Denk ich an Doom, denk ich an Candlemass. Mit dieser einfachen Gleichung präsentiert sich auch das Infoschreiben zum neuen Album „Doominicanes“ der Polen EVANGELIST. Klar, wer diese Marschrichtung einschlägt, sieht sich früher oder später (eher früher) mit Vergleichen zu den schwedischen Genrevorreitern konfrontiert. Macht nichts, als Hörer ist man ja emanzipiert genug, um sich selber ein Bild zu machen.
Und dieses zeichnen die Krakauer musikalisch durchaus mehrfarbig. Zum einen, um somit auch gleich mit etwaigen Referenzbands aufzuräumen, klingt die Musik schon ziemlich eigenständig, auch wenn man es bei Doom Metal natürlich mit einer in gewisser Hinsicht limitierten Spielart zu tun hat: langsame, tonnenschwere Riffs, klarer, leidender Gesang, den Fokus auf Atmosphäre gelegt, so weit dürfte das alles bekannt sein.<br>
Trotzdem haben EVANGELIST irgendetwas, das aufhorchen lässt. Auch wenn es gerade mal fünf Lieder sind, die eine knappe Dreiviertelstunde Spielzeit unter sich ausmachen, könnte man die Musik fast als eingängig bezeichnen. Das liegt auch daran, dass man sehr auf harmonisches Zusammenklingen der Instrumente bedacht ist. Ebenso geht man kein Risiko ein und belässt es meistensteils bei einfachen Strukturen und wagt erst recht keine Experimente. Lockere Riffs also, hier und da eine Melodie oder ein kurzes Solo, erdige Sounds, sehr tief gespielte Saiteninstrumente, man kennt das ja.
Am Gesang will ich mich mal ein wenig stören. Er ist beileibe nicht schlecht, aber EVANGELIST würden ihre Bandbreite noch einmal verfeinern, wenn sie sich hier den einen oder anderen Ausbruch zutrauen würden. Meine Güte, mal ein Growl ist doch nicht zu viel verlangt, man kann doch nicht nur weinerlich durch die Gegend ziehen! Da ist es schon eine bemerkenswerte Abwechslung, wenn das offenbar als Opus Magnum gedachte „Militis Fidelis Deus“ mit einem hübschen Sakralpart einsteigt und im Refrain extrem hohe Vocals parat hält, die aber trotz persönlicher Abneigung gut passen. Ansonsten tischt man einen zwar wohlschmeckenden, auf die Dauer aber langweiligen Einheitsbrei auf, der nach einer handvoll Durchläufen nicht mehr so richtig munden mag, auch wenn er fraglos qualitativ hochwertig ist.
So ganz schlau werde ich nicht aus „Doominicanes“. EVANGELIST bieten eine Menge guter Ansätze, das gewisse Etwas bleibt aber auf der Strecke. Vermutlich wird man es so mit seinem zweiten Album nicht leicht haben, aus der Masse herauszustoßen. Schade eigentlich, gute Doomer gibt es heutzutage eigentlich kaum noch, da muss man oft schon mit der Lupe hinschauen. Auf Krakau kann man das Instrument mal richten, aber man sollte keine Wunderdinge erwarten.
Wertung: 7 / 10