LEVERAGEs 2008er-Album „Blind Fire“ ist mir noch in guter Erinnerung und es war damals auch ein überraschender Achtungserfolg für die noch recht unbekannten Finnen. Doch ruhen sich die Jungs nicht auf ihren Lorbeeren aus, sondern schieben Ende 2009 schon den Nachfolger „Circus Colossus“ hinterher.
Im Sound von LEVERAGE hat sich in der Zeit einiges getan. Der knackig-erfrischende Melodic Metal wurde auf „Circus Colossus“ mit reichlichen Bombast-Elementen versehen. Bereits das recht lange und opulente Intro „Rise“ weiß davon zu berichten, doch werden die orchestralen Elemente auch ins nahtlos beginnende „Wolf And The Moon“ übernommen. Die metallischen Anteile werden von den druckvollen Gitarren noch immer hoch gehalten, dennoch wird man eine gewisse Akzeptanz gegenüber solchem symphonischen Bombast mitbringen müssen, um mit „Circus Colossus“ warm zu werden. Ich muss aber sagen, dass gerade bei diesem Song die knackige Hookline und der nicht zu verleugnende Pomp unerwartet gut miteinander harmonieren.
Ähnlich starke Kompositionen konnten Heavenly kürzlich mit dem Werk „Carpe Diem“ auffahren. Und Leverage stehen ihnen da in nichts nach, denn die kompositorische Qualität wird auch weiterhin gehalten. Bei „Movie Gods“ schielt die Band ein wenig in die Bereiche des Melodic Hardrock. Solch einen Track könnte ich mir gut bei der Zweitband von Sänger Pekka Heino – Brother Firetribe – vorstellen. Doch die Melodie ist klasse und die choralen Elemente bezaubern die Gehörgänge. Dass LEVERAGE aber grundsätzlich doch mehr Metal als Hardrock sind, beweisen Stücke wie „Worldbeater“ oder „Prisoners“ mit ihren dynamischen Gitarrenläufen und kraftvollem Groove. Hier behalten die Gitarren auch stets die Oberhand und die Orchesterelemente stellen nur die melodische Untermalung dar.
Songs wie das eingängige „Rider Of Storm“ und „Revelation“ hingegen werden von der melodiösen Seite beherrscht, die ihre Energie aus den symphonischen Arrangements zieht. Im Grunde gehen LEVERAGE einen Kompromiss zwischen druckvolleren Kompositionen und melodisch-symphonischen Stücken ein, allerdings mit Dominanz des letzteren. Bei „Legions Of Invisible“ werden dann beide Eigenheiten des Sounds – dynamische Parts und Bombast – hervorragend miteinander vereint, um eines der Album-Highlights zu offenbaren.
Apropos Highlights: einen Ausfall sucht man vergebens. LEVERAGE komponieren durchgehend auf hohem Niveau und zaubern unheimlich mitreißende Melodien aus dem Ärmel, als wäre das eine Kleinigkeit. Wenn man den Finnen überhaupt irgendwas vorwerfen könnte, dann vielleicht den Bombast-Überhang, den sicherlich nicht jeder abkann. Doch wer wie ich, solche orchestralen Geschichten als Bereicherung des Metal-Sounds ansieht und Bands wie Heavenly und Celesty zu seinen Favoriten zählt, wird an „Circus Colossus“ auf jeden Fall gefallen finden. Und damit man sich auch nachhaltig an das Album erinnert, haben LEVERAGE mit „Broken Wings“ den ultimativen Ohrwurm am Ende platziert.
Ob die leichte Stiländerung der Weg zum großen Erfolg werden wird, muss man natürlich abwarten. „Blind Fire“ war auf seine Art ein starkes Album. „Circus Colossus“ ist anders, ein neuer Schritt, ein etwas gewagter Schritt sogar, aber eine Weiterentwicklung des ureigenen Bandsounds. Nichtsdestotrotz ist es ein durchgehend gutes Album, das in meiner persönlichen Ansicht seinem Vorgänger letztendlich sogar den Rang abläuft.
Eine einwandfreie technische Leistung der gesamten Instrumentalfraktion und ein unheimlich ausdrucksstarker und charakteristischer Sänger tragen ebenfalls ihren Anteil zu meiner hohen Bewertung bei. Wer auf melodischen Metal mit orchestraler Verstärkung abfährt, muss hier zugreifen.
Wertung: 9 / 10