Konzertbericht: Billy Bragg w/ Listen To Leena

11.08.2017 Rosengarten am Pöstlingberg, Linz

In der Tradition großer politischer Singer-/Songwriter wie Woody Guthrie hat sich BILLY BRAGG im Lauf seiner mehr als 30 Jahre andauernden Karriere selbst zu einem der ganz Großen seines Fachs entwickelt. Ohne den sympathischen Engländer wäre die aktuelle Welle an Folk-Sängern wie Frank Turner oder Tim Vantol nur schwer denkbar. Im Sommer 2017 kommt er an einem verregneten Tag im Rahmen des Kultursommers auf den Pöstlingberg nach Linz.

Das dort aufgebaute Zelt ist bestuhlt, dezent pink beleuchtet, mit weißen Vorhängen, Kronleuchtern und Stehtischen ausgestattet und deutlich breiter als lang. Das entsprechende Ambiente der edlen Location am Rosengarten verrät bereits, dass hier normalerweise nicht der Posthof mit seiner alternativen Ausrichtung zu Gast ist.

(c) Helga Traxler

Dennoch hat das – mit wenigen Ausnahmen gemeinsam mit dem Haupt-Act des heutigen Abends gealterte – Publikum sich nicht abhalten lassen, den Pöstlingberg zu erklimmen. Entsprechend kann LISTEN TO LEENA pünktlich um 19:30 vor sehr vielen Zuschauern auf die Bühne treten und den Abend eröffnen. Ihre minimalistischen Akustiksongs orientieren sich an Sängerinnen wie Norah Jones, wobei besonders die etwas schnelleren Momente überzeugen können.

Wenn der Soul und Blues allerdings für folkige Elemente ausgetauscht wird, gerät der Auftritt doch etwas arg unspektakulär. Das Publikum ist allerdings schnell auf der Seite der sympathischen Musikerin, sodass LISTEN TO LEENA sich nach ihrem halbstündigen Set über reichlich Applaus freuen kann.

Um 20:30 Uhr tritt schließlich BILLY BRAGG höchstselbst auf die Bühne und wird in seinem folgenden Set von einem Mitmusiker an E-Gitarre und Pedal-Stelle-Gitarre unterstützt. Er spielt sich einmal quer durch seine Diskographie, verneigt sich mehrmals vor dem großen Woody Guthrie und lässt es sich nicht nehmen, in seinen Ansagen seine sozialistische Überzeugung zum Ausdruck zu bringen. Ohne belehrend zu sein, ruft BILLY BRAGG den Anwesenden die weltpolitische Lage in Erinnerung, tritt für Solidarität und Gemeinschaft ein und fordert das Publikum immer wieder auf, sich politisch für eine bessere Welt zu engagieren.

(c) Hannah Wahl

Auch wenn jeder Song lautstark bejubelt wird und die Ausstrahlung des Musikers schlicht überwältigend ist, ist es doch merkwürdig, dass bis auf wenige Anwesende die meisten auf BILLY BRAGGs Ansagen und Lieder recht stoisch reagieren. Die Bestuhlung und das unpassende Ambiente des Zeltes im Rosengarten tragen ihren Teil dazu bei, dass die Stimmung eher an eine Theateraufführung als an ein Konzert erinnert.

Umso schöner dass beim zunächst abschließenden „There Is A Power In A Union“ einige linke Fäuste in die Luft gehen und zumindest einige laut mitsingen. Erst bei der zweiten Zugabe „A New England“ steht das Publikum schließlich auf, tanzt und brüllt BILLY BRAGG seinen Text entgegen – zwischen einigen irritierten Personen, die sich nun wundern, warum sie nicht mehr auf die Bühne sehen können.

BILLY BRAGG hat in Linz ein großartiges Konzert gespielt, das zeigt, dass linke Politik noch lange nicht überfällig und Solidarität heute mehr denn je notwendig ist. Seine Irritation über die Location und seine ironische Ansage, dass er scheinbar an diesem Abend für ein anderes Klientel spielt als gewöhnlich, spiegeln sich auch in der merkwürdigen Stimmung wieder, die einem wunderbaren Auftritt einen kleinen Dämpfer verleiht. Nächstes Mal spielt BILLY BRAGG hoffentlich wieder in einem Club, der deutlich besser zu seiner Musik und seinen Texten passt.

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert