Review Foo Fighters – Medicine At Midnight

  • Label: RCA
  • Veröffentlicht: 2021
  • Spielart: Rock

Die FOO FIGHTERS gehören einer aussterbenden Art an. Der Art der Stadionrocker, die mit ihren Songs und ihrer Show zehntausende Menschen von jung bis alt begeistern können, für die keine Bühne und kein Stadion zu groß ist und die noch wirklich echten, handgemachten Rock spielen. Die Truppe um Fronter Dave Grohl hat ihn aber noch, diesen besonderen Spirit des Stadionrocks, der gerade im Moment so schmerzlich vermisst wird. Dieses Image kann Musikern aber auch schnell zum Fluch werden. Vor allem dann, wenn neue Alben nur noch pro forma erscheinen und weder Band noch Fans wirklich Bock auf neues Material haben. Live werden schließlich sowieso nur die Klassiker gespielt. Aber die FOO FIGHTERS wären nicht die FOO FIGHTERS, wenn sie nicht auch diese Klippe problemlos umschiffen würden. Nach einer musikalischen Reise durch Amerika („Sonic Highways“) und einem Beatles-Album im Motörhead-Gewand („Concrete & Gold“) hatte Dave Grohl diesmal Lust auf David Bowie und den klassischen 90er-Jahre-Rocksound, der die Band groß gemacht hat. Heraus kam „Medicine At Midnight“, das mittlerweile zehnte Album der Band.

Aber Moment mal, David Bowie trifft auf 90er-Rock und heraus kommt ein FOO-FIGHTERS-Album? Ja. Und nein. Denn auch wenn an ein paar Stellen durchaus Einflüsse aus Bowies Schaffensphase in den 70ern erkennbar sind, so wird „Medicine At Midnight“ doch hauptsächlich vom lockeren Garagensound der frühen FOO FIGHTERS dominiert. Daran ändern auch Klangexperimente wie die erste Single „Shame Shame“ nichts, die so manchen Hörer anfangs ratlos zurückgelassen haben dürfte. Die Nummer ist ganz klar das exotischste Stück des Albums und passt mit geloopten Drums, Streichern und sparsam eingesetzten Gitarren erstmal so gar nicht zum Sound der Band. Doch sobald Dave Grohls Gesang einsetzt, ist er doch irgendwie da, dieser typische FOO-FIGHTERS-Spirit.

Das war es dann auch schon mit den großen Experimenten, was im Falle von „Medicine At Midnight“ aber ein wahrer Glücksfall ist. Denn so lässig und frei haben die FOO FIGHTERS seit „Wasting Light“ nicht mehr gerockt. Egal ob der Einstieg „Making A Fire“ mit seinem hymnischen Refrain, „Holding The Poison Down“ mit einem typischen 90er-Groove oder das knallende „No Son Of Mine“, bei dem die Saitenfraktion komplett frei dreht – dem zehnten Album der FOO FIGHTERS tropft der Rock aus allen Poren. Und als echte Stadionband braucht es natürlich auch wieder einen Song, der nach Tausenden von Feuerzeugen bzw. Smartphones und textsicheren Fans schreit. Auf „Medicine At Midnight“ übernimmt diesen Job „Waiting On A War“. Die Nummer beginnt ruhig, steigert sich dann erstmal in eine unglaubliche Hook, baut sich immer weiter auf und explodiert schließlich in einem grandiosen, wilden Finale. Vor dem geistigen Auge sieht man förmlich, wie erst ein Meer aus Lichtern in der Menge aufflammt, der Refrain aus unzähligen Kehlen mitgesungen wird, die Anspannung und Vorfreue dann immer weiter und weiter steigt und sich schließlich in Mosh-Pits und Crowdsurfern entlädt. So geht großes Rock-’n‘-Roll-Kino!

Ein Hauch experimentell wird es dann nochmal beim Titelsong, der leichte 70er-Disco-Vibes aufkommen lässt und wohl noch am ehesten so etwas wie eine Spur Bowie enthält. Einen würdigen Abschluss findet „Medicine At Midnight“ mit „Love Dies Young“, das so auch ohne Probleme auf dem 97er-Meistwerk „The Colour And The Shape“ hätte stehen können. Der Song lebt von seinem grandiosen Offbeat und einem erneut wahnsinnig packenden Refrain, der sofort zu einem Ohrwurm wird.

Mit „Medicine At Midnight“ liefern die FOO FIGHTERS ihr bestes Album seit „Wasting Light“ ab und die Scheibe hat auch schon zehn Jahre auf dem Buckel. Wem „Concrete & Gold“ und „Sonic Highways“ zu viel PR-Spektakel und zu wenig Rock waren, wird an Album Nummer zehn große Freude haben. Da sieht man wieder: Es braucht keine große Story um ein Album, wenn es einfach guten, ehrlichen Rock enthält.

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Wertung: 9 / 10

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