Review Dirge – Vanishing Point

Zwei Jahre ist es jetzt her, dass die französische Post-Metal-Band DIRGE ihr letztes Album „Lost Empyrean“ veröffentlicht hat – um kurz darauf ihre Auflösung bekannt zu geben. Mit „Vanishing Point“ kommt jetzt eine Compilation mit Material aus der immerhin ein Vierteljahrhundert umfassenden Bandgeschichte heraus. Nicht selten sind derartige Releases durchaus verzichtbar und können qualitativ nicht unbedingt mit dem bereits herausgebrachtem Material konkurrieren. Aber es gibt einige Punkte, durch die sich „Vanishing Point“ durchaus von anderen Zusammenstellungen dieser Art positiv abhebt.

Da wäre zuerst die Spielzeit zu nennen: 19 Songs mit einer Spielzeit von rund zwei Stunden und 50 Minuten finden sich auf insgesamt drei CDs wieder – chronologisch sortiert und tontechnisch erfolgreich durch die fähigen Hände bzw. Ohren von Raphaël Bovey (u. a. Gojira) homogenisiert. Obwohl die Tracks in einem Zeitraum von rund 25 Jahren unter unterschiedlichsten Bedingungen in verschiedenen Studios entstanden sind, gibt es produktionstechnisch nicht viel zu meckern. Gerade die zweite Hälfte von „Vanishing Point“ ertönt DIRGE-typisch druckvoll aus den Lautsprechern.

Während die ersten drei Titel noch als astreine Godflesh-Klone durchgehen, verändert sich beim vierten Song „East“ die Klangästhetik spürbar: Echte Drums ersetzen den bis dato obligatorischen Drum-Computer und sorgen in Verbindung mit dem tonnenschweren Riffing für eine gehörige Neurosis-Schlagseite. „The Coiling“, der erste Track, der die 10-Minuten-Marke sprengt, weist dann schon alle kompositorischen Merkmale auf, die DIRGE zuletzt ausgezeichnet haben.

Die Franzosen sind ohne Frage Meister im Erschaffen von durchaus Kopfkino-geeigneten Soundlandschaften, die sich immer wieder durch ständige Wiederholung zum genre-typischen Cresecendo steigern, ohne dabei songorientierte Strophe-Refrain-Strukturen vollständig aus den Augen zu verlieren. In den ausschweifenden Arrangements zu versinken ist dabei ausdrücklich erwünscht, aber eben bitte mit einem nachvollziehbarem System.

„Vanishing Point“ ist eine faszinierende Musiksammlung, ermöglicht sie doch dem Zuhörer, die gesamte musikalische Entwicklung von DIRGE in rund drei Stunden nachzuvollziehen. Dass es sich bei den Musikstücken nicht um Ausschlussware handelt, verstärkt den positiven Eindruck dabei. Highlights sind dabei ohne Frage „Below (Twist Of The Knife)“, „Carrion Shrine“ und der mit über 15 Minuten längste Studiotrack auf „Vanishing Point“, „Submarine“. Lediglich der Albumcloser „The Endless“ ist mit fast einer halben Stunde Spielzeit noch länger – allerdings handelt es sich um eine (qualitativ sehr hochwertige) Live-Aufnahme. Übrigens neben dem vorangegangenen Track „Epicentre“ das einzige Live-Dokument der über die Jahre vom Duo zum Quartett angewachsenen Band.

Auch wenn die Spielzeit weit über dem Durchschnitt liegt: Langweilig wird „Vanishing Point“ zu keiner Minute. Die gelungene Mischung aus Album-Outtakes, alternativen Versionen, Remixes, Live-Versionen und Reinterpretationen (von der französischen Rockband Kill The Thrill und dem Ambient-Projekt Treha Sektori) ist absolut gelungen und dürfte für DIRGE-Fans ein würdiges Trostpflaster und für die Band nach sieben Alben ein ebensolcher Abschluss sein. Atmosphärisch, bleischwer und böse sei „Vanishing Point“ nicht nur Komplettisten, sondern jedem Post-Metal-Fan ans Herz gelegt.

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Wertung: 8.5 / 10

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