit hättest, Vollzeitmusiker zu sein, würdest du sie wahrnehmen?
Es käme wohl darauf an in wie weit ich mich künstlerisch verwirklichen und davon leben könnte. Dann vielleicht ja.

Wie stehst du dem Internet als Medium, das Musik in den Umlauf bringt gegenüber? Denkst du, MP3s und Tauschbörsen sind verkaufsfördernde Promomaßnahmen, oder schaden sie deiner Meinung nach dem Musikmarkt?
Wenn man ein relativ unbekannter Musiker ist, kann das Internet eine tolle und kostengünstige Möglichkeit sein die eigene Musik zu promoten. Vor allem hat der Käufer oder Hörer das Produkt sofort, ganz bequem von zu Hause geordert ohne Wartezeit. Der Nachteil ist der „Wert“ der Musik und alles was damit zusammenhängt sinkt. Booklets, Artwork – das gesamte Konzept spielt weniger eine Rolle. Dies finde ich sehr schade. Kommerziell gesehen schadet der bezahlte Download der Industrie bestimmt nicht. Viel wichtiger finde ich allerdings das die Labels wieder mehr Geld in die Förderung von neuen Künstlern und Musik investieren sollten. Gerade die großen Plattenfirmen sind heutzutage weniger risikobereit.

Wie schätzt du die Akzeptanz des Progrocks in der Musikwelt ein? Denkst du, das Genre ist im Aufwind, oder durchlebt es eine Krisenphase?
Prog ist definitiv im Aufwind. Schon seit Anfang der Neunziger. Es gibt so viele neue Bands und es werden immer mehr. Auch die Stilvielfalt innerhalb der progressiven Rockmusik hat sich erweitert. Ich denke, dass sich viele Leute dieser Einheits Radio-Mucke überdrüssig sind. Bands wie Porcupine Tree, Dream Theater oder Tool bekommen sogar Airplay und ihre Konzerte sind ausverkauft. Ich finde dies eine sehr schöne Entwicklung. Natürlich wird Prog kommerziell nie wieder so erfolgreich werden wie Anfang der siebziger Jahre, aber der Erfolg von Labels wie Insideout zeigt, dass Prog im Aufwind ist und nicht tot wie er es in den 80ern noch war.

Welche zwei CDs würdest du aus deiner Sammlung auf eine einsame Insel mitnehmen, wenn eine nach freier Wahl dabei wäre und eine aus den letzten zwei Jahren seien müsste? Warum ausgerechnet diese beiden?
Wirklich nur zwei ? Ich denke ich würde eine Beatles Platte, vielleicht Ssgt. Pepper oder Abby Road mitnehmen, weil diese Alben meiner Meinung nach das Zeitalter der progressiven Rockmusik eingeläutet haben und absolut zeitlos sind. Ein weiterer guter Kandidat wäre sicherlich „Deadwing“ von Porcupine Tree, mit ihr verbinde ich wundervolle Augenblicke und ich denke das Album hat das Zeug zum zeitlosen Klassiker. Aber eigentlich würde ich viel lieber 2000 CDs mit auf die Insel nehmen. *lach*

Auf welche CD freust du dich dieses Jahr noch besonders?
Natürlich auf die Neue Blackfield CD. Ich liebe ihr erstes Album.

Was ist musikalisch in Zukunft von dir zu erwarten? Ist schon neues Material in Arbeit oder sind gar andere Projekte startbereit?
Nun, seit Jahren trage ich Fragmente über eine Konzeptstory mit mir herum, die ich endlich mit irgendetwas hörbarem verwirklicht sehen möchte. Eine Geschichte, die sich um 4-5 Freunde, die in einer Großstadt leben rankt und die allerhand urbane Abenteuer erleben. Ein paar Charaktere sind grob gezeichnet. Jeder Freund spiegelt einen Teil des eigenen Charakters wieder. Die Großstadt repräsentiert das Leben selbst – mein augenblickliches Leben. Das ganze möchte ich verpackt wissen in einen Soundtrack aus wiederkehrenden musikalischen Motiven mit sehr viel unterschiedlichen Stilen. Das Konzeptalbum wird auf jeden Fall etwas härter und progressiver ausfallen. Der Arbeitstitel der CD ist übrigens „MIMIKRY“.
Zur Zeit arbeite ich mit einer Band mit Namen „THIRD EYE PROJECT“ an einer CD. Wir machen allerdings keinen Prog. Die Band wird dieses Jahr auch des öfteren Live auf der Bühne stehen.
Ein weiteres Projekt, das mir sehr am Herzen liegt ist die Arbeit an einem Song für einen Prog-Sampler zugunsten von Kindern in Afghanistan, den ich produziere. Auf dem Sampler wird außerdem ein Projection Song vertreten sein.

Gibt es demnächst die Möglichkeit, dich auch mal live zu erleben?
Es ist ein Traum von mir das „Projection“ – Material auf die Bühne zu bringen, was allerdings relativ aufwändig wäre. Mal sehen, vielleicht nächstes Jahr.

Und nun kommen wir noch zu dem festen Bestandteil eines jeden Metal1.Interviews: Das Brainstorming. Sag mir einfach, was dir als erstes einfällt, wenn du folgende Begriffe hörst:

Tom Hanks: Ein guter Schauspieler mit einer nicht immer glücklichen Filmauswahl
Sommer: Meine Jahreszeit.
Bier: Zum Durstlöschen geeignet. Ich ziehe aber einen guten Wein vor.
Frauen: Wundervolle Wesen, die man(n) wohl nie vollständig verstehen wird.
Gedicht(e): Sind wie Songs ohne Musik
Rheinland-Pfalz: Meine Heimat
Opeth: Eine Band, die es zu entdecken gilt
Lieblingsobst: Bananen
Triangel: Was wäre der Prog ohne sie ?
Metal1.Info: Informativ und kompetent

So, damit wären wir auch schon am Ende unserer Fragenrunde. Ich danke dir, dass du dir Zeit für unser Interview genommen hast und wünsch dir noch viel Erfolg mit PROJECTION.
Ich danke Dir!

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