Review Arctic Plateau – On A Sad Sunny Day

Ein Album namens „On Sad Sunny Day“, ein Cover, das einen Badestrand in ungewohnt blassen Farben, bei näherer Betrachtung wohl hinter einer Eisschicht befindlich zeigt, von einer Band namens ARCTIC PLATEAU. Das Konzept scheint erstmal von Gegegnsätzen durchzogen, tröstlich ist da, dass das Projekt des Italieners Gianluca Divirgilio nicht etwa nach eiskaltem Black Metal klingt, wie man ihn vielleicht ausgehend von Namen erwarten könnte, sondern sich auf Post Rock mit Einflüssen aus verschiedenen artverwandten Genres wie Shoegaze und Indie konzentriert, wo eine abwechselnde Übermittlung von Trauer und Euphorie ja nicht selten ist. Die Landsmänner von Klimt 1918 können hierbei allerdings nicht wirklich als Vergleich herhalten, im Gegensatz zu diesen musiziert Divirgilio dann doch zu Post Rock-lastig, echte Songstrukturen wie auf „Just In Case We’ll Never Meet Again“ der Kollegen finden sich zwar auch, stehen aber nicht im Vordergrund.

Was die Gegensätze auf dem Cover angeht, so setzen sich diese auch in der Musik fort: „Alive“ startet mit einer klassisch anmutenden Gitarre, die dann in eine treibende Sequenz übergeht, von der man eine Steigerung mit anschließendem Ausbruch in einen Höhepunkt erwartet – stattdessen setzt Gesang ein, der Song bleibt auf seiner ruhigen Basis. Das Post Rock-typische Auf und Ab der Emotionen bleibt aus, dafür bekommt man eine verzerrte Symbiose davon zu hören – den Gitarren, die eigentlich ein Hochgefühl vermitteln sollten, scheint die Essenz entzogen, die die Emotion zum schlussendlichen Ausdruck bringt. Das Gefühl ist vorhanden, wird aber in etwas Blasses, Kaltes verkehrt. Das ist die Faszination, die „On A Sad Sunny Day“ ausübt: Die Schönheit vor Augen zu haben und sie dennoch nicht greifen zu können. Man erinnere sich an das Cover: Ein Strand, zweifellos ein Ort, an dem normalerweise positive Emotionen vorherrschen, aber keine Wärme, die der Grundstein dessen ist, was den Strand zu dem macht, was er ist. Diese Kälte, dieses Gefühl der sichtbaren Unerreichbarkeit lässt „On A Sad Sunny Day“ zu einem Album werden, das besser als manche auf Melancholie getrimmte „Depressive Rock“-Kombo Verzweiflung und Trauer zu vermitteln vermag.
Umgesetzt wird dies zumeist mit typischen Mitteln des Genres, hohe, fragile Gitarrenlinien, die von den restlichen Instrumenten nur unterstützt werden. Dazu kommt ruhiger Gesang, der sich aber im Laufe des Albums zurückschraubt und Instrumentalpassagen den Vorrang lässt. So läuft die Scheibe also 73 Minuten durch und Lichtblicke, wie etwa in „Epica Memories“, gibt es nur selten. Zu diesen wenigen Gelegenheiten darf der Hörer zumindest kurz aus der fesselnden Verzweiflung entfliehen und die Schönheit der vermittelten Bilder genießen.

ARCTIC PLATEAU gelingt bereits mit dem Debut ein Album, mit dem man sich vor nichts verstecken muss. Ein interessanter, unverbrauchter Ansatz, überzeugende Umsetzung und dazu eine ganze Menge Abwechslung – „On A Sad Sunny Day“ hat alles. Wer mit Post Rock etwas anfangen kann und in diesem Genre etwas hören will, was schon weit abseits der zu solchen Gelegenheiten immer gerne genannten Melancholie ist, sollte zuschlagen.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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