Review Die Happy – 1000th Show Live

  • Label: F.A.M.E.
  • Veröffentlicht: 2012
  • Spielart: Rock

1000 Konzerte sind eine beeindruckende Anzahl und etwas, wovon viele Bands nur träumen können. Für die Ulmer Rocker DIE HAPPY wurde dieser Traum letztes Jahr in ihrer Heimatstadt Ulm Wirklichkeit. Und im Rahmen ihres 1000. Auftritts am 11. Februar 2012 im Roxy legten Sängerin Marta und Co. eine besondere Show mit vielen Gästen und einer Menge Ideen hin. Doch allein das reicht nicht aus, um eine Band, die in den letzten Jahren immer mehr in Vergessenheit geraten ist, wieder auf Vordermann zu bringen. So ist „1000th Show live“ lediglich ein kleines Feuerwerk mit vielen verschiedenen Künstlern, welches allerdings an der Grundproblematik von DIE HAPPY nichts ändern dürfte.

Die Idee, bei einer solchen Jubiläumsshow einen Kontrast zwischen der „soften“ und „harten“ Seite zu zeigen – sie ist auch bei DIE HAPPY nicht neu. Im Falle der Ulmer Rocker wurden die beiden Seiten optisch und akustisch hochwertig für die DVD/CD-Kombination umgesetzt. Im Vergleich zur DVD fällt die CD dabei rund eine Stunde kürzer aus. Von den insgesamt vier Stunden Konzert haben es somit rund zwei auf den audiovisuellen Teil geschafft. Im Vergleich zu anderen Veröffentlichungen keine überragende Quote, aber bekanntlich sollte nur der Teil eines Livemitschnitts den Weg an die Öffentlichkeit finden, der es wert ist, geteilt zu werden.

Mit ihrem Akustikset supporten sich DIE HAPPY in einer Art Hommage an „Four & More Unplugged“ quasi selbst. Im Hinblick auf die Unmengen an musikalischen Gästen eine clevere Wahl. Eine weitere Combo im Vorprogramm oder gar mehrere – es hätte die Präsenz der Süddeutschen auf dieser DVD noch weiter geschmälert. Der akustische Block fällt mit rund 30 Minuten von der Länge moderat aus, ist allerdings stilvoll in Szene gesetzt: Sängerin Marta trägt ein Abendkleid, die Bühne ist stimmungsvoll dekoriert und natürlich werden passend zum Sound mehrere Wunderkerzen und andere Leuchtgegenstände in den ersten Reihen geschwenkt. Das Ulmer Publikum ist allgemein der große Pluspunkt des DVD-Teils, denn DIE HAPPY werden von ihren Fans selbst akustisch frenetisch gefeiert. Das beginnt bereits beim Opener „Big Boy“. Mit Johannes von Revolverheld bei „Halt dich an mir fest“, dem letzten echten Hit des Quartetts, und Subway to Sally-Fronter Eric Fish im Rahmen von „Frozen Tears“ gibt es auch gleich die ersten beiden Gäste zu bestaunen. Und gleichzeitig die ersten von zahlreichen Liebesbekundungen an die Truppe sowie ihre Fans. Besonders an den Lobeshymnen hat man sich relativ schnell satt gesehen und gehört. Andererseits tragen Johannes und Co. dazu bei, dass die gesamte Show – egal ob hart oder zart – stimmlich abwechlungsreich ausfällt. So kaschieren DIE HAPPY geschickt ein Manko ihrer letzten Studioalben, die längst nicht mehr den Esprit frührer Jahre widerspiegelten.

Dass DIE HAPPY trotz absteigender Karriereleiter als Rockgruppe am besten funktionieren, beweist der deutlich längere, zweite Teil. Wieder einmal ist es das frenetische Publikum, welches beim Opener „Go For It“ zusammen mit Frontfrau Marta richtig steil geht. Solche Stimmungsbilder machen besonders den DVD-Teil lohnenswert. Doch auch rein akustisch hört man, wie sehr die Die Hard-Fans ihre Idole feiern. Insofern ist das Paket besonders für die langjährigen Fans eine lohnende Anschaffung. Allen anderen dürften die Kompositionen zu austauschbar und der Sound größtenteils zu rockpoppig sein. Nicht umsonst war das 2003er Werk „The Weight of the Circumstances“ der größte Erfolg in der Bandgeschichte.
So lebt „1000th Show Live“ auch in diesem Teil von den Gästen wie etwa Roger von Blumentopf und die Rap/Rock-Combo „I Am“. Oder Rockröhre Doro Pesch, die extra für ihren Auftritt einen Teil des Songs „Good Things“ auf Deutsch umgetextet hat. Etwas blass bleibt im Vergleich dazu Andreas Bourani bei „I Am“, der mit seiner Stimmfarbe deutlich besser in den Akustikblock gepasst hätte. Ziemlich plump fällt wiederum das Drumherum beim Duett von Marta mit Jennifer von Jennifer Rostock aus. Die tatöwierte Frontfrau der Norddeutschen kneift Marta untern anderem in den Busen und irgendwie wirkt das alberne Schauspiel so deplatziert, dass „Cry For You“ als Song fast zur Nebensache mutiert.
Doch mit den kindischen Neckereien ist es noch lange nicht genug: Von den Guano Apes geben sich Gitarrist Henning Rümenapp und Schlagzeuger Dennis Poschwata die Ehre: Heraus kommt neben einem Gastspiel bei „You’ll Never Know“ am Ende eine energiegeladene Coverversion des Guano Apes-Klassikers „Open Your Eyes“ mit Martas Rockröhre am Mikro. Auch „Survivor“ von Destiny’s Child wird von DIE HAPPY ordentlich durch den rockigen Reißwolf gedreht, doch spätestens der Zugabenblock wirft unweigerlich die Frage auf: Hatten DIE HAPPY nicht den Glauben, alleine oder mit weniger externen Einflüssen etwas Ähnliches auf die Beine zu stellen? So hat „1000th Show Live“ beinahe etwas von einem kleineren Festival, bei dem der eigentliche Hauptact ab und an zum Rahmenprogramm verkommt. Ironie des Schicksals, dass die Band ausgerechnet mit „Supersonic Speed“ ihren Jubiläumsauftritt abschließt? Jener Song leitete damals immerhin den großen Durchbruch der Ulmer ein.

Und auch wenn Marta im Zugabenblock mit ihrem Vater noch samtweich das tscheschiche Stück „Otazky“ anstimmt und man auch noch einmal DIE HAPPY in Originalbesetzung sieht – es wird nicht reichen, um die Band wieder an die vorderste Front des deutschsprachigen Alternative Rocks zu bringen. Dafür gab es beim 1000. Auftritt zu wenig DIE HAPPY von DIE HAPPY.

Wertung: 5 / 10

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