Fast zwanzig Jahre Bandgeschichte, sechs Alben, von der Presse wird durchweg hohe Qualität bescheinigt – trotzdem sind LANFEAR nie wirklich mit viel Aufmerksamkeit belohnt worden. Der Fünfer aus Baden-Württemberg hätte es dabei aber wahrlich verdient, vielleicht ändert das neue Album „This Harmonic Consonance“ ja endlich etwas an diesem Missstand.
Einfach machen es LANFEAR dem Hörer aber auch nicht gerade. Ihren Power Metal spielen die Süddeutschen nicht direkt und schnörkellos, sondern reichern ihn mit einer ziemlich dicken Portion Progressive Metal an und sind damit erst mal etwas schwer zu fassen. Nach dem Intro „Giorno del Giudizio“ eröffnet „Colours Of Chaos“ den Reigen der neun anspruchsvollen Songs und fällt vergleichsweise heftig aus, wirkt zum Teil sogar thrashig. Sperrige Parts und überraschende Breaks werden allerdings bereits geboten, das soll im Verlauf der 49 Minuten aber noch weit mehr werden. Überhaupt wird das Tempo nach dem Opener merklich gedrosselt. Statt auf allzu viele thrashige Ausbrüche legt man den Fokus vor allem auf angenehm komplexe Strukturen und die Melodien, und diese Mischung passt einfach perfekt! Was der Herr Ullrich an seiner Gitarre an Riffs und Harmonien raushaut, ist eine wahre Pracht, und die Rhythmusfraktion unterstützt ihn dabei wunderbar. In vorderster Front brilliert Nuno Fernandes, mit seiner Stimme sorgt er des Öfteren für Gänsehautmomente. Ob seine zumeist eingesetzte mittlere Tonlage, etwas höhere Regionen oder ganz hohe Schreie, alles meistert er mit Bravour.
Angenehme Komplexität, wundervolle Melodien, gesunde Härte, stimmungsvolle Düsternis, ein überragender Sänger, knackiger Sound – LANFEAR haben eigentlich alles, was es braucht, um eine große Nummer in der progressiven Power-Metal-Szene zu sein. Abwechslung hat es hier auch genug, so ist „The Reverend“ ein schleppender, gefühlvoller Übersong, das aggressive „Camera Silens“ dagegen überrascht sogar mit Hardcore-artigen Breaks und Shouts und exotischen Spielereien. Beim ebenfalls treibendem „I, Robo Sapiens“ kommen ebenfalls Shouts zur Unterstützung des vielseitigen Nuno zum Einsatz, außerdem darf der Keyboarder hier endlich mal zeigen, welch atmosphärische Unterstützung er sein kann und das siebenminütige „Idiopathic Discreation“ setzt neben seinem symphonischen Charakter auch auf akustische Entspannung.
LANFEAR schaffen es trotz der ganzen Abwechslung, ein überaus homogenes Album zu schmieden. Das einzige Problem besteht wohl darin, dass sich die Musik erst nach einigen Durchgängen erschließt. Bis zu diesem Zeitpunkt dürften einige Hörer schon aufgegeben haben, schließlich gibt es heutzutage so viele weitere Scheiben anzutesten. Wenn sich „This Harmonic Consonance“ aber erst mal erschlossen hat, ist es ein großartiges Prog/Power Metal Album, auf dem sich jeder einzelne Song zu einem Hit entwickelt. Und trotzdem meint man manchmal, hier wäre sogar noch mehr drin. Fans von Nevermore, Kamelot und anspruchsvollem Power Metal müssen das Teil unbedingt anchecken!
Wertung: 9 / 10