Review Hyperial – Sceptical Vision

„The metaphor of something what cols itself live“.

Was stimmt hier nicht?
Ja, richtig, es müsste „that“ statt „what“ heissen, erkennt der gebildete Leser und amüsiert sich über die putzigen anderen Rechtschreibfehler.Mir fielen die Fehler auf, währenddessen ich HYPERIALs Werk „Sceptical Vision“ auf Herz und Nieren überprüfte.
Dererlei Schreib-, Sinn- und Grammatikfehler gibt es im sonst sehr schönen Booklet zuhauf und man fragt sich beim anfänglichen Querlesen, warum die Polen niemanden über die Texte haben schauen lassen. Später mehr dazu.

Doch lösen wir uns zunächst von der Oberlehrerperspektive und lassen „Sceptical Vision“ mal auf uns wirken. Das Album befindet sich thematisch in der Tschernobyl/Nuklearkrieg-Ecke (nukular, das Wort heißt nukular) und die vier Jungs, die ein Mädel umsäumen spielen laut eigener Aussage progressiven Death/Black Metal. „Sceptical Vision“ bewegt sich allerdings meistens im melodischen Death Bereich, echte Blackanteile konnte ich nicht ausmachen.
Das Album startet mit „Nemesis“, einem recht belanglosen sphärischen Keyboardintro und setzt dann direkt mit dem Quasi-Titeltrack „Sceptical Mind“ ein. Jenes Lied übrigens mit der peinlichen Englischleistung weiter oben.“Sceptical Mind“ startet ganz vielversprechend mit einem Schrammelriff und einem wuchtigen, dann schneller werdenen Schlagzeug. Folgend setzt der Doublebass-Teppich ein und jemand growlt zu einem getragenen und schnell unterballertem Riff. Dann gibt es einen Knüppelpart und danach einen groovig-ruhigen und man denkt sich: „Soweit solide“, denn das alles geschieht in den ersten 2 Minuten!Tatsächlich ist der Titeltrack um es mal vorweg zu nehmen, eine der eher guten Leistungen auf dieser Scheibe.
Lediglich die Keyboarduntermalung wirkt sehr fehl am Platze. Sie beschränkt sich lediglich auf sphärische Untermalung und hat wie bei fast allen Songs keinerlei Melodieführungsaufgabe. Generell finde ich es ja begrüßungswert, wenn der Keyboardpart in einer Band nicht im Gameboy-Gedudel endet, aber die Finger immer nur auf ein bis drei zur Tonart passenden Akkorden festgenagelt zu haben, ist einfach kein Anspruch.Vergleichweise kreativ fällt das Schlagzeugspiel von Drummer „Shpagat“ aus, womit selbiger gelungen wäre.
Der gute Mann rattert durch diverse Tempi und zeigt sich gut variabel. Was das angeht, macht „Sceptical Vision“ auch Spaß, denn über Abwechslung kann man sich nicht beschweren. Dasselbe gilt für die Gitarrenarbeit. Die beiden Klampfen, Vocalist Grochu spielt unterstützend die Rythmusgitarre, sind allerdings grauenhaft abgemischt. Manchmal gehen sie viel zu leise und matschig, im Vergleich zum Keyboard, völlig unter.Aber, Ei drüber, das Riffing ist durchweg äußerst abwechslungsreich. Möglicherweise liegt hier der progressive Hund begraben, mit der die Band sich selbst bewirbt.
Meiner Meinung nach gehört allerdings mehr zu musikalischem Anspruch, als dutzende differierende Riffs in wechselndem Tempo aneinanderzuhängen und es birgt auch eine große Gefahr: Ein echtes Konzept nämlich, das sucht man bei HYPERIAL verzweifelt und vergeblich. Es ist nicht so, dass es nicht unterhaltsam ist, wenn eine Band sich abwechslungsreich zeigt, hier aber besteht innerhalb der Songs kaum eine Kausalität. Anders gesagt: Man könnte auch die Songfragmente auschneiden und in völlig unterschiedlicher Reihenfolge wieder zusammensetzen, das würde keinen Unterschied machen. Es gibt kaum eine Stelle, an der ein Riff nicht austauschbar wäre. Das Gerüst wirkt beliebig, auch wenn es über weite Strecken kompetent gespielt ist.Summa sumarum könnte man böswillig behaupten, hier wird die Progressivität vorgeschoben, um willkürliches Lego-Songwriting zu betreiben.
Ausreißer wie beispielsweise das eingängige „Armageddon“ können diesen Eindruck nicht wettmachen. Immerhin der Bonustrack „Belly Of The Beast“ ist als Danzig-Coversong in bester Graveworm-Manier geklöppelt und auch recht unterhaltsam.

Wenden wir uns erneut der Thematik und den Lyrics von „Sceptical Vision“ zu. Hier ist es ja jedem selbst überlassen, wie viel Bedeutung er der textlichen Versiertheit einer Band beimisst. Um den Eindruck zu vermeiden, eine Art Bashing zu betreiben, lasse ich nun mal jedwede sarkastischen Sprüche stecken und belasse es dabei zu sagen, dass ein Großteil der Songtexte von HYPERIAL relativ peinlich sind. Es handelt sich um ungelenke Gedankencollagen ohne Struktur, mit beachtlichen Englischmängeln und in vielen Fällen steht man einfach wie der Ochs vom Berg, weil die Formulierungen so seltsam sind, dass man den Sinn nicht ergründen kann. Ein Beispiel wäre, ich kann nicht umhin, beispielsweise folgende, alleinstehende (!) Textzeile in Originalwortlaut:

„They are blood an death’s song
Are they?
Do I feel?
I’m a live?
And they called existence world
And we are the artists“

Ich meine, was soll man dazu sagen, außer ein wohlwollendes „Hände weg“ an Leute, denen was an Textkunst liegt, zu adressieren?Die Lyrics werden auch nicht dadurch aufgewertet, dass Sänger Grocha sie recht gekonnt growlt und der Gesang insgesamt zwar etwas zu leise aber sonst solide ist.
Fazit: Sieht man von textlichen Schwächen ab und hat Spaß an chaotischem Bausteinsongwriting und melodischem Death Metal a la Graveworm, greift man zu, ansonsten lässt man es tunlichst.
(Tobi H.)

Wertung: 5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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