Review Abscess – Dawn Of Inhumanity

  • Label: Tyrant Syndicate
  • Veröffentlicht: 2010
  • Spielart: Death Metal

Mit Death und Autopsy hat Chris Reifert bereits (Death) Metal-Geschichte geschrieben, mit seinem Todesbleiaufguss ABSCESS stellt er nun seit mittlerweile 16 Jahren einen konstanten Qualitätsgaranten. Nach „Horrorhammer“, der letzten Langrille der Band aus dem Jahr 2007, brachte man drei Split-CDs auf den Markt, ehe am nächsten Studio-Album gearbeitet wurde. Nun also erblickt „Dawn Of Inhumanity“ das Licht der Metalwelt – abermals über Tyrant Syndicate Productions, dem von Darkthrones Nocturno Culto betriebenen Peaceville Records-Sublabel.

Hohe Erwartungen sind, wie bei allen Arbeiten Reiferts, vorprogrammiert und zumindest auf visueller Ebene weiß Album Nummer sechs mit einem gewohnt gelungen, die Stimmung des Albums genau widerspiegelnden Coverartwork von Dennis Dread (Darkthrone, Autopsy) zu bestechen.
„Goddess Of Filth And Plague“ repräsentiert mit seinem Titel außerordentlich treffend, was einem auf der aktuellen Platte entgegen geschleudert wird. Chris Reifert – Schlagzeuger und Sänger in Personalunion – krächzt wie in besten Tagen, erschafft mit der restlichen Instrumental-Fraktion eine durch und durch verdorbene und unangenehme Atmosphäre. Über weiteste Strecken bleibt der Fuß auf dem Gaspedal, runtergeschraubt wird das Tempo höchstens dann, wenn Anlauf für einen neuen Tritt in Richtung Kauleiste geholt werden muss.

Spätestens mit „Torn From Tomorrow“ dürfte dem Hörer dann auch klar werden, dass die (Hardcore-) Punk-Einflüsse auf „Dawn Of Inhumanity“ nicht nur ihren zweiten Frühling, sondern wahren Höhepunkt erleben. Selten haben sich ABSCESS so verrotzt gezeigt. Auf ausladende technischere Spielereien wird weitestgehend verzichtet, Reifert macht keinen Schlag zu viel, spielt dafür äußerst genau und akzentuiert. Clint Bauer und Danny Coralles, die beiden Herren an den Sechssaitern, verschmelzen meist zu einer Einheit, aus der nur hin und wieder ein paar dissonante Leads ausbrechen können und in den Vordergrund gemischt werden. Dass sie durchaus technisch versiert sind, dürfen ABSCESS beispielsweise mit dem Titeltrack unter Beweis stellen, ehe wieder ein verstörender Tapping-Angriff auf die Ohren abgefeuert wird („The Rotting Land“).
Der Silberling ist laut, ungemütlich, ganz sicher nichts für schwache Nerven und scheint doch eine Geschichte zu erzählen. Die einzelnen Nummern funktionieren erst so richtig unter der Betrachtung als Ganzes, lässt man sich bis zu einem gewissen Grad auf die Atmosphäre ein, wird man mit auf eine erschreckende Reise in die Welt des Menschenfreunds Chris Reifert genommen. Ruhigere, zwischendurch überraschend technische Songs á la „Dead Haze“, das rasante „What Have We Done To Ourselves“ oder das mit einem netten Drum-Solo versehene „Divine Architect Of Disaster“ danken es einem.

Während sich die einen nach dem ersten Durchlauf von „Dawn Of Inhumanity“ schon einen Wolf auf den nächsten freuen, werden andere die CD angewidert und mit schmerzenden Ohren wieder aus der Anlage nehmen. Geschmackssache ist auch die Produktion, die nicht auf Bombast oder den „Machs mir noch fetter!“-Faktor setzt, sich stattdessen auf die traditionellen Werte des Death Metals besinnt. Und Weiterentwicklung? Fehlanzeige – wieso auch? Was ABSCESS mit ihren vergangenen Veröffentlichungen schon richtig gemacht haben, wird hier beinahe perfektioniert.
Die Amerikaner zeigen stattdessen, wie man den Hörer mit 52:26 Minuten erdigen, dreckigen Death Metal mit einer beachtlichen Portion Punk nicht langweilt, sondern fesselt. Wer sich nach „Dawn Of Inhumanity“ schmutzig und unwohl fühlt, wurde wohl von der „Goddess Of Filth And Plague“ heimgesucht. Kurzum: Meiner Meinung nach befinden sich ABSCESS hiermit auf ihrem musikalischen Höhepunkt. Geil!

Wertung: 9 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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