Review Kalmah – Swamplord

Blitzaufgabe: Lieber Leser, nenn‘ mir bitte schnell drei Melodic Death Metal Bands aus Finnland. STOPP! Die Zeit ist um. Wer jetzt nicht den Namen KALMAH auf seiner Liste stehen hat, der interessiert sich wohl entweder nicht für dieses (zugegeben, in letzter Zeit etwas überlaufene) Genre oder lebte die letzten paar Jahre unter grob geschätzt fünf bis acht Steinen. Denn vormals als Children-of-Bodom-Klon verschrien erspielten die fünf Finnen (deren Name übrigens aus dem Karelischen stammt und „Zum Grab“ bedeutet) sich nach und nach eine nicht unbeachtliche Fanbase

Ein Jahr nach der Umbenennungsaktion von Ancestor (wie die Band von 1991 bis 1999 hieß) zu KALMAH warfen die Kokko-Brüder und ihr Anhang endlich den ersten Langspieler auf den Markt und fröhnten schon alleine bei der Titelvergabe voll und ganz ihrem Sumpf-Fetisch. Ganz davon abgesehen, dass der Term „Swamplord“ schon bald als Pseudonym für die Bandmitglieder eingeführt wurde. Aber ist „Swamplord“ nur eine Kuriosität, die den Grundstein für eine nicht unbeachtliche Karriere legte, oder schon was wirklich fettes geworden? Scheibe in den Player und reingelauscht…

Wie Sie hören, hören Sie erst mal nix. Naja, fast nix. Ein Schlagzeug und ein Bass immerhin und die bollern sich am Anfang von „Evil In You“ recht einsam durch die Prärie. Dann setzen die Gitarren ein und schließen sich dem allgemeinen Gedresche erst mal recht fröhlich an. Dazu gesellt sich ein markiger Auswurf aus Pekka Kokkos Kehle, der den Weg für die Dinge bereitet, die da noch kommen sollen. Ja, das klingt doch schon mal sehr ordentlich, aber KALMAH wären nicht KALMAH, wenn sie nur auf die Zwölf prügeln würden, denn dieses Thrash-Intro leitet schon nach kurzer Zeit in ein verflucht memorables und genial melodisches Gitarrenriff über. Wow, gerade mal eine halbe Minute rum und schon haben die Finnen den ersten Stein bei mir im Brett. Der Rest von „Evil In You“ macht ziemlich viel richtig. Gutes Songwriting, fieses Gekeife aus Pekkas Kehle und Anttis tolles Riffing, dazu ein paar Keyboard-Einwürfe, die sich angenehm im Hintergrund halten und eher unterstützend wirken. Bass und Schlagzeug fallen leider etwas langweiliger aus, ich glaub der Vierseiter haut die ganze Zeit immer auf der selben Note rum und Schlagzeuger Petri scheint auch erst aufzuwachen, als sich der Song dem Ende nähert und er in ein paar marschähnliche Drumfiguren überleitet, die von einem netten epischen Orgel-Outro begleitet werden. Ansonsten gibt’s nix zu meckern. Die Produktion ist stellenweise etwas ungeschliffen, aber trotzdem gut und Anttis Gitarrenarbeit ist wirklich über jeden Zweifel erhaben.

Der Opener legt auch schon die Marschrichtung für das fest, was da noch zu kommen gedenkt. „Withering Away“ schlägt in eine ähnliche Kerbe, wobei vor allem die ersten paar Takte doch einige Reminiszenzen an neoklassischen Power Metal haben. Mit dem folgenden „Heritance Of Berija“ packen KALMAH dann aber den richtigen Kracher aus. Die Produktion macht in den ersten Sekunden einen etwas dumpfen Eindruck, aber das gibt sich schnell und der Song wandelt sich zu einem unglaublich heftigen Stück Musik, das vor allem im Refrain seinesgleichen sucht. Absoluter Anspieltipp, den Song muss man mal gehört haben. Einziger Wermuthstropfen: der Text. Das muss ich leider so offen sagen, aber rein lyrisch ist ein KALMAH-Album ein größerer Schlag ins Wasser als das nächste. Auf „Swamplord“ haben sie sich noch angenehm zurückgehalten, aber auch hier blitzt hin und wieder (eben bei „Heritance Of Berija“ beispielsweise) ihr Bedürfnis auf, lyrisch soziale Ungerechtigkeit und gemeine Politik zu verarbeiten. Das ist ja an sich ein nobles anliegen, aber irgendwie komme ich mir beim Lesen von KALMAH-Texten immer wie ein Grundschullehrer vor, der Sozialkunde-Hausaufgaben korrigiert… Das ist alles so unsagbar plump und dann auch noch in simpelstem Englisch verfasst, wobei hin und wieder wohl mal die Nase tief in den guten alten Pons gesteckt wurde, um ein paar Fremdwörter rauszupicken… Naja, glücklicherweise ist der Gesang eher von der unverständlicheren Sorte, so dass einem nur einzelne Worte wirklich im Ohr hängen bleiben, das relativiert die Sache wieder.

Weiter geht’s mit dem thrashigeren „Black Roija“, das vor allem auch wieder von der Gitarrenarbeit lebt, und dem eher zurückhaltenden „Dance Of The Water“, bei dem das Keyboard weiter in den Vordergrund rückt und bei dem hier und da etwas klassischer gerockt wird, allerdings nie ohne die Melo-Death-Marschroute aus den Augen zu verlieren. Nette Abwechslung, um mal etwas durchzuschnaufen. Das folgende „Hades“ haut dann nämlich wieder voll rein und zeigt die Truppe von ihrer stärksten Seite. Flinkes Uptempo-Geballer, hochmelodisches Riffing und großartige Vocals. Pekkas kratzige Reibeisenstimme sucht einfach ihresgleichen, auch wenn er sich vor allem auf „Swampsong“ noch mal ein ganzes Stück steigerte.

Kurz vor Torschluss kommt dann „Alteration“ um die Ecke und erzeugt noch mal eine sehr epische Atmosphäre mit vielen starken Breakdowns, die in tolle Soli münden. Und dann schließen die Jungs auch schon mit „Using The Word“, das leider Gottes eines der schwächeren Stücke ist. Es ist nicht schlecht, das keinesfalls, aber es eignet sich einfach nicht gut als Rausschmeißer, dafür ist es zu generische KALMAH-Kost. Man hätte die Scheibe durchaus auf einer stärkeren Note enden lassen können.

Was jetzt natürlich nicht heißt, dass „Swamplord“ irgendwie einen unbefriedigenden Eindruck zurücklässt. Die Scheibe ist toll, keine Frage. Allerdings muss sie sich etwas Kritik gefallen lassen, zum einen wegen der recht unausgewogenen Abmischung (manchmal wie gesagt ein wenig dumpf und außerdem wird Pekkas Stimme hin und wieder amtlich von der Soundlawine plattgemacht), zum anderen wegen der Kürze. Acht Songs sind drauf und die sind eigentlich auch alle toll, manche mehr („Heritance Of Berija“), manche weniger („Using The Word“), aber alles in allem kommt die Platte dann nur auf eine Spieldauer von 36 Minuten. Value for Money schaut anders aus, möcht ich meinen. Aber gut, es ist immerhin ein Debut und zwar ein verflucht starkes mit dem KALMAH schon eindrucksvoll bewiesen, wie sie dahin kamen, wo sie heute stehen. Daumen hoch.

Wertung: 8.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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