Review Embercrow – Blacklight Wanderers

„Neue Helden braucht das Land“ – und so floriert die deutsche Gothic-Rock-Szene weiterhin dank hoffnungsvoller Nachwuchsbands, die es immer wieder aus dem Untergrund ein Stückchen Richtung Oberfläche schaffen. Dazu zählen auch EMBERCROW, die dieser Tage ihr Debütalbum „Blacklight Wanderers“ veröffentlichen und damit Lücken schließen wollen, die Truppen wie die zuletzt doch spürbar inaktiven Beyond The Void oder auch vor noch längerer Zeit Darkseed hinterlassen haben.

Auch wenn beide genannten nicht wirklich ihre Karriere beendet haben, stehen neue (qualitative) Veröffentlichungen zurzeit nicht im Raum und so kann man sich einmal mit der „zweiten Reihe“ beschäftigen. EMBERCROW spielen im Prinzip genau die Musik, die man bei einer Band dieses Namens erwarten würde: tendenziell eher langsam, viele akustische Parts, in der Regel flott auf den Punkt gebracht, ab und zu aber auch verschnörkelt und mit etwas Intelligenz versehen. Es wird Wert gelegt auf überschaubare Strukturen und eingängige Melodien, das letzte Risiko scheut man in weiser Voraussicht, damit das ordentliche Fundament nicht zu gefährden.
„Blacklight Wanderers“ enthält also insgesamt recht undramatische Musik, um es einmal auf einen Nenner zu bringen. Trotzdem können EMBERCROW mit ihrem Konzept überzeugen, die müssen sich auch nicht zwingend den Vorwurf gefallen lassen, langweilig oder eindimensional vorzugehen. Die zehn Songs bringen es auf immerhin gute 50 Minuten, einige Lieder bewegen sich gar in einem Bereich zwischen sechs und acht Minuten Spielzeit, im Genre Gothic Rock schon eine gewisse Hausnummer. Ganz interessant finde ich, dass man sich nicht wie sonst üblich rein auf Eingängigkeit im gesanglichen Bereich beschränkt, ein  gutes Beispiel hierfür ist „Isle Of Origins“, einer der besten Songs, der mit einer angemessen Abwechslung gestrickt ist. Der Gesang agiert sehr variabel, dezent und zurückhaltend bis zu einigen fiesen Growls, aber Chef im Ring ist hier ganz eindeutig die Gitarre, die mit einem einfachen, aber extrem effektiven Riff die Stimmung des gesamten Liedes beherrscht.
Auch sonst wagt man sich an ein paar zumindest lauwarme Eisen heran, Sänger Simon bietet eine passable Palette verschiedener Stilistiken, auch wenn einige Vocals im cleanen Bereich teilweise etwas gepresst wirken. Instrumentell hat man sicher schon verfrickeltere Bands gehört, aber das ist nun wirklich keine große Sache, für ihre Sache brauchen EMBERCROW keine komplizierten Riffs, ständige Breaks und ähnliches, hier agiert man eher konservativ, dazu kommen ein paar locker-flockige Keyboardeinsätze, die niemandem weh tun, aber in den Songs ein paar nette Effekte entwickeln.
Ein nettes Gimmick für Freunde der gamla svenskan Lake Of Tears haben sie noch im Gepäck, das sollte nicht unerwähnt bleiben: Der Rausschmeißer „Return To The Outer Realms“ ist in Teilen ein Cover des Songs „The Path Of The Gods“ vom legendären „Headstones“-Album. Dafür geht der Daumen definitiv nach oben, eine coole Umsetzung eines nicht unbedingt alltäglichen Coversongs, ist das Lied im Original doch fast eine Viertelstunde lang.

„Blacklight Wanderers“ bietet auf einer ordentlichen Spielzeit Gothic-Rock für die eher Zartbesaiteten. Keine Frage, die Musik soll nicht wehtun und das tut sie auch nicht. Man kann das Album prima nebenbei anhören und wird schon seinen Gefallen daran finden. Ein großer Wurf ist es noch nicht, aber wenn man sich weiterhin auf das beschränkt, was hier schon mal ganz gut geklappt hat und vielleicht die Qualitätsschraube insgesamt ein wenig anzieht, kann da zukünftig sicher was gehen. Einen vielversprechenden Auftakt haben EMBERCROW schon einmal geschafft, jetzt gilt es, „Blacklight Wanderers“ mit dem nächsten Album zu veredeln.

Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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