Das Cover von "In Memoriam" von Evermore.

Review Evermore – In Memoriam

Neben dem klassischen Heavy Metal erlebt derzeit noch ein weiteres Subgenre einen erneuten Frühling: Der Power Metal. Dessen Wurzeln gehen zwar nicht ganz so weit zurück, weshalb statt den 80ern eher die mittleren 90er bis frühen 2000er als Referenz dienen, aber nichtsdestotrotz hat man es auch hier mit einem traditionsreichen Genre zu tun. Dieser Tradition fühlen sich auch die Schweden EVERMORE verpflichtet, seit sie 2020 mit „Nothern Cross“ ihre erste EP veröffentlicht haben. Seither hat das Trio aus Karlskrona mit „Court Of The Tyrant King“ ein überaus gelungenes erstes Album vorgelegt und schiebt nun mit „In Memoriam“ seine nächste volle Platte hinterher.

Auf „In Memoriam“ tun EVERMORE genau das, was in der Einleitung beschrieben ist: Sie transportieren den klassischen Power-Metal-Sound ins aktuelle Zeitalter. So werden die säuselnden Synthie-Streicher und epischen Carl-Orff-Chöre des Intros jäh von äußerst bissigen und vergleichsweise modernen Gitarren sowie Gesang in den höchsten Lagen abgelöst. In Nummern wie „I Am The Flame“, „Broken Free“ oder „Queen Of Woe“ bieten die Schweden also typisch skandinavischen Power Metal mit viel Doublebass, erhebenden Melodien und epischen Refrains; das Ganze abgerundet von entsprechend explosiven Leadgitarren. Das kennt man von Bands wie Insania oder Freternia und es macht auch in der Version dieser Band großen Spaß.

Wenngleich solche Musik von Haus aus eher süßlich ausfällt, lässt „In Memoriam“ bei all seiner stets an Kitsch grenzenden Eingängigkeit den für Metal nötigen Druck nicht vermissen. Die erwähnt modernen Gitarrenwände sorgen vor allem in weniger Keyboard-intensiven Songs wie „Nightfire“ oder „Parvus Rex“ für gehörige Wucht. In diesen Momenten wird auch besonders schön deutlich, dass EVERMORE sich durchaus als waschechte Metal-Band verstehen und mitunter ziemlich kernige Riffs schreiben. Das bildet ein schönes Gegengewicht zu den gezuckerten Melodien und epischen Arrangements der Truppe und bewahrt sie vor einem Kitschfest, wie es einen etwa bei Freedom Call erwartet.

Auch Sänger Johan Haraldsson macht auf „In Memoriam“ einen hervorragenden Job. Mit seiner wohltemperierten Stimmlage passt er perfekt zu dieser Art von pathosschwangerem Power Metal – allerdings klingt er auch wie jeder zweite Sänger einer solchen Band, weshalb EVERMORE hier kaum auf viel Wiedererkennungswert hoffen können. Punktabzug gibt es für den Sound der Platte, denn der fällt leider ein wenig verwaschen aus. Gerade, wenn im Klangbild etwas mehr los ist, vermatschen Synthies und Gitarren zu akustischem Einheitsbrei, wodurch die vielen Details in der Musik der Schweden nur schwer auszumachen sind. Das ist kein K.O.-Kriterium, aber es ist schade.

Mit „In Memoriam“ laufen EVERMORE sicherlich keinerlei Gefahr, das Genre Power Metal zu revolutionieren. Stattdessen punkten die Schweden auf ihrem zweiten Album mit stilsicherem Songwriting, das durch und durch authentisch ausfällt und Fans dieses Sounds auf ganzer Linie zufrieden stellen dürfte. Schön ist auch, dass die Truppe trotz all ihres Traditionsbewusstseins keine Angst davor hat, ihren Sound hinreichend modern aufzuziehen, weshalb dieses Album nie altbacken klingt. Überraschungen erlebt man gewiss anderswo, aber hörenswert ist „In Memoriam“ dennoch von Anfang bis Ende.

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Wertung: 7.5 / 10

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