Review Cryptic Wintermoon – A Coming Storm

Was kann man schon erwarten, wenn man eine CD neu und originalverpackt für schlanke 5 Euro bei einschlägig bekannten Mailordern bekommt? Und die Band, die dieses Album aufgenommen hat, so einen plakativen Namen wie CRYPTIC WINTERMOON trägt und dann auch noch bei Massacre Records gesignt ist? Nicht dass ich jetzt was gegen Massacre Records hätte, das Label aus Abstatt hat einige wahnsinnig gute Bands im Bandroster stehen, aber manchmal hab ich zumindest bei ihnen ein wenig das Gefühl, dass sie alles signen, was nicht bei drei auf dem Baum ist und dementsprechend auch viel Käse in ihrem Lineup zu finden ist. Naja, das waren alles so Gedanken, die mir durch den Kopf gingen, als ich damals vor keine Ahnung wievielen Jahren aus Lust und Laune „A Coming Storm“ von den Franken orderte (außer die Sache mit Massacre, denn da wusste ich noch nicht, bei welchem Label die Dame und die Herren unter Vertrag sind).

Tja, ohne jetzt gleich mein ganzes Pulver verschießen zu wollen sei hier mal gesagt, dass CRYPTIC WINTERMOON wohl der beste Beweiß dafür sind, dass ein niedriger Preis nicht mit niedriger Qualität gleichzuestzen ist. Denn die drei bisherigen Alben der Band (das Debut „The Age of Cataclysm“ vielleicht nicht, da kann man schon etwas mehr für hinblättern, aber auch keine Summe, bei der irgend jemand arm werden würde) kriegt man normalerweise geradezu hinterhergeschmissen. Und auf den ersten Blick (bzw. Lauscher) wunderte mich das gar nicht mal so sehr, denn ähnlich wie bei den Ex-Label- und Ex-Genrekollegen von Mystic Circle haben wir es bei CRYPTIC WINTERMOON mit einer Band zu tun, die so ungewöhnlich nicht ist. Gespielt wird eine Mischung aus melodischem Black und Death Metal mit viel Keyboardeinsatz und dem einen oder anderen Gitarrensolo eher klassischer Heavy Metal Prägung (die Wurzeln in der Richtung manifestieren sich sowieso schon im Judas Priest-Cover „Nightcrawler“), nichts Weltbewegendes hier. Die vierzehn Stücke (insgesamt eine knappe Stunde lang, gar nicht so übel, was Value for Money betrifft) sind flott runtergespielt und gehen gut ins Ohr, aber das ist bei dem Genre ja auch nichts unbedingt neues.

Wenn eine CD dieser Prägung nach einer zweistelligen Anzahl von Durchläufen aber immer noch eine gewisse Faszination auf den Hörer ausüben kann, dann kann man das meiner Meinung nach in Sachen Melo Black/Death schon irgendwie außergewöhnlich nennen. CRYPTIC WINTERMOON sind nicht innovativ, sind an ihren Instrumenten fit aber auch technisch nicht besonders großartig, aber was die Knaben (und die Dame) verdammt gut können, ist Melodien zu schreiben. Ihre Songs sind gute Hausmannskost, die sich allerdings aus ein paar extrem mitreißenden, eingängigen Riffs und Hooklines zusammensetzen. Egal ob in den höheren Geschwindigkeitssphären („Supersatan“), im Midtempo („The Shadowkeep“) oder auch in gemäßigten, dafür sehr epischen Bereichen („Bastard“ und der absolut starke Titeltrack „A Coming Storm“), die Melodien des Sechsers gehen ins Ohr und krallen sich fest. Es ist mir bislang wirklich selten passiert, dass ich eine CD gehört habe und heftiges Herzklopfen bekommen habe, weil eine Melodie so gut war – nur um gleich beim nächsten Track meine Kinnlade wieder einzurenken, weil hier ein Riff verbraten wird, das gleich noch mal besser ist. „A Coming Storm“ schafft das bei mir, genau wie die anderen beiden CDs von CRYPTIC WINTERMOON. Und das ist stark.

Natürlich ist das Album aber nicht ohne Makel. Wie schon erwähnt, die Musik, die hier gespielt wird, ist relativ… gewöhnlich. Ohne bemerkenswerte Innovationen, ohne großartige Überraschungen. Auch geht dem Album nach „Darkness Forever“ ein wenig die Luft aus, aber das ist nicht weiter verwunderlich, schließlich sind der Track und der vorige, „A Coming Storm“, so stark, dass es ein wahres Wunder wäre, wenn die Band da noch mal rankäme. Und die Texte sind etwas problematisch. Zum Einen tummeln sich hier wieder Schwierigkeiten, die nicht-native-Speaker so mitbringen, wenn sie auf Englisch texten. Zum Anderen sind die Themen, die abgehandelt werden, ziemlich tumb. Inwiefern der Band die Lyrik ernst ist weiß ich selbst nicht genau, vor allem „Supersatan“ spricht irgendwie für Ironie, aber dazu haben die anderen Tracks zu wenig davon zu bieten. Ich bin ein wenig bestürzt, dass diese poetischen Ergüsse von derselben Band stammt, die den absolut genialen Refrain von „When Daylight Dies“ geschrieben hat (vier Jahre zuvor wohlgemerkt), aber was will man machen, auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn oder so.

Ne, das klingt jetzt zu hart, denn im Endeffekt fällt’s nicht so sehr ins Gewicht. „A Coming Storm“ ist ein sehr tolles Album, das zwar die Welt nicht verändern und Krebs nicht heilen wird (ich habe das Gefühl, dass ich so ungefähr diese Floskeln schon mal benutzte), aber innerhalb seines wenig innovativen Rahmens kann man eine CD eigentlich kaum besser gestalten, als wie CRYPTIC WINTERMOON es mit ihrem zweiten Album taten (wie’s noch besser geht, zeigten sie selbst vier Jahre vorher mit „The Age of Cataclysm“). Schade, dass die Band bis heute den großen Durchbruch nicht geschafft hat, andererseits aber auch gar nicht so schlimm, denn so kommt man ziemlich günstig an ihre echt starken Alben. Und hoffen wir mal, dass bald mal wieder was von ihnen kommt, ich freu mich drauf.

Wertung: 8 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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