Review Dystopolis – V.EN.O.M.

Eine der schönsten Entwicklungen der letzten Jahre ist, dass der Power-Metal-Underground aus Deutschland wieder Großes leistet. Neben dem Epizentrum Taunus gilt das glücklicherweise auch für den hohen Norden. Nicht nur die Hamburger Shadowbane begeistern mit traditionsbewusstem und doch eigenständigem Power Metal. Auch aus der anderen norddeutschen Großstadt, Bremen, gibt es seit einigen Jahren tolles Material zu hören. Die Rede ist natürlich von DYSTOPOLIS, die sich schon mit ihrem Debütalbum „Sons Of A Silent Age“ einiges an Aufmerksamkeit verdient hatten.

Wie? Verpasst? Das solltet ihr nachholen! Denn nun liegt der Zweitling vor, der auf den Namen „V.EN.O.M.“ hört und neben etwas komplizierter Interpunktion eine wahre Wundertüte an Power-Metal-Hymnen zu bieten hat. Dabei liegt es nahe, DYSTOPOLIS mit Iced Earth zu vergleichen. Sie spielen genauso düsteren Power Metal, der durch markante, gelegentlich beinahe thrashige Riffs geprägt wird. Natürlich trägt auch Sänger Andreas Müller mit seiner dunkel gefärbten Stimme zu dieser Assoziation bei. Der Einsatz von Chören und gelegentlich auch orchestraler Effekte ergänzt dies weiter („Dining With Gods“). Hinzu kommt schließlich die Vorliebe für düstere Themen: Beinahe alle Songs auf „V.EN.O.M.“ handeln von Schreckensszenarien in der fiktiven Stadt Dystopolis, in der sich die Menschheit nach der unvermeidlichen nuklearen Katastrophe zusammendrängt und unter einem Schreckensregime leidet.

Dieses Konzept wird konsequent durchgezogen: Von fiesen Konzernen („The Corporation“), verrückten Einsiedlern mit uralten Eisenbahnen („Lords Of Sand“) bis hin zu Mutanten („Anthem For A Stalker“) und Menschen, die sich in den U-Bahn-Tunneln eine neue Existenz aufbauen („Metro“) ist alles aus dem Malkasten der Postapokalypse dabei. Fans dieser popkulturellen Nische werden sich jedenfalls vor Freude kaum mehr einkriegen. Für diese Seite aber wichtiger ist, dass die Musik mit dem coolen Konzept voll mithalten kann. Auf „V.EN.O.M.“ jagt ein Killer-Refrain den anderen. Alle eben genannten Titel haben einen ausgeprägten Ohrwurmcharakter, jede Hookline sitzt, jede Melodieführung kitzelt den richtigen Nerv. Den Vogel abgeschossen hat die Band aber mit „Noah’s Isle“, einem wuchtigen Uptempo-Song, der einfach alles hat: abwechslungsreiche Instrumentierung, hammerguten Gesang, ein interessantes Thema und einen Refrain zum Niederknien. Bravo!

Glücklicherweise sorgen DYSTOPOLIS zudem über die gesamte Laufzeit für die nötige Varianz in ihrem Material. Das orchestrale „Dining With Gods“ bringt genauso Farbe in die Scheibe wie das Piano auf „Lords Of Sand“ oder die Sprachsamples auf „Arndale“, das streckenweise fast an alte (!) Sabaton-Songs erinnert. Und so bleibt eigentlich nur ein Kritikpunkt an „V.EN.O.M.“ – warum bitte sind drei Songs Neuaufnahmen alter Songs vom Debütalbum? Was noch nachvollziehbar wäre, wenn es sich beim Zweitling um eine Labelveröffentlichung handeln würde, wirkt bei einer zweiten Eigenveröffentlichung seltsam. Aber trotz dieses Mankos bekommt „V.EN.O.M.“ eine glatte und uneingeschränkte Empfehlung von mir. Also los: Gleich bei der Band bestellen, hören, sich freuen!

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Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Marc Lengowski

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