Konzertbericht: Panzerballett

2008-03-15 Köln, Altes Pfandhaus

„Gecheckt gebangt ist doppelt gekrasst!“

Mit einem frischen Plattenvertrag in der Tasche sind die Münchener Jazzmetaller PANZERBALLETT nun zur Promotion ihres aktuelles Werkes „Starke Stücke“ auf einer kleinen Deutschlandtour. Erstaunlicherweise sind Gitarrist Jan Zehrfeld und seine Kollegen bei dem eher für World Jazz bekannten Label ACT-Music gelandet.

Was die Jungs dann an diesem Samstag im Jazz-Revier des Alten Pfandhauses abgezogen haben, war definitiv etwas äußerst Abgekrasstes und Duftes, um mal den Wortschatz von Jan Zehrfeld zu benutzen. Nur nochmal vorab zur Erklärung: PANZERBALLETT zelebrieren einen Mix aus Jazz, Funk und Metal, wie er eindringlicher und effektiver nicht sein könnte und würzen ihn mit einer großen Prise Humor. Die klassische Rockbesetzung wird dabei lediglich um ein Saxophon ergänzt. Sie nennen ihren Stil „Hard\’n\’Heady“ (Headbangen mit Köpfchen). Bandleader Zehrfeld ist studierter Jazzgitarrist und das hört man den Songs der Band definitiv auch an. Er steht auf Bands wie Meshuggah (nicht umsonst wurde ein Song mit dem Titel „Meshugge“ gespielt) und trägt auf der Bühne ein Pantera-Shirt und eine Maske, die unweigerlich an Slipknot denken lässt. Allerdings ist die Ironie dahinter nicht zu übersehen.

Drei kurze Sets plus zwei Zugaben erwarteten also das Publikum, das hauptsächlich aus jungen Metallern und älteren Jazzliebhabern bestand und sich in drei ovalen, in der Höhe ansteigenden Reihen um die Band herumgesetzt hatte. Schätzungsweise waren etwa 200 Leute anwesend. Auch, wenn PANZERBALLETT aufgrund ihrer kompromisslosen, komplexen und brachial harten Riffs bei den Jazzern des Abends vermutlich weniger Eindruck hinterlassen haben als bei den Rockern, so war das Publikum insgesamt dennoch sehr angetan von der Performance, das darf man schon einmal vorwegnehmen. Bereits zur Begrüßung bekamen wir sogleich einen Vorgeschmack von Jan Zehrfelds ausgeprägten Humor. „Wir spielen für euch zunächst ein bekanntes Jazzstück. Hm, ja, muss ich Euch sagen, oder darf ich Sie sagen? Naja, bei einem solch jungen, dynamischen Publikum verbietet es sich ja, Sie zu sagen!“ Oder zumindest soähnlich…

Eröffnet wurde mit einer ver-metalten Version des Jazzklassikers „Birdland“. Von diesem Song ausgehend spielte man einen runden Mix aus etlichen Coversongs und eigenen Kompositionen. Während der Songankündigungen ließ es sich Zehrfeld nicht nehmen, die Jazzer über Iron Maiden aufzuklären. Natürlich lernten auch die Metaller an diesem Abend einiges über Jazz. Auf der Liste der Coversongs stand neben „Birdland“ unter anderem „Wind Of Change“ von den Scorpions, „Smoke On The Water“ von Deep Purple und „Thunderstruck“ von ACDC. Bis auf das Hauptriff oder bestimmte, unverzichtbare Schnipsel der Hauptmelodie waren diese Nummern allerdings komplett neu arrangierte Stücke, die mit dem Originaltrack nichts mehr zu tun hatten. Ein wichtiger Unterschied liegt allein schon darin, dass PANZERBALLETT ohne Sänger agieren.

Zwischen den Songs gab es immer wieder übelst lustige und kranke Einlagen von Zehrfeld, die einfach unheimlich unterhaltsam waren und mit Worten nicht zu beschreiben sind. Allein für diese Einlagen lohnt es sich schon, die Band live anzusehen. Aber auch während der Songs lässt sich Zehrfeld das ein oder andere Späßchen nicht nehmen: So posiert er während eines ausgiebigen Solo von Bassist Heiko Jung mit einer kleinen, bunt leuchtenden Diskokugel rum oder legt einfach mal eine urkomische Pseudo-Breakdanceeinlage ein. Unvergessen natürlich auch seine Hommage an den Korn-Gitarristen, als er breitbeinig und mit riesigen Schritten über die Bühne läuft, stets die Gitarre tief hängen und halb in der Hocke. Die Eigenkompositionen tragen so illustre Titel wie „Friede, Freude, Fußball“ oder „Mit weißem Morgenstern in Omas frischgebackene Rüblitorte“. Zehrfeld erklärt zu ersterem: „Dieser Song spielt immer wieder mit dem typischen Klatschrhythmus aus dem Fußballstation, er kommt immer wieder in diesem Track vor. Vielleicht versucht ihr einfach mal, den Rhythmus durchzuklatschen, während wir dazu allerlei anderes krankes Zeug spielen“. Zu letztgenanntem Song hingegen gibt er zu verstehen: „Dieses Ding klingt genau, wie es heißt. Alle Elemente des Titels sind hier verarbeitet worden. Es gibt Parts, die klingen nach dem Morgenstern, nach der Torte und natürlich kommt auch die Oma darin vor. Rüblikuchen ist übrigens äußerst durfte, backt man bei 350 Grad im Ofen“. Der Song „Abkrassen“ war dann das metallische und stimmungstechnische Highlight des Abends. No comment, sollte man einfach mal erlebt haben.

Erst bei den Zugaben legt Zehrfeld seine Maske ab und macht klar, dass jetzt der offizielle Teil zu Ende sei und man ja jetzt etwas privater werden und auch persönlichere Themen besprechen könnte. Für die Zugaben holte die Band sich dann Unterstützung von Sänger/Shouter/Growler Andi Lind. Zusammen mit ihm wurde eine PANZERBALLETT- und eine Lind-Komposition zum besten gegeben, ehe zum krönenden Abschluss noch einmal „Sepulturzeit“ gespielt wurde – eine musikalische Bearbeitung der Kulturzeit-Melodie von 3sat, die einen Besucher der Tour an Sepultura erinnert hatte, weshalb die Band den Song ab jetzt so nennt; und sich darüber enorm lustig macht. Damit war ein musikalisch überragender Abend zu Ende.

PANZERBALLETT vereinen mit ihrer Musik auf eindrucksvolle Art und Weise zwei scheinbar völlig gegensätzliche Welten: Wilde, schroffe Riffgewitter und vertrackte Rhythmen treffen auf komplexe Saxophon- und Basssoli aus dem Jazz- und Funklager. Interessante, bei weitem nicht alltägliche Arrangements sind das große Markenzeichen der Band. Ihr Sound ist einzigartig und einmalig. Vermutlich sind PANZERBALLETT die einzige Band, bei der Metal und Jazz anteilig beinahe gleichberechtigt nebeneinander stehen und zudem noch eine Einheit bilden. Sie spielen wahrhaftigen Jazzmetall, nicht bloß Metal mit jazzigen Ausflügen oder rockigen Jazz. Hört es euch einfach selbst an, wenn ihr mal was ganz Anderes, Experimentelles erleben wollt.Zehrfeld hat in seiner Diplomarbeit die Musik von Meshuggah auseinander genommen, gibt es also noch irgendwelche Fragen? Ich ende mit den Worten, mit denen die Band Andi Lind auf der Bühne begrüßte: „Hier ist mit uns, für euch, bei uns, in uns […]“ PANZERBALLETT! Eine Band, deren Musik ebenso gut ist wie ihr Humor.

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