Review Charred Walls Of The Damned – Cold Winds On Timeless Days

  • Label: Metal Blade
  • Veröffentlicht: 2011
  • Spielart: Heavy Metal

Bei CHARRED WALLS OF THE DAMNED finden sich ein paar echte Schwergewichte der Metalszene zusammen. Muss man Tim Owens und Steve DiGiorgio wohl nicht weiter vorstellen, war auch Richard Christy schon mit Iced Earth, Death oder Incantation unterwegs. In dieser illustren Runde wirkt höchstens Gitarrist Jason Suecof wie ein vergleichsweise unbeschriebenes Blatt, was sich, das sei vorweggenommen, aber nicht auf seine Leistung auf diesem Album rückbeziehen lässt. Zumal man sich mit dem 2010er Self-Titled ja schon von den Qualitäten der Truppe überzeugen konnte (ich nicht).
Selbstverständlich im Hinterkopf hat man bei diesem Release den Vergleich zu Owens‘ ehemaliger Hauptband Iced Earth – wie schlägt sich „Cold Winds On Timeless Days“ im Vergleich zum zeitgleich erscheinenden „Dystopia“?

Mir als nicht mehr unbedingt ambitioniertem Heavy / Power Metal-Hörer, der noch dazu nie Iced Earth-Freak war, ist das ziemlich egal. Ich stand „Cold Winds On Timeless Days“ eher skeptisch gegenüber, zeigen solche Allstar-Projekte doch häufig, wie nötig auch großartige Techniker einen fähigen Songwriter haben. Umso überraschter war ich, dass die Scheibe ziemlich ansatzlos zu überzeugen wusste – umschifft die Band doch Probleme, die ich mit diesem Genre sonst häufig habe (bspw. das unverbesserliche Rückwärtsdenken), sehr effizient. Und das eben genau nicht dadurch, dass ständig betont wird, was für krasse Musiker hier unterwegs sind.
Denn CHARRED WALLS OF THE DAMNED sind in der Lage, die instrumentalen Großtaten, die man gerade von einem DiGiorgio von Death im Ohr hat, songdienlich umzusetzen. Hat man während der ersten zwei Songs noch leichte Probleme mit dem Stil, zündet „Cold Winds On Timeless Days“ spätestens mit „Zerospan“: Heavy Metal, der sich möglichst offen gegenüber angrenzenden Sektoren wie dem Thrash Metal zeigt, zwischendurch Stilmittel aus dem Death Metal integriert und dabei auch zu progressiven, vertrackten Einsprengseln nicht Nein sagt. Die Leistung der Band ist, dass sie diesen Bastard mit der Aufgabe unter einen Hut bringt, Owens genug Platz zum Brillieren einzuräumen. Für den Abwechslungsreichtum in den Songs zeichnen sich, wie sollte es anders sein, dennoch primär die Gitarren verantwortlich, die in bester Iced Earth-Manier thrashen, schöne harmonische Lead-Akzente setzen, oder auch mal straight drauflos frickeln können.
„Cold Winds On Timeless Days“ erschafft trotz hymnischer Refrains eine sehr düstere Atmosphäre, was sich mit der Aggressivität und Kompromisslosigkeit, die sich aus der Integration extremerer Elemente ergibt, perfekt ergänzt. Das Album setzt Heavy / Power Metal für mich endlich mal wieder anschlussfähig an die Verhältnisse um, die in der Metal-Landschaft aktuell nunmal herrschen – nicht, dass sich hier irgendwo Emo- oder sonst ein *core findet, aber CHARRED WALLS OF THE DAMNED klingen einfach moderner und weniger festgefahren als so manch andere Truppe aus diesem Sektor.
Und dadurch, dass dieses Album so unkonventionell und dennoch stimmig und atmosphärisch ist, kommen dann Technik-Attacken der Musiker umso cooler – tatsächlich ist es vor allem DiGiorgi, der immer mal wieder beeindruckende Bassläufe einstreut, eben ohne, dass man jemals das Gefühl hat, hier müsse nur wieder jemand seine dicken Eier präsentieren.

An „Cold Winds On Timeless Days“ wird gerne bemängelt, dass es zu lang ist, mit 58 Minuten wohl auch nicht ganz aus der Luft gegriffen. Ich persönlich bin aber sehr froh darüber, denn ein Stück klassischen Metals in moderner Umsetzung, dass derart cool kommt und sich derart offen gegenüber fremden Einflüssen präsentiert, gibt es so selten, dass man sich dieses auch mal eine knappe Stunde am Stück zu Gemüte führen kann. Damit wären wir auch bei einem abschließenden Kommentar zu Iced Earth: Stu Block macht seine Sache auf „Dystopia“ verdammt gut, aber es ist eben – wie immer – typisch Iced Earth, an welchen ich mich inzwischen satt gehört habe. CHARRED WALLS OF THE DAMNED sind da erfrischend anders und bekommen definitiv eine dicke Kaufempfehlung, qualitativ vergleichen sollte man die Werke aber dennoch nicht.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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