Review Colosseum – Chapter 2: Numquam

  • Label: Firebox
  • Veröffentlicht: 2009
  • Spielart: Doom Metal

In der Funeral Doom-Ecke sind Ahab momentan die Aufsteiger schlechthin – zu Recht, den die Neulinge im Schneckentempogedröhn haben mit „The Call of the Wretched Sea“ einen knackigen Brocken Begräbnismusik ins Meer der Undergroundbands geschmissen. Doch auch die deutschen Walfänger sollten sich warm anziehen, wenn sie nicht wollen, dass die Finnen von COLOSSEUM ihnen den Rang ablaufen, denn diese Herren haben mit „Numquam“ ein Kunstwerk geschaffen, das Klassikerpotential hat.

Die Zutaten für die Musik des entsprechenden Genres dürften bekannt sein: Der Schlagzeuger spielt in einem Tempo, bei dem er zwischen den Snare-Anschlägen locker ein Bierchen kippen kann, während Gitarrenakkorde am unteren Rande des für Menschen hörbaren Frequenzbereiches bis in die Unendlichkeit gestreckt werden, dazu röchelt irgendetwas aus den tiefsten Tiefen einer Kehle seinen Weltenschmerz in die allgemeine Kakophonie.
So weit, so gut. Was diese Band aber von den Kollegen abhebt, auf die diese Beschreibung zutrifft, sind in erster Linie die Keys. Über hässlichste Gitarrenkreischer legen sich anmutige Streicherkaskaden, wehmütig klimpern Pianomelodien zu leidenden Dröhnteppichen – und doch drängen sich die Keys niemals zu sehr in den Vordergrund, stets bleiben sie der pointierte Tupfer auf dem schwermetallischen Grundgerüst. Das verhindert, dass die Musik im gotischen Kitsch versinkt und löst trotzdem die in Apathie erstarrten Metalsongs in einer leisen, subtilen Trauer auf.

Immer wieder bäumt sich der Gigant auf, um sein langsames, schwerfälliges Kriechen einem zornigen Marschieren weichen zu lassen. Das sind die Momente, in denen die totale Apathie durchbrochen wird, in denen man die aufgestaute Schwere in sich abschütteln und sich frei machen kann für das nächste Erlahmen, die nächste endlose Klanglandschaft voller zäher Lava-Riffs.

Das Album ist, wie es sich für Funeral Doom gehört, keine leichte Kost. Es zerrt den Hörer hinab in einen Abgrund der tiefen Depression, es setzt ihm mit langsamen, zähen Klangteppichen eine unendliche Weite der Resignation vor – und bietet ihm bei all der erdrückenden Last der emotionalen Abstumpfung dennoch Raum für eine stille und intime Melancholie. Das ist die Größe des Albums: Es schafft eine Symbiose zwischen selbstzerstörerischem, kaputtem Funeral Doom und tröstender, da gefühlvoller Melodieführung.
Bei aller Monotonie weist dieses Album somit eine große emotionale Vielschichtigkeit und Tiefe auf, die mir 9,5 Punkte wert ist. Eine absolute Kaufempfehlung für alle, die depressive Musik verstehen und schätzen.

Wertung: 9.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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