Review Jotunspor – Gleipnirs Smeder

  • Label: Satanas Rex
  • Veröffentlicht: 2006
  • Spielart: Black Metal

Eine Band, deren Name JOTUNSPOR zu Deutsch „die Spur des Bergriesen“ bedeutet, lässt entweder etwas paganes, womöglich mit einem Hang zu fesselnder Atmosphäre, oder etwas doomiges, lebend von schweren Gitarren und einer tiefen Männerstimme, vermuten. Lüftet sich das Geheimnis um die Mitglieder jener Band, wird deutlich: Weder Pagan noch Doom, sondern Black Metal hat uns zu erwarten. Kvitrafn, ehemals langhaariger Schlagzeuger der Szenegröße Gorgoroth und mittlerweile kurzgeschorener Alleskönner bei Wardruna, sowie King, Bassist von God Seed, nahmen das sieben Stück umfassende „Gleipnirs Smeder“ auf.

Wer hier jedoch „truen“ 90er-Jahre-Black-Metal erwartet, irrt. Stattdessen bekommt der geneigte Zuhörer von JOTUNSPOR ein Debut mit tatsächlich fesselnder Atmosphäre und schweren Gitarren, serviert in guter Audioqualität und mit Abstechern in ambiente Gefilde.

Der Opener „Gleipnirs Smeder“ zeigt die Richtung für die kommenden Lieder an: Minimalistisch bei der Nutzung von Instrumenten, sparsam bei der Verwendung von sich überlagernden Melodien, aber trotzdem sofort im Ohr! Druckvoll, packend, ich bin total gespannt auf das Kommende – aber „Svartalvheims Djup“ ist überraschend anders. Bedrückend wie die Angst im Dunkeln, beklemmender als sämtliche Filme der Saw-Reihe zusammen, ein Ambientstück ohne Bouble Bass oder Gitarren, sehr gelungen. Die folgenden „Solartjuven“, „Freke Han Renn…“ und das vor Energie platzende „Sol Mun Svartne“ verdeutlichen die drei Stärken des Albums: Schlichte, aber nicht langweilende Melodien. Ein nicht verschwinden wollendes Rauschen im Hintergrund, was sich bei genaueren Hinhören als ein Zusammenspiel von tiefen Gitarren, einem kraftvoll vermöbelten Schlagzeug und zart angedeuteten Keyboardklängen entpuppt. Und die Atmosphäre – besonders letzteres ist bei jedem einzelnen Lied von JOTUNSPOR bis zur Perfektion getrieben worden, ohne dabei aufdringlich zu wirken.

In „Ginnungagalder“ schmettert Kvitrafn so sehr auf die Snare ein, dass man gar nicht mit Headbangen hinterherkommt, bevor das Lied tatsächlich an einen grimmigen Riesen erinnert, der seinen übergroßen Körper wütend durch die Gegend treibt und jeden Baum ausreißt, der sich ihn in den Weg stellt.

Das leider schon viel zu schnell gekommene Ende von „Gleipnirs Smeder“ namens „Ildkrig“ zeigt, dass JOTUNSPOR vor allem eines sind: Nicht vorhersehbar. Gerade als ich dachte, dass dieser Song meine Gehörgänge wieder so strapazieren wird wie geschehen bei meinen persönlichen Lieblingen, „Gleipnirs Smeder“ und „Sol Mun Svartne“, endet dieser Track wie „Svartalvheims Djup“ anfing – bedrückend. Noch das leise Detonieren einer Bombe in der Ferne lässt sich in den verbleibenden Sekunden erahnen, „Gleipnirs Smeder“ ist durchgespielt, nach nur 35 Minuten. Der erste und einzige Minuspunkt.

Die Suche nach weiteren Mängeln jeglicher Art ist verschwendete Zeit, in der man dieses überraschend mitreißende Werk noch mehrmals hätte hören können. Wer in den Genuss kommen wird JOTUNSPOR erstmals hören zu können, wird es dabei nicht belassen wollen, denn das Gespür von Kvitrafn und King für Melodik, Energie und Atmosphäre macht süchtig. Die Frage, die sich stellt, ist, ob die beiden „Gleipnirs Smeder“ einen Nachfolger schenken sollten – natürlich sollten sie das, aber kann die Band erneut die Messlatte erreichen, die sie sich selbst gelegt hat?

Wertung: 8 / 10

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