Als „Buena Vodka Social Club“ auf meinem Tisch landete, dachte ich noch „Psychobilly aus Finnland mit weitgefächertem Instrumentarium, fett!“. Fünf Klicks und ebenso viele Live-Videos sowie einen kurzen Abstecher zu Wikipedia später ist klar: Weit gefehlt. Was für ein vollkommen kaputtes Prinzip hinter den LENINGRAD COWBOYS steckt und womit sich die Bandmitglieder normalerweise so ihre Zeit vertreiben, darüber kann man sich in unkpompliziert selbst informieren. Hier soll es allein um die neue Studioplatte gehen.
Wenn die Scheibe nach 47 Minuten zum ersten mal durchgelaufen ist, reibt man sich erstmal nur verwundert die Augen und hat den Gedanken „das gibt’s doch nicht…“ Man bekommt einfach nicht sofort auf die Reihe, was da durch die Boxen schallt. Und wie gut es ist.
Ab der zweiten Runde wird es dann auch wirklich jedesmal besser und man kann langsam benennen, was hier alles verwurstet wird. Das Ergebnis: Alles, was Spaß macht. Und fetzt. Ob Polka, Country, Jazz, Rockabilly, Gipsy-Sounds, Discopop, russische Volksweisen, fernöstliche Klänge oder Hard Rock bis hin zu Heavy Metal, alles wird dem Hörer in einem schwungvollen, unüberschaubaren Potpourri um die Ohren geblasen, angereichert zum einen mit einer Unzahl an Einsprengseln aus weiteren Genres, zum anderen mit Elementen, die sich mal mehr, mal weniger, mal weniger offensichtlich an bekannte Rock- oder Pop-Songs anlehnen. Dabei schaffen es die LENINGRAD COWBOYS, das Album nicht nur homogen klingen zu lassen, sondern obendrein aus jedem Song eine Hymne machen, die direkt ins Ohr geht. Ja, man findet diese CD zwar bei jedem mal cooler, wie es aber funktioniert, dass ein Song, der ca. fünf verschiedene Musikstile in Reinkultur vermengt trotzdem prägnant und charakteristisch klingen kann, das bleibt ein Rätsel. Man will auch nicht darüber nachdenken, dafür ist man viel zu sehr mit mitgrooven beschäftigt. Denn eines tut das Album bei allem Stilmix immer: Abgehen und mitreißen. Und das ist es doch, was man von so einer Scheibe erwartet.
LENINGRAD COWBOYS klingen dafür, dass dieses Album definitiv eine Menge Planung und songwriterisches Geschick forderte, erstaunlich spontan und unbedarft. Genie und Wahnsinn liegen oft dicht beieinander, das beweist „Buena Vodka Social Club“, denn man muss mit Sicherheit einen gewaltigen Hau weg haben, um so ein Album einspielen zu können. Als Hörer muss man das zum Glück nicht, als Hörer muss man nur im entferntesten Spaß an unkomplizierter Musik beliebiger Art haben, auf „Buena Vodka Social Club“ gibt es alles, so cool wie selten mal.
Wertung: 9 / 10