Review Forgotten Souls – Sirius 12

Zum vierten Mal holen die polnischen Extreme-Progger FORGOTTEN SOULS die Keule raus und servieren mit „Sirius 12“ ihr erstes Album seit vier Jahren. Die ins Land gegangene Zeit hat man offensichtlich gut genutzt, zumindest hat man sich stilistisch neu ausgerichtet. Dominierten auf früheren Veröffentlichungen noch gotische Doom-Klänge, kommt die Musik inzwischen wie gesagt deutlich extremer und progressiver daher.

Die alten Sachen kenne ich nicht. Somit gehe ich unbefangen an „Sirius 12“ heran und freue mich über die mitunter harschen Klänge, die das Quintett aus Krakau in einer guten Dreiviertelstunde entfacht. Der Gesang ist fast durchgehend absolut death-metal-tauglich und passt sich somit sehr harmonisch dem harten, rauen Gitarrensound an. Klampfer Kryzstof drischt ein Riff nach dem anderen heraus, tut dies aber mit Sinn und Verstand, denn die Gitarrenläufe haben Ecken und Kanten. Klingt im ersten Moment paradox, aber das ist durchaus positiv gemeint, denn Musik von der Couleur der Polen verlangt einfach die eine oder andere Unsauberkeit.
Natürlich geht es auch anders, spielend leicht zaubern FORGOTTEN SOULS Riffkombinationen, die Hand in Hand mit dem Schlagzeug als zweitem Fundament gehen. Auch im vokalpraktischen Bereich zeigt sich die Band im Verlaufe des Albums variabel, ab „The Black Tzar“ wechselt Fronter Olaf für eine längere Zeit in den Klargesang, der die Grenze zum „aufgesetzt wirken“ so gerade eben nicht überschreitet. Dabei erinnert er mich an einen (mutmaßlich) skandinavischen Sänger, Parallelen zu Mätze von The Sorrow sind allerdings auch unverkennbar, dies gilt im Nebensatz gesagt hier und da auch für die Musik.

Mit dem softeren Gesang setzt generell eine etwas ruhigere Phase auf „Sirius 12“ ein. „Na Horyzoncié“ (auch für den des Polnischen Unmächtigen dürfte die deutsche Übersetzung „Am Horizont“ nicht fern liegen) glänzt mit hymnischem Einschlag, bei dem das Keyboard zum ersten Mal eine dominante Rolle übernimmt. Eine stimmige Abwechslung, aber nur für kurz, denn schon der Titeltrack setzt wieder da an, wo FORGOTTEN SOULS vor dem entspannenden Intermezzo aufgehört haben.
Völlig kritiklos kann ich den Fünfer allerdings nicht entlassen. Auf ihrem vierten Longplayer machen die Polen vieles richtig, ein wenig verkaufen sie sich aber unter Wert. Technisches Vermögen, Mut zur Aggression, etwas Progressivität und Leidenschaft sind eigentlich alle Zutaten, die ein Klasse-Album braucht, leider, leider bleibt der Wiedererkennungswert dabei aber etwas auf der Strecke. Das Album klingt am Stück hervorragend, trotz einiger Geschwindigkeitsunterschiede wie aus einem Guss, aber einzelne Songs bleiben zu wenig im Ohr.

Ärgerlicherweise ist der Kritikpunkt natürlich kein unwesentlicher und das ist das Manko, welches „Sirius 12“ anhaftet. Freunde härterer Gangarten von den genannten Melo-Deathern The Sorrow bis hin zu Machine Head („The Sum Of All Suns“!!!) werden mit dem Konzept sicher schnell warm, werden aber die zwei oder drei entscheidenden Songs vermissen, die aus der Masse herausstechen. Trotzdem ein überzeugendes Album für die härteren Zeiten im Leben.

Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert