Review Human Debris – Life Off Formation

Manche Bands sind schon lange Zeit aktiv, jedoch blieb ihnen der große Durchbruch stets verwehrt. Auch HUMAN DEBRIS aus Deutschland gibt es schon seit 2000, dennoch legen sie nun in Eigenregie mit „Life Off Formation“ erst ihr drittes Studioalbum vor. Aufgrund eines fast vollständigen Line-up-Wechsels, von dem nur Gründer und Ex-SuidAkrA-Gitarrist Sebastian Jensen sowie der 2009 beigetretene Schlagzeuger Ken Jentzen verschont blieben, kann man also fast von einem kleinen Neuanfang sprechen.

Bereits nach den ersten Songs bestätigt sich, dass die Band ihr selbstgesetztes Ziel, nicht eine weitere Standardkopie einer Melodic-Death-Metal-Band zu sein, problemlos erreicht hat. Zwar tauchen hier und da immer wieder Elemente auf, die stark an konkrete Formationen aus diesem Genre erinnern, insgesamt kann man den Musikern aber durchaus einen eigenen, wiedererkennbaren Stil attestieren. Besonders positiv sticht dabei die Detailverliebtheit bei den Riffs und Melodien hervor. Hauptkomponist Jensen begnügt sich meist nicht damit, einfach strukturierte Metal-Riffs und Melodien in ausgelutschten Harmonieabläufen aufeinanderzukleben, sondern verschachtelt und verschnörkelt sie gekonnt ineinander, sodass man oft zwei oder drei Mal hinhören muss, bis man alles entdeckt hat. Zusammen mit dem zwar nicht innovativen, aber angemessen energetischen Schlagzeugspiel Jentzens und einer stimmigen, warmen Produktion schafft die Truppe es so mit Leichtigkeit, eine für Melodic Death Metal außergewöhnliche Härte mit filigranen Melodien und Riffs zu verbinden.
Doch so sehr sich HUMAN DEBRIS in Sachen Detailreichtum über andere Bands zu erheben verstehen, so sehr mangelt es ihrer Musik leider an sinnvoller Strukturierung und Wirkung. Die Songs machen überwiegend den Eindruck eines großen Riff-Sammelalbums, in dem jede gute Idee abgeheftet, jedoch zu so gut wie keinem Zeitpunkt in einen stimmigen Gesamtkontext gebracht wurde. Infolgedessen fällt es der Truppe enorm schwer, über die eigentlich angemessene Laufzeit von 45 Minuten wirklich erinnerungswürdige Momente zu kreieren. Immer wieder kann man zwar objektiv die Sorgfalt bewundern, mit der die einzelnen Riffs musikalisch ausgearbeitet wurden, doch spätestens nachdem ein Song beendet ist und der nächste begonnen hat, hat man als Hörer schon wieder vergessen, was da gerade überhaupt aus den Boxen schallte.

Erstaunlicherweise liegt das, anders als bei vielen anderen Bands, gar nicht einmal so sehr daran, dass die Songs untereinander zu ähnlich klingen. Im Gegenteil, mit Midtempo-Stücken wie „Chalysery“ oder düsteren Beinahe-Technical-Death-Metal-Songs wie „‘Til Death Do Us Apart“ ist eigentlich genug Abwechslung geboten. Tatsächlich ist es eher die Flut an schwer einzuordnenden Zusammenstellungen, die das Album so anstrengend macht und auch nach mehreren Durchläufen etwas ratlos zurücklässt. Dass HUMAN DEBRIS für eine melodische Band zudem erschreckend emotionslos zu Werke gehen, verstärkt diesen Eindruck zusätzlich. Wie schwer sich die Musiker dabei tatsächlich tun, zeigt die katastrophal misslungene Ballade „Rotation“ mit ihren unerträglich schief und unprofessionell eingesungenen Clean-Vocals und nichtssagenden Melodieläufen, die schlicht nirgendwo hinführen und das knapp sechs Minuten lange Stück zur puren Qual werden lassen.
Doch vieles macht die Band auch richtig. Die instrumentale Leistung spielt sich auf hohem Niveau ab, die neu hinzugekommene Sängerin Elena Cor Tauri liefert eine beachtliche Gesangsperformance ab und viele musikalische Momente erinnern im positiven Sinne an die Verspieltheit des Frühwerks von In Flames, nur eben mit einem eigenen, modernen Anstrich. So findet man letztlich doch Gefallen an sehr vielen Ideen, die vielleicht eben nicht im Kontext, aber zumindest für sich alleinstehend fast ausnahmslos absolut bemerkenswert umgesetzt wurden.

„Life Of Formation“ ist als Neustart für das neue Line-up von HUMAN DEBRIS ein akzeptables Album geworden. Zwar mangelt es im Songwriting an einigen Punkten noch sehr an Koheränz, das instrumentale Können und die Arrangierfähigkeiten der Band sind aber zu beinahe jeder Sekunde in den 45 Minuten Laufzeit klar ersichtlich. Das Potential ist also da, nun gilt es nur noch die bestehenden Schwachstellen beim nächsten Versuch auszubessern.

Wertung: 6.5 / 10

Publiziert am von Simon Bodesheim

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