FATHER GOLEM wurde von Mitgliedern der Heavy-Metal-Band Bajo Zero gegründet. Es war ihr Anliegen, die Musik mehr in Richtung Progressive zu entwickeln und dabei auch neue Herausforderungen anzutesten und den Horizont der Möglichkeiten auszuloten. Ich würde sagen, das ist der Truppe aus Madrid inzwischen gelungen, wie ihr Album „I/O“ zeigt.
Ehrlich gesagt bin ich ganz froh, dass nicht das ganze Werk so vertrackt klingt wie der Opener „Perfect Chaos“, denn der wird seiner Bezeichung ziemlich gerecht. Jazzige Parts und gelegentliche Flamenco-Elemente werden hier in ein äußerst komplexes Progressive-Metal-Gebilde integriert, und nicht unbedingt jeder Wechsel wirkt dabei stimmig. Man hat Mühe, einer Hookline oder einem leitenden roten Faden zu folgen.
FATHER GOLEM haben aber weitaus mehr drauf, als die Geduld und Akzeptanz des geneigten Hörers mit derart verkopften Kompositionen herauszufordern. Im weiteren Verlauf des Albums lassen sich die Spanier von früher Queensryche-Heaviness wie auch melodisch-atmosphärischen Dream-Theater-Trademarks inspirieren. So entwickelt sich insgesamt eine gesunde Mischung aus Dynamik und Melodik und es entstehen Stücke, die durch raffinierte Arrangements und viele instrumentelle Finessen durchaus anspruchsvoll sind, aber auch mit harmonischem Ambiente die Sinne erfreuen.
Der zweite Track „Circle Of Light“, ein vielschichtiger Zehnminüter, ist ein Musterbeispiel für diese ebenso anspruchsvolle wie sinnbetörende Songwritingkunst. Ähnlich variantenreich gestalten sich auch die anderen Stücke, denn mit einer durchschnittlichen Spielzeit von fast acht Minuten gibt es auf „I/O“ keine flotten, geradlinigen Songs zu entdecken. Viele Breaks, Tempo- und Rhythmuswechsel, sich verändernde Intensitäten und interessante Arrangements bestimmen die Kompositionen. Und dabei verstehen FATHER GOLEM es, den Hörer mit genügend Abwechslung bei Laune zu halten. Sie schaffen es, dass keine zwei Songs ähnlich klingen, da sie immer wieder neue Melodien ins Spiel bringen.
Ein ganz einfaches Hörvergnügen erwartet einen auf „I/O“ frelich nicht. Und spezifische Anspieltipps lassen sich im Grunde auch nicht nennen, da einerseits ein konstantes Niveau gehalten wird, und die Songs außerdem teilweise so different sind, dass man sie gar nicht miteinander messen möchte. Hier wird jeder seine eigenen Favoriten finden. Meine sind „Circle Of Light“, „Sole Survivor“ und „Infrared“. Handwerklich darf man auf „I/O“ eine astreine Leistung versierter Künstler bewundern. Lediglich im Gesangsbereich dürfte Dani Castro noch mehr Ausdruckskraft hinter seine eigentlich variable und charismatische Stimme bringen.
„I/0“ hat für einen Prog-Fan, der vielschichtige, abwechslungsreiche Kost vorzieht, eine Menge zu bieten. Wer nur die komplex-vertrackte oder die atmosphärisch-harmonische Marschroute mag, findet aber auf jeden Fall auch einige ansprechende Stücke. Somit kann ich das neue Werk von FATHER GOLEM den Anhängern des Progressive Metal auch durchweg empfehlen.
Wertung: 7.5 / 10