Interview mit Sven Friedrich von Zeraphine

Zeraphine wurden beim Funkenflug 2006 interviewt, bei dem sie Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede zu Schandmaul, Vergleiche mit HIM und das letzte Album „Still“ mit allem (Tour-)drum und Dran befragt wurden.

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Wie ist euer Verhältnis zu Schandmaul und wie kam es zum Auftritt heute?
Wir kennen uns jetzt schon eine ganze Weile und verfolgen unsere Karrieren. Auf dem Castle Rock in Mülheim an der Ruhr haben wir zum letzten Mal zusammen gespielt, das ist natürlich nun etwas länger her. Aber seitdem beobachten wir uns gegenseitig. Letztes Jahr haben wir zusammen für die Letzte Instanz ein Lied eingesungen („Das Stimmlein“, Anm. des Verfassers) und ein paar Interviews zusammen gegeben. Schließlich haben sie uns freundlicherweise hierzu eingeladen.

Habt ihr euer Konzert im Backstage im November wegen dem Funkenflug oder aus anderen Gründen abgesagt?
Nein, wegen dem Funkenflug. Das stand schon länger fest und das Konzert im Backstage war eine kurzzeitige Fehlplanung. 2 Mal in so kurzer Zeit in München zu spielen ist Quatsch. Dann haben wir uns für eins entschieden und das hier genommen. Zwar spielen wir hier kürzer, aber wir kommen mit Sicherheit noch einmal nach München. Insofern…

Habt ihr eure Entscheidung, ein eigenes Label mit eurem Produzenten Thomas Hein zu gründen, bereut oder gibt es mehr Vor- als Nachteile?
Eigentlich gibt es für uns mehr Vor- als Nachteile. Wir sind wirklich sehr autark und können machen, was wir wollen. Vor allen Dingen können wir Entscheidungen sehr schnell treffen und reagieren, wenn etwas schief läuft. Das ist sehr angenehm. Natürlich ist es deutlich mehr Arbeit als die Zusammenarbeit mit einer Plattenfirma, die alles für einen übernimmt. Wie es weitergeht, wissen wir allerdings noch nicht genau, da man merkt, dass man sehr schnell an Kapazitätsgrenzen gerät. Wir haben keine Angestellten und machen alles selbst. Zum Glück haben wir nur eine Band. nämlich uns selbst. Wenn man jetzt überlegen würde und mit anderen Gruppen zusammenarbeiten möchte beispielsweise, dann könnten wir das zeitlich im Moment nicht schaffen. Wir müssen jetzt dann ein Resümee ziehen und gucken, wie es weitergeht.

Andere Bands wie Corvus Corax machen es genauso. Habt ihr euch das von denen abgeschaut oder ist die Idee auf eurem eigenen Mist gewachsen?
Nein, das ist schon auf unserem eigenen Mist gewachsen, wobei wir einen guten Kontakt zu Corvus Corax und Tanzwut haben. Da gibt es immer eine gewisse Form von Kooperation, wenn man sich gegenseitig anruft und Tipps gibt. Insofern ist das ganz praktisch. Abgeguckt haben wir uns von ihnen aber trotzdem erst einmal nichts, da wir eine ganz andere Konstellation haben.

Ihr habt gewisse Parallelen zu Schandmaul bei den Texten. Es handelt sich um gesungene Emotionen auf Deutsch, aber auch auf Englisch. Teilst du diese Ansicht? Und siehst du weitere Gemeinsamkeiten und Unterschiede?
Unterschiede sind wohl klar. Schandmaul geht eher in Richtung Mittelalter- und Folkrock. Das ist bei uns nicht so. Ich glaube allerdings schon, dass beide Bands sehr intensive und emotionale Musik machen. Das schwimmt sozusagen auf einer Wellenlänge. Die Texte von Schandmaul gehen aus meiner Sicht sehr nahe und sind teilweise sehr kraftvoll und aussagekräftig. Das finde ich sehr gut.

Hast du irgendein Lieblingslied, das du besonders hervorheben würdest?
Damit tue ich mich generell bei jeder Band sehr schwer, da ich sowas nie habe.

Ähnlich wie andere Bands habt ihr euer letztes Album ohne das klassische Overdub Verfahren eingespielt, sondern stattdessen die Rhythmusfraktion gleichzeitig aufgenommen. Wie waren eure Erfahrungen und wie erklärt ihr euch den Trend, dass viele Bands wie z.B. Schandmaul und Fiddler’s Green ebenfalls mit ihren neuen Alben darauf zurückgreifen?
Ich glaube, das Ergebnis wird einfach homogener. Das ist mehr eine Gefühls- als eine Technikgeschichte, da der Unterschied hierbei eher gering ist. Früher habe es alle Bands so gemacht, dass man erst die ganzen Instrumente aufgebaut und eingespielt hat. Da wurde dann dabei oder danach gemischt. Bisschen Overdubs machen wir natürlich. Aber es ist einfach schön, wenn der Bass und das Schlagzeug zusammen spielen und sich dabei angucken können, um auf einander einzugehen bei dem, was sie spielen. Das gilt auch für die Gitarristen und so entstehen ganz spannende Momente der Interaktion. Das tut jeder Band gut, die eine Rockband ist.

Ihr habt mit Entwine getourt. Wie waren eure Erfahrungen?
Sehr sehr positiv. Wir hatten richtig viel Spaß mit den Finnen. Bei einer unserer vorherigen Touren hatten wir ja bereits eine andere finnische Band namens Lap dabei. Wir haben es extrem genossen und größtenteils war die Tour auch sehr gut besucht. In ein paar Städten lief es natürlich nicht so gut, aber die hat man wohl immer dabei.

Wie sehen deine persönlichen Pläne für 2007 aus und in Bezug auf Zeraphine, was eine weitere Tour, Festivals oder auch ein neues Album betrifft?
Ab Anfang des Jahres werden wir anfangen an neuem Material zu arbeiten. Das zieht sich immer eine Weile. Wenn wir dann genügend Songs zusammen haben, werden wir über ein neues Album nachdenken. Ansonsten plane ich noch ein Soloprojekt im Elektro-Bereich, also etwas ganz Anderes. Das stelle ich gerade fertig. Das dient bei mir zum Abreagieren und ist relativ krass. Ich mag Elektronik sehr und finde es gut, wenn man Rockmusik mit elektronischen Elementen verbindet. Das machen wir bei Zeraphine relativ oft. Aber ich habe einfach Bock, etwas komplett Elektronisches zu machen.

Hast du das Funkenflug in den letzten Jahren verfolgt? 2004 und 2005 war es vom Stil her eher „mittelalterlich“ mit Bands wie Fiddler’s Green oder Corvus Corax. Jetzt ist es eher metallastig. Wie siehst du diese Veränderung und wie ist deine Meinung zu jenen Bands?
Auf jeden Fall tolle Musik. Jedoch finde ich es auch richtig, dass das Funkenflug sehr offen ist dieses Jahr. Metal würde ich das auch nicht nennen. Ich sehe uns nicht als Metalband und New Model Army schon gleich gar nicht.

New Model Army sind 20 Jahre und länger im Geschäft. Gibt es da etwas, dass man sich als Frontmann oder als Band noch abschauen kann?
Ganz bestimmt. Sie sind so lange dabei und so sehr Mensch geblieben. Als ich vorhin reinkam, haben sie erst einmal alle begrüßt und waren extrem wenig abgehoben dafür, dass sie schon einmal vor extrem viel Erfolg hatten und in riesigen Hallen gespielt haben. Mit meiner alten Band habe ich bereits einmal mit ihnen zusammen gespielt und da war es genauso. Es sind ganz einfach tolle Musiker.

Ab und an landet eure Musik in Sparten zusammen mit HIM und man vergleicht dich mit Ville Valo. Ist das für dich mehr ein Kompliment oder siehst du diese Vergleiche skeptisch?
Das ist immer eine Frage der Intention, die hinter so einer Aussage steht *lacht* Wir haben eine sehr gute Beziehung zu HIM und Ville. Ich kenn Ville schon sehr lange und dementsprechend würde ich es nie als Beleidigung auffassen. Er ist ein großartiger Sänger. Über die Musik kann man immer geteilter Meinung sein. Aber ich denke, dass sie mit ihrer Musik viel geschafft haben, was andere Bands nie erreichen. Das ist bewundernswert.

Wie beurteilst du allgemein die Entwicklungen in der Musikwelt 2006?
Ich finde es ganz interessant, dass verstärkt Gitarrenmusik stattfindet. Genauso interessant finde ich es, dass über die letzten Jahre immer mehr alternative Bands in den Charts sind. Das liegt wohl daran, dass die Fans sehr treu sind und immer die Alben kaufen. Das ist sehr positiv, genauso wie die steigende Anzahl an Bands, die auch echte Bands sind. Im Gegensatz dazu gibt es die Pop-Industrie, die immer schnelllebiger wird. Aber dazu kann ich nicht viel sagen.

Beobachtest du auch den Trend, dass die Menschen allgemein wieder mehr Zugang zur echten, ehrlichen und handgemachten Musik finden? Schandmaul erreichten mit ihrem letzten Album Platz 10 in den Albencharts. Euer Album war auch sehr erfolgreich. Siehst du diese Entwicklung oder ist es für dich eine Momentaufnahme, die sich binnen weniger Monate umkehren kann?
Ich glaube, dass das mehr ist als ein Trend. Die Leute gab es schon immer, nur sind sie jetzt zahlenmäßig denen von vielen Popacts überlegen. Von diesen schnelllebigen Bands lädt man sich halt schnell etwas aus dem Netz, besonders die Zielgruppe. Unsere Fans und die von Schandmaul sind eher so, dass sie sich das Album dann kaufen. Ich habe z.B. eine Promo von Schandmaul bekommen, die mir gefallen hat, und wir dann das Album gekauft. Thomas hat mir gerade eben erzählt, dass es ihm umgekehrt mit uns genauso ging. Musiker und Fans scheinen da sehr ähnlich zu sein. Die Leute haben auch begriffen, dass sie die Platten kaufen müssen, da es ansonsten ihre Lieblingsbands irgendwann nicht mehr gibt, wenn die Plattenfirmen sehen, dass sich nur ein paar tausend CDs verkauft haben. Das ist in dieser „Szene“ schon angekommen.

Glaubst du, dass das Internet für Bands wie euch mehr Möglichkeiten schafft oder ist der Schaden durch Raubkopien, MP3, usw. höher?
Es ist wahrscheinlich halbwegs gleichberechtigt. Über Portale wie MySpace erreicht man natürlich viele Leute. Das Informationsfluss über Touren und andere Sachen ist verdammt schnell geworden durch das Internet, das ist sehr positiv. Der Nachteil ist natürlich, dass manche die Alben klauen und das macht den Bands zu schaffen. Ich weiß nicht, was überwiegt.

Gibt es noch etwas, das du zu deinem Nebenprojekt erzählen willst? Wie ist es entstanden, welche Hintergründe hat es und wer wirkt noch mit?
Bis jetzt bin ich da ganz allein *grinst* Ich hab schon vor Ewigkeiten angefangen, dafür Songs zu schreiben, da ich die Idee schon länger im Kopf habe. Über den Sommer und nachdem wir mit unserem Album durch waren, hatte ich noch einige Ideen, die ich aufgenommen habe. Irgendwann hatte ich 12 Songs, die ich dann noch einmal überarbeiten wollte. Es ist ein langes Bedürfnis von mir, etwas Elektronisches zu machen.

Geschrieben am von Metal1.info

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