Review Acid Bath – Paegan Terrorism Tactics

  • Label: Festival
  • Veröffentlicht: 1997
  • Spielart: Doom Metal

Es ist schon tragisch, das Schicksal mancher Bands. Während einige Bands anderen Gruppen nur nacheifern und dafür ständig die Lorbeeren einheimsen, versinken wirkliche Innovatoren in der Versenkung. ACID BATH ist wohl einer der Inbegriffe dieser Tragik . Wie Freunde des Doom Metals wissen sind New Orleans und speziell Louisiana, die Heimat von Acid Bath, ein gutes Pflaster für die besonders rauhe Abart dieser Musik, dem Sludge. Doch damit wäre die Bandbreite der musikalischen Ausdruckskraft wohl kaum beschrieben. Nach der Gründung 1991 veröffentlichte man 1994 „When the kite string pops“ und 1997 jenes Kleinod, das dem Rezensenten zu fiel: „Paegan terrorism tactics“. 1997 starb der Bassist Audie Pitre mit seinen Eltern bei einem Autounfall. Die Band löste sich im Zuge dessen auf, da sein Songwriting zu prägend für die Band war. Bis auf eine Wiederveröffentlichung der Demos 2004 blieb dies der letzte Output. Aufgrund katastrophalen Missmanagements und dem Mangel an Outputs erreichte die Band nur in der berüchtigten „NOLA“-Szene Kultstatus. Ein Mangel an Fanmaterial unterstreicht dies und außerhalb der USA sind Acid Bath fast flächendeckend eine große Unbekannte.

Denn so eigen wie die Bandgeschichte ist auch im besten Sinne die Musik. Man stelle sich das klassische Grundgerüst des Sludge vor, also die resignierte Träge der Musik von Eyehategod mit gelegentlichen schnellen Ausbrüchen, kombiniert mit dem unvergessenen Gitarrensound von Carcass anno 1989 bei „Exhume to consume“ vor. Das wäre jetzt alleine vielleicht nicht all zu spektakulär, aber ein Großteil an der Genialität des Sounds ist auch Sänger Dax Riggs verschuldet. Er schwankt zwischen Death Metal artigem Gekeife und wunderbar authentischem Klargesang, der der ganzen Chose einen Touch von Grunge gibt.

Diese Mixtur wird allerdings perfekt zusammen gehalten, von genialem Songwriting, dass mit einer ganzen Herde von Hits aufwartet. Schon der Opener ist eine superb rockende Granate geworden, die in ihrer Variation an verschiedenen Tempi stellvertretend für das komplette Album gesehen werden kann. Ähnlich übt sich auch „Diab Soule“ genial daran die komplette stilistische Palette abzudecken. Dominant sind auf dem Album aber auch viele melancholische Nummern wie das mit einem prägnanten Chorus ausgestattete „Bleed me an ocean“ oder sich das nach gemächlichem Anfang langsam aufbauende „Graveflower“. Im Gegensatz zu diesen Überfliegern, die ihre Stärke aus den Kontrasten beziehen kommt „New death sensation“ komplett akustisch daher. Dieses Musikstück wirkt fast schon fragil, was perfekt mit Dax Riggs‘ Gesangsorgan harmoniert. Viel Gefühl legt er auch in „Venus Blue“. Eine sehr tragische, eingängige Nummer. Wäre die Welt ein wenig gerechter und Discjockeys prominenter Radio- oder Musikvideosender würden sich in die Niederungen der Genre-Musik herablassen, wäre diese Nummer bestimmt ein Radiohit geworden. Der Song steht großen Hits von Soundgarden oder Alice in Chains in nichts nach. Das abschließende „Dead girl“ drängt den Sound in die Countryecke und kann sogar mit spanischen Gitarren aufwarten. Zwischendurch streuen ACID BATH den Fans der extremeren Gangart aber auch immer wieder reine Grind-Nummern („Locast spawning“, „13 Fingers“ oder auch „New Corpse“) ein, die als Auflockerung zwischen den Stücken dienen.
Die Texte drehen sich rund um die beziehungsüblichen Problematiken und der daraus entstehenden Frustration und deren Folge des Drogenmissbrauchs. „Paegan“ scheint ein absichtlicher Schreibfehler des Wortes „Pagan“ zu sein, dass eine Art schräge Metapher für Barbarei darstellt. Das Cover ist ein Werk des umstrittenen Sterbehilfe-Befürworters Jack Kevorkian.

Insgesamt ist die Band ein echter Geheimtipp und „Paegan terrorism tactics“ ihr bestes Werk. Hier stimmt nahe zu alles. Stilistisch unterscheidet man sich einfach von der grauen Masse und geniales Songwriting kann die Mixtur zu jeder Zeit zusammenhalten. Die Produktion ist in den wilderen Passagen fett genug um zu überzeugen, lässt im Umkehrschluss aber auch genug Raum für Feinheiten. Indizien dafür, wie schade es ist, dass diese Perle wohl bloß Sludgejüngern ein Begriff sein dürfte. Dabei möchte ich das Schaffen des Säurebades vom toleranten Grungeliebhaber bis zum melancholisch veranlagten Grindhörer wirklich jedem ans Herz legen. Ein fantastischer Hörgenuss, der wirklich nur dadurch getrübt wird, dass ohne ein frühes Ableben Audie Pitres vielleicht noch mehr möglich gewesen wäre. Uneingeschränkte Empfehlung.

Redakteur: Lukas Schildknecht

Wertung: 9.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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