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Review Guhts – Regeneration

Post-Metal und Frauengesang passen gut zusammen, stellen doch melodische Vocal-Passagen einen schönen Gegensatz zur harten, wenn auch zumeist atmosphärischen Riffgewalt des Instrumentariums dar. Emotional intensiver kann das Dargebotene werden, wenn frau die melodischeren Gefilde verlässt – Julie Christmas hat es auf „Mariner“ (zusammen mit Cult Of Luna) vorgelebt. Durchaus ähnlich gehen hier die New Yorker GUHTS vor, deren Frontfrau Amber Gardner eine eindeutige stimmliche Verwandtschaft zu Christmas aufweist. „Regeneration“ ist trotzdem so viel mehr als ein bloßes Plagiat der Werke der ebenfalls aus der Ostküstenmetropole stammenden Post-Metal-Queen.

Die Grundzutaten der GUHTS-Kompositionen sind schnell aufgelistet: latent doomiger Post-Metal, eine Prise Sludge und eine Messerspitze Shoegaze, ergänzt um ein bisschen Pianogeklimper hier und da. Geklimper mag ein wenig abwertend klingen, so ist es aber nicht gemeint: Das Tasteninstrument sorgt vielmehr für eine Verstärkung der intensiven und düsteren Atmosphäre der sieben Songs, manchmal auch für einen Funken charmanter Disharmonie, aber niemals für die alles tragende Melodie. Oder anders gesagt: Wäre es nicht vorhanden, würde es dem Song nicht gleich die Essenz rauben – denn für diese sind ausschließlich die Saiten- und Schlaginstrumente verantwortlich.

Spannend ist „Regeneration“ vor allem aufgrund der (im Vergleich zu „Mariner“) größeren stilistischen Bandbreite. Ja, es gibt die typisch schweren, räudigen Gitarrenwände, aber eben auch extrem melodische, beinahe zarte Songabschnitte, sowohl auf instrumentaler als auch auf stimmlicher Ebene. Gardner kann sich, ähnlich wie Christmas, psychotisch die Seele aus dem Leib schreien, aber an anderer Stelle auch sehr zurückgenommen, harmonisch und intim agieren. Das ist noch nicht vollumfänglich der Shoegaze-Schublade zuzuordnen, kontrapunktiert die harten Passagen aber ausgezeichnet und sorgt auf Albumlänge für Abwechslung.

Gleich der mehr als acht Minuten lange Opener „White Noise“ verdeutlicht diese Kontraste sehr gut, während „Handless Maiden“ als kompakte und klassische New Yorker Noise-Post-Hardcore-Nummer mit einer Laufzeit von exakt dreieinhalb Minuten genauso gut funktioniert. Mit „Generate“ (besser gesagt, dem Chorus des Songs) haben GUHTS noch einen echten Ohrwurm in der zweiten Albumhälfte am Start und der Closer „The Wounded Healer“ fährt noch einmal alle Register in Sachen Intensität, Atmosphäre und Härte auf, was ihn vielleicht sogar zum Höhepunkt auf „Regeneration“ macht.

Wer Fan von atmosphärischem (Post-)Hardcore-, Sludge- und Noise-lastigem Post-Metal ist, sollte hier auf jeden Fall mal reinhören. Auch wenn Julie Christmas seit dem Erfolg von „Mariner“ ab und an wieder live auftritt, gibt es in Sachen Studioaufnahmen wenig, was die Lücke schließt, die nicht mehr existente Bands wie „Made Out Of Babies“ oder „Battle Of Mice“ hinterlassen haben. Das somit mehr als beeindruckende Debüt von GUHTS triggert hier den richtigen Nerv und macht „Regeneration“ zu einem Highlight des Genres, von dem sich so manche etablierte Band in Sachen Qualität und Songwriting durchaus ein Scheibchen abschneiden könnte. Großes (Kopf-)Kino!

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Wertung: 9 / 10

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