Von Zeit zu Zeit krame ich manchmal in meinem CD-Regal und stöbere nach den Scheiben, die ich schon seit Ewigkeiten besitze, an die ich mich aber gar nicht mehr richtig erinnern kann. Nach einem kurzen Blick fiel heute die Wahl auf FERRO IGNIQUEs „World Wide War“, und dieses Werk soll nun etwas genauer untersucht werden. Die deutsche Kapelle existiert seit 1996 und veröffentlichte zwei Jahre später, nach einer Demo Veröffentlichung, dieses Album, was bisher auch ihr einziges blieb. Das Beiheft ist sehr sparsam gestaltet, dafür aber recht edel. Statt normalem Papier entschied man sich für eine Art schwarzes Hochglanzpapier und die Schrift ist in glänzendem Silber gehalten, sehr schick. Abgedruckt wurden nur die Grüße der einzelnen Mitglieder und Porträts ihrer Köpfe, wobei sich sicher darüber streiten lässt, ob die hier verwendete Gesichtsbemalung wirklich nötig war, nur um ein althergebrachtes Klischee einzuhalten. Das soll aber hier nicht weiter stören, denn schließlich gehört das nur zur Verpackung.
FERRO IGNIQUE kommt aus dem Lateinischen, heißt zu Deutsch soviel wie „Mit Feuer und Eisen“, kann aber auch mit „Feuer und Schwert“ übersetzt werden. Titelbezeichnungen, wie „Enthral Christ Demonsides“, „Of Altars and Virgins“ oder „Sundown (over the Realm of Christ)“ dürften wohl recht schnell klar werden lassen, gegen wen Selbiges hier gerichtet wird; FERRO IGNIQUE wettern auf neun Stücken zumeist fleißig gegen das Christentum und seine Anhänger. Wie sie das verbal tun, kann ich nicht weiter beurteilen, da mir die Texte nicht vorliegen, musikalisch jedoch taugt „World Wide War“ definitiv als gut geschärftes, wirkungsvolles Eisen. Die Platte beginnt, ohne Vorwarnung, indem uns Fluch den Titel des ersten Stückes, „Enthral Christ Demonsides“, entgegenkrächzt. Kaum ausgesprochen, holzen FERRO IGNIQUE los. Eingängige Black Metal Riffs, spielsichere Schlagzeugarbeit und ein sehr eigener, wunderbar kratziger Gesang, der nicht selten an (Im)mortal’s Abbath zurückdenken lässt, werden hier geboten. Die Musik spielt sich zumeist eher im oberen Tempobereich ab, an einigen Stellen wird das Tempo jedoch auch gedrosselt, so dass die Abwechslung nicht zu kurz kommt. Das klingt alles sehr amtlich und macht Lust auf den Rest des Albums und somit folgt Track zwei „Perceiving the Signs“, der keine großartigen Unterschiede in der Machart aufweist. Wieder bolzt man selbstsicher drauf los und bringt dieses Mal auch die eine oder andere schöne Gitarrenmelodie ein. In einigen Passagen entschließt sich Fluch eher eine Art Sprechgesang von sich zu geben, als richtig zu singen und dann und wann höre ich ein wenig Attila, der nun wieder bei Mayhem agiert, heraus. Diese kleinen Einsprengsel schaden dem Album jedoch nicht, bereichern den Gesamteindruck sogar eher. „Of Altars and Virgins“ ist als nächstes an der Reihe und mit seinen 2:47 das kürzeste Lied auf dem Album. Durch die kurze Spielzeit ist es schön prägnant, direkt ohne großen Spielraum für Fehltritte und trifft somit genau auf den Punkt.
Nun kommen wir zum Höhepunkt des Albums, „In the Forest of frozen Time“. Nach einem kurzen Anlauf, in Form von eher im Midtempo-Bereich anzusiedelnden Gitarrenspiel, beginnt ein treibendes Riff, das Tempo wird angezogen, die Doublebass prescht wunderbar nach vorne, die Snare hämmert gewaltig und über dem Inferno ertönt das krächzende, verächtliche Gelächter des Sängers, was besser nicht passen könnte. Was für eine Stelle, großartig! Die gesamte Passage erinnert sehr an typische Nargaroth Songstrukturen, was mein Herz sowieso sofort höher schlagen lässt und mich immer wieder dazu verleiten will, nach einer Minute den Track von vorne zu spielen und in das Gelächter einzustimmen. Zu meinem Entzücken wiederholt sich dieser Part im Laufe des Stückes jedoch noch mehrere Male und ich kann mit der Rezension fortfahren. Nach gut zweieinhalb Minuten verwenden FERRO IGNIQUE einen fremd anmutenden Effekt, der wie ein „Flanger“ klingt (eine Art künstlich erzeugter „Pseudo-Stereo“ Effekt). Dieser wirkt wie sehr lautes, künstlich erzeugtes Windheulen, das immer zwischen der linken und rechten Box hin und her schwenkt. Man sollte das am besten selbst hören, da es offenkundig schwer zu beschreiben ist. Nach diesem Ausflug in eher stilfremde Gebiete folgt ein kurzer akustischer Part, der schon fast besinnlich wirkt, nur um auf die anschließende Weiterführung des bisher gehörten vorzubereiten. Die musikalischen Hauptthemen wiederholen sich noch einige Male und nach knapp siebeneinhalb Minuten schließt das Stück mit einem Decrescendo. Was nun folgt weiß ich nicht so recht einzuordnen. Nummer fünf „DCLXVI – Paradise Parasites“ besteht aus knapp vierzig Sekunden musikalischer Raserei, in der uns Fluch irgendetwas in Deutsch entgegenkrächzt, während Nummer sechs „Under The Hell Shelter“ scheinbar das gleiche Stück zu sein scheint, nur dass es diesmal rückwärts abgespielt wird. Dieses kurze Interludium hinterlässt zwar Fragezeichen über meinem Kopf, ist aber irgendwie interessant. „Sundown (over the Realm of Christ)“ ist ein weiteres Stück solider Schwarzmetall, mit guten Melodien, abwechslungsreichem Songwriting und dem prägnantem Gesang von Fluch. Mit „G.G.C.“ kommt nun wohl der schwächste Song auf „World Wide War“ an die Reihe. Die Musik ist durchaus auf demselben soliden Niveau wie der Rest der Platte, aber der Gesang wurde mit einem Effekt unterlegt, der mich an diese Stimmenverzerrer für Kinder erinnert, eingestellt auf „Alien“. Falls das besonders diabolisch klingen sollte, ging es auf jeden Fall mächtig in die Hose. Der neunte und letzte Beitrag ist „Seelenwinter“. Komplett auf Deutsch vorgetragen bildet dieser Song noch mal interessante Abwechslung und einen gelungenen Abschluss für ein wirklich gutes Stück Black Metal.
Was haben wir nun? Wir haben gute Instrumentalarbeit, abwechslungsreiches Songwriting, Melodien mit Wiedererkennungswert, und eine prägnante Stimme. Was ich eventuell zu bemängeln hätte, ist das Schlagzeug. Dieses klingt ab und an etwas zu synthetisch, so dass ich manchmal das Gefühl habe, da sitzt ein elektronischer Kollege am Schlagwerk. Außerdem hätte man die Produktion gerne noch ein wenig rauer gestalten dürfen, es wirkt alles ein wenig glatt. Davon abgesehen: Vier wirklich gute Stücke, ein herausragendes, zwei eher ungewöhnliche Zwischenparts und ein etwas schwächeres Lied ergeben bei mir insgesamt acht Punkte und ich bin froh, dass ich durch diese Rezension „World Wide War“ erneut für mich wieder entdeckt habe.
(Hendrik Brinkmann)
Wertung: 8 / 10