Roadrunner Records sind seit jeher ein Label, das neben tiefst-metallischen Releases auch häufig Bands aus der PopRock-Ecke unter Vertrag nimmt und veröffentlicht. Neben zum Beispiel Opeth, Machine Head, Soulfy oder auch Killswitch Engage treiben dort auch Größen dieser Spielart wie Nickelback und Staind ihr (Un-)Wesen. Der aufmerksame Leser wird sich jetzt denken können, welcher Kategorie COLLECTIVE SOUL zuzuordnen sind (oder auf das Genre schauen). Es ist also wieder mal Zeit für ein wenig seichteren, durch und durch poppigen, eingängigen Soft-Rock. Das muss per se nichts schlechtes sein, denn so süffig das klingen mag, so gibt es doch genug Bands, die beweisen, dass man auch da einiges reißen kann. Der selbstbetitelte Silberling mit dem schlicht-weißen Cover inklusive süßem Häschen der Amerikaner von COLLECTIVE SOUL gehört da leider nicht dazu.
Seit 1993 schon sind die Jungs hauptsächlich in den USA unterwegs und konnten auch schon diverse Auszeichnungen und Chart-Platzierungen einfahren. Album Nummer acht erfreut sich derselben Zutaten, die seitdem den Erfolg des Fünfers garantieren: Zuckersüße Melodien, Texte, die junge Mädchenherzen höher schlagen lassen, eine Prise Pathos und Kerle an den Instrumenten, die mit ihren halblangen Haaren immerhin eine Alternative zur glattpolierten Popwelt versprechen. Softer PopRock at its best sozusagen. Dass in Hinsicht auf die musikalische Umsetzung keinerlei Kritik angebracht wäre, versteht sich bei der 16jährigen Bandgeschichte fast von selbst. Doch das, was dort musiziert wird, darf man wohl mal genauer betrachten. Während der Opener „Welcome All Again“ noch locker-flockig südstaatlich ein wenig rockiges Flair versprüht, ist die Zielgruppe des „The Killers“-Gedächtnissongs „Fuzzy“ mit obligatorischem Gepfeife und „ah ah ah“-Chören definitiv vorm College- oder Lokalradio zu suchen.
Danach geht es glücklicherweise wieder etwas eigenständiger zu Werke, wenn man sich auch des Eindrucks, das alles schon eine Million mal gehört zu haben, nicht verwehren kann. Mit „You“ ist dann auch bald die erste Herzschmerz-Ballade ausgemacht, die auf keinem Album dieser Art fehlen darf. Überraschungen gibt es erwartungsgemäß nicht, schmerzen tut auch nichts. Das Tempo bleibt schön mittig, so dass auch die Mutter beim Kochen den eingestreuten Pianoklängen und Akustikgitarren-Harmonien folgen und im Rhythmus mitwippen kann. Das klingt wahrscheinlich schlimmer als es ist, denn – wie gesagt – es tut tatsächlich nicht weh, was man schon als Pluspunkt werten kann. Vielleicht hat ja Metaller Kai beim Date zu Kerzenlicht seine romantische Seite entdeckt und möchte die Arme – keine Metallerin – nicht gleich mit Slayer in die Flucht schlagen, also flugs die COLLECTIVE SOUL aus dem Schrank geholt. Ihr gefällts und er muss sich nicht voll auditiver Schmerzen am Boden wälzen.
„Collective Soul“ ist ein Mainstream-taugliches Album voller pop-triefender seichter Rocksongs, dessen Balladenanteil erfreulich gering ausfällt. Auch für aufgeschlossene Freunde harter Klänge nicht unbedingt, was man sich wünscht, aber auch nichts, was man nicht verschmerzen könnte, zu besitzen. Klanglich haben die fünf nichts neues zu bieten und befahren altbekannte, aber auch erfolgbringende Gewässer. Freunde der besagten Roadrunner-Kollegen Nickelback und Staind oder ähnlicher Kapellen des US-Markts dürfen beherzt und ohne nachzudenken zugreifen, alle anderen können gern ein Ohr riskieren und dann selbst entscheiden, ob sich der Preis lohnt.
Wertung: 5 / 10