Review El Soter – Appletree of Discord

Der Apfel. Heute ein begehrtes und gerne gesehenes Obst, das es in vielen verschiedenen Sorten und ergo auch verschiedenen Geschmacksrichtungen von süßlich bis sauer gibt. Obwohl sich diese farblich unterscheiden, wird dem Apfel oft unterbewusst die Farbe Grün zugeordnet; dessen ungeachtet bevorzugen viele Menschen den rötlichen Apfel der seueren, grünen Variante. Heute steht der Apfel oft sinnbildlich für ein modernes Leben und gesunde Zähne, doch gerade in der weiten Vergangenheit wurden Äpfel oft mit etwas negativen verbunden, z.B. der Apfel der Eva, der die Menschen das Paradies versagte oder der Apfel der Zwietracht, den die Göttin Eris zwischen die Frauen warf und damit den trojanischen kreig entfachte. Auf diesen im Volksmund oft Zankapfel genannten Apfel der Zwietracht wollte ich hinaus, denn dieser ist nach dem Debüt des slowenischen One-Man-Projekts EL SOTER „Appletree of Discord“ benannt. Oder andersherum, wer weiß es nur…

„Appletree of Discord“ ist ein sehr trister Mix aus Metal, Electronica und einem Hauch Industrial, den es in dieser Form noch nicht gab. Zwar sind die zerrenden Gitarren in jedem Song präsent, doch die Melodie wird meist durch definitiv aus dem Electronic stammenden Synths und Streichern angegeben; der Drumcomputer scheint auch aus diesem Genre zu kommen. Die Musik auf „Appletree of Discord“ ist extrem monoton und künstlich, der Drumcomputer holzt langsam den Weg, der von bis zur unkenntlichweit verzerrten E-Gitarren erkundet und von Syntheziser gegangen wird. Das ganze wird eingerahmt von äußerst apathischen und monotonen Vocals, die mehr sprechen als singen; oft werden diese bis zu fünfmal parallel gespielt und wirken so noch befremdlicher. Diese ganze Instrumentalisierung erschafft eine sehr destruktive und misanthropische Stimmung und bewerkstelligt es immer synthetisch zu klingen, gar isoliert von allem.

Eigentlich sollte der letzte Absatz die meisten Leser verunsichern; ein Gefühl, dass ich ihnen leider nicht nehmen kann. EL SOTER macht besondere Musik, auf die sich nicht jeder einlassen kann, denn das gesamte Album „Appletree of Discord“ ist Gesellschaftskritik in ihrer stärksten Form. Die Texte handeln vom System, von intoleranten Machthabern sowie heuchlerischen Religionen und die Musik unterstreicht dies durch ihren künstlichen Charakter nochmals. Warum die Texte zum Teil in grammatikalisch falschen und sehr kruden Englisch gehalten sind, weiß leider nur der Erschaffer. Doch ich bin mir sicher, dass es nicht unabsichtlich ist und einen tieferen Sinn hat; wie alles auf „Appletree of Discord“. Ich muss zugeben; EL SOTER alias Blaz Erzetics Musik ist keine einfache Musik. Man muss sich zu jedem Zeitpunkt voll auf die CD konzentrieren um sie zu verstehen, was auch mit der Zeit nicht einfacher wird. „Appletree of Discord“ ist keine Musik zum nebenbei hören und bei jedem Durchlauf lastet die schwermütige Stimmung wie eine Last auf dem Hörer. Man muss sich oft mit schlimmen, aber gewollten Dissonanzen und verwirrenden Melodien abfinden; doch dies alles ist ins letzte Detail durchdacht und durchaus geplant. Natürlich gibt es auch auf „Appletree of Discord“ gut und nicht ganz so gute Songs, aber dies verfliest in der Gesamtwirkung, denn diese CD hört man am besten am Stück oder gar nicht. Manchmal ist das alles ein wenig zu eigen geworden und EL SOTER sollte sich überlegen, ob er beim nächsten Release ein wenig mehr Massenkonformität zulässt. Ein erster Schritt wäre es den leisen, abwesenden Gesang gegen echten zu tauschen und diesen mehr in den Vordergrund zu heben, doch dies würde wiederum dem Konzept der Monotonie entgegenspielen. Der Song „The Hail“ hat zwar zum Beispiel sogar einen sehr hypnotischen Refrain, der sich schnell im Gehörgang festsetzt, doch das bleibt eine Ausnahme.

Ich möchte noch mal auf das Intro und das Outro eingehen, die beide auf von einer sehr sphärischen Frauenstimme verlesene Emily Dickinson Gedichte („Poem Nr 739“ und „Poem Nr 435“) bauen. Dickinson ist für ihr isoliertes Leben bekannt; dafür, dass sie ihre Umgebung hauptsächlich aus der Leere ihrer eigenen vier Wände heraus betrachtet hat und generell nur sehr wenig mit ihren Mitmenschen zu tun hatte. Die Meinungen über sie gehen dementsprechend weit auseinander; manche sind der Meinung, sie habe deswegen vieles klarer gesehen als andere Dichter. Auf andere wiederum wirkt sie eher weltfremd. Dies passt perfekt in den Rahmen des Albums, doch auf was genau EL SOTER hier hinweisen will, weiß nur er selbst.

Die Gestaltung des Covers und des Booklets ist zudem sehr gelungen: Die kühlen, grauen Landschaften erinnern stark an die Musik und bilden einen guten Kontrast zu dem grünen Apfel, dem einzig lebendigen Teil dieser Utopie. Auf dem Album ist sogar ein professionell hergestelltes Musikvideo zum Track „The Hail“, welches in Anlehnung an die Coverartworks gehalten wurde und auch durch die synthetische Grundstimmung überzeugen kann.

Schlussendlich kann ich das Album nicht mit Punkten bewerten; zu viele würde ich mit der hohen Wertung vor den Kopf stoßen. „Appletree of Discord“ ist ein immens anspruchsvolles Album und wird viele überfordern und schlicht „schlecht“ auf diese Wirken. Andere werden nie ein wirklichen Zugang zu diesem Werk finden, wie dich, denn es gibt keinen. Diese Schwierigkeiten hat auch der Meister selbst erkannt und bietet deshalb eine „Money-Back“ Garantie wenn das Album nicht gefallen sollte. Ich empfehle jedem, der bereit ist, sich damit auseinander zusetzten, in das Album hineinzuhören; man muss sich jedoch im Klaren darüber sein, dass es sich wohl nie komplett erschließen wird. Das Album hat es zumindest bei mir in die höchsten Ränge meines CD-Archivs geschafft.

Redakteur: Dustin Kaiser

Keine Wertung

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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