Konzertbericht: Pure Reason Revolution

2010-09-28 Köln, Gebäude 9

PURE REASON REVOLUTION müssen niemandem mehr beweisen, dass sie geniale, äußerst wandlungsfähige Songwriter sind. Mit ihren drei bisherigen Werken „The Dark Third“ (2007), „Amor Vincit Omnia“ (2009) und dem brandneuen „Hammer And Anvil“ haben sie das überaus deutlich belegt, sich aber auch gleichzeitig zwischen zwei stilistische Stühle gesetzt: Vor drei Jahren waren sie noch die nächste New Artrock-Hoffnung, jetzt spielen sie fast lupenreine Elektromusik zwischen Wave-Pop, Minimal und Techno.

Nur eines haben sie sich erhalten: Den Sinn für Atmosphäre. Ausgerechnet die wollte aber nicht so recht aufkommen, als PURE REASON REVOLUTION am 28.09.2010 im Kölner Gebäude 9 gastierten. Nicht nur, dass der Abend mit – schätzungsweise – maximal 130 Gästen äußerst schlecht besucht war; die Anwesenden wollten einfach nicht recht in Stimmung kommen.

Über die Gründe kann nur spekuliert werden: Zum einen präsentierte die Band recht viele Songs vom neuen Album, das zu diesem Zeitpunkt noch nicht veröffentlicht war. Zum anderen wirkten Chloe Alper (Gesang, Bass, Keyboards) und ihre drei Mitstreiter Jon Courtney (Gesang, Gitarre, Keyboards), Jamie Willcox (Gitarre, Gesang) und Paul Glover (Schlagzeug) nicht sonderlich spielfreudig und glücklich. Sie spulten routiniert und professionell ihr Programm ab, aber eine Beziehung zum Publikum konnten sie nicht aufbauen. Das Ganze hatte den faden Beigeschmack eines Promo-Abends, der der Band aufgedrückt worden war. Und in der Tat: Viele Journalisten waren explizit zu diesem Event eingeladen worden. In einem Tourreport-Video konnte ich später erfahren, dass die Band bereits seit fünf Uhr in der Früh unterwegs gewesen war, neun Stunden Anreise hinter sich hatte und zudem allem Anschein nach ihr Equipment selbst aufbauen musste. Das macht einiges klarer.

Die kurze Spielzeit von nur 75 Minuten entschuldigt dies allerdings nicht. Um es deutlich zu sagen: Hier darf man einfach mehr erwarten. Mit dieser Haltung macht sich die Band keine Freunde. Auch wenn der Abend vorrangig der Promotion des neuen Albums gewidmet war, so war er immer noch ein öffentliches Konzert, für das die meisten Besucher Eintritt gezahlt haben dürften. Eine Vorband gab es nicht, und Pure Reason Revolution selbst gingen nach 50 Minuten zum ersten Mal von der Bühne. In diesem regulären Teil präsentierten sie eine bunte Mischung aus Material von ihrem Zweitling „Amor Vincit Omnia“ und „Hammer And Anvil“. Heraus stach insbesondere das krachig-brachiale, absolut tanzbare „Fight Fire With Fire“, die Hymne „Deus Ex Machina“ und das stellenweise an Depeche Mode erinnernde Wave-Pop-Stück „AVO“. Die neuen Nummer kamen live etwas rockiger herüber als auf Platte. Leider kommt bei PURE REASON REVOLUTION aber wohl doch recht viel vom Band. Das dürfte dem neuen Stil „geschuldet“ sein.

Im Zugabenblock gab man mit „The Bright Ambassadors Of Morning“ und „Arrival/The Intention Craft“ dann zwei sphärische-rockende Longtracks vom Debüt zum Besten. Überraschenderweise erwachten einzelne Seelen aus dem Publikum plötzlich und begannen, lauthals mitzusingen. Dies macht deutlich: Obwohl die Band live ihre beiden stilistischen Welten glaubhaft miteinander verknüpft und daraus ein homogenes Konzerterlebnis erschafft, spaltet sie doch ihr Fanlager. Dies dürfte im Moment noch verhindern, dass PURE REASON REVOLUTION den Erfolg haben, den sie eigentlich verdienen. Schade, den in beiden Stilarten gehört der Vierer zur absoluten Spitzenklasse. Im November kommt die Band noch einmal nach Deutschland. Dann dürfen Publikum und Band beweisen, dass dieser Abend nur ein einmaliger Ausrutscher war. Denn sowohl beim WDR Rockpalast-Gig als auch im Vorgramm von Riverside in Oberhausen habe ich Chloe Alper & Co. motivierter und einladender erlebt. Ein viel zu kurzer Gig mit richtig guter Musik, aber keinerlei Stimmung.

Setlist:
Intro: Blitzkrieg
Les Malheurs
Black Mourning
Valour
Twyncyn
Last Man, Last Round
Deus Ex Machina
Patriarch
Fight Fire With Fire
AVO

Zugaben:
The Bright Ambassadors Of MorningArrival/The Intention Craft

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