Review HeXen – Being And Nothingness

  • Label: Pulverised
  • Veröffentlicht: 2012
  • Spielart: Thrash Metal

Es ist unbestreitbar, dass derzeit eine Thrash-Welle rollt, die viele gute Bands der 90er, wie z.B. Exodus oder Overkill aus prekären Existenzverhältnissen zurück auf die Bühnen bringt. Das Fahrwasser solcher Trends ist natürlich ein fruchtbarer Boden für neue Inkarnationen derselben, da besondere Beachtung garantiert ist. Die Gesetze von Angebot und Nachfrage beinhalten jedoch auch, dass Hypes eine Blasenbildung begünstigen und den Keim eines Crashs beinhalten, der dann zu einer Bereinigung des Angebots führt. Diese ist wiederum besonders gefährlich für diejenigen, die erst spät in diesen Markt eintreten.

Wie stehen also die Überlebenschancen für HEXEN, die mit dem Titel ihres zweiten Albums „Being Or Nothingness“ diese Gefahr aufzugreifen scheinen? Ihr Erstlingswerk 2008 mit dem Titel „State Of Insurgency“ ließ aufhorchen und hat Lust auf den Nachfolger geweckt. Sie erschienen wie ein ungezähmter Hengst in der Szene, bereit, über jeden Zaun zu springen, ohne Rücksicht alles niederzutrampeln, um der immensen Leidenschaft maximalen Raum zu geben. Sehr aggressiv, jedoch mit virtuosen Gitarrenläufen im Gepäck, kam eine Idee davon auf, wie sich das Genre allgemein weiterentwickeln könnte: als eine Spielart rebellischen Punks mit den Mitteln des Thrash. Es kam anders: Der Thrash-Mainstream wildert inzwischen im Bereich des Death Metal und wird dadurch schwer und introvertiert. Aber ich beginne abzuschweifen…

HEXEN geht mit dem Album „Being Or Nothingness“ einen anderen Weg. Sie bauen progressive Elemente ein. Das erscheint eine gute Idee, weil es der technischen Raffinesse der Saitenzupfer entgegenkommt. Diese erhalten auf dem Album die Möglichkeit, herrlich klare Gitarrenläufe zu fabrizieren, die mich abheben lassen und den Freunden des gleichermaßen melodiösen wie virtuosen Spiels höchste Genüsse bescheren.

Leider sind damit sämtliche positiven Attribute des Albums aufgezählt. Der Gesang, das Songwriting und die Produktion sind nicht nur mangelhaft, sondern fallen in ihrer Qualität hinter das Debutalbum zurück.

Im Einzelnen: Andre, der neben seinem Gesang den Bass bedient, ist bisher schon nicht als Thrash-Tenor aufgefallen. Er ist nur ein Shouter, konnte jedoch der brutalen Gangart des Vorgängeralbums zusätzlichen Druck verleihen. Beim gegenwärtigen Album, das klarer und progressiver angelegt ist, zeigt sich, dass diese Band einen Sänger gebrauchen könnte, der ein gewisses Spektrum an unterschiedlichen Spielarten im Repertoire hat, der auch mal eine Melodie unterstützen kann und über mehr als eine Oktave Stimmumfang verfügt.

Das Songwriting war bei „State Of Insurgency“ schon schlecht und auch beim aktuellen Album zeigt sich keine merkliche Verbesserung. Es gibt keine kohärente Songstruktur, vieles erscheint zufällig aneinander gereiht. Zwar ist dies immer eine Gefahr bei progressiven Alben, aber auch dort ist es möglich, musikalische Themen aufzubauen, die Songs eigenständig erscheinen lassen.

Die Produktion ist klinisch steril. Es entsteht unweigerlich eine Distanz zum Hörer. Er wird eher dazu gebracht, konzentriert auf die Musik zu achten, anstatt sich in sie hinein zu begeben. Das ist besonders schade angesichts der mitreißenden (wenn auch technisch nicht so versierten) Produktion des Vorgängeralbums. Natürlich wird so die brillante Spieltechnik in den Vordergrund gerückt, aber das leidenschaftliche Abhotten bleibt auf der Strecke.

Es besteht also die konkrete Gefahr, dass HEXEN als Band eine wahrscheinliche Marktbereinigung nicht überlebt. Das wäre extrem schade, weil gerade die Arbeit an den Gitarren hervorragend ist. Damit meine ich nicht das Riffing, sondern die Leads. Jedoch kann niemand im Ernst erwarten, insbesondere mit einer so schwachen gesanglichen Leistung und einer derart uninspirierten Produktion, einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.

(Nicolas Sander)

Wertung: 5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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