Zugegebenermaßen ist die Stimmungslage etwas ambivalent, als LOWCITYRAIN ihr selbstbetiteltes Debüt einreichen bzw. einreicht. Denn das einzige feste Bandmitglied ist Markus Siegenhort, in der Szene sicher besser bekannt als „Herbst“, Protagonist bei Lantlôs. Und genau da liegt das Problem, trotz aller Unkenrufe ging eben dieses Projekt immer schnurstracks an mir vorbei.
Nun also „LowCityRain“, welches stilistisch sicher gänzlich anders angelegt ist, trotzdem aber die künstlerische Freiheit der Hauptband im Fokus behält. Im Ganzen hat man sogar das Gefühl, die Platte wüsste selber nicht immer ganz genau, wo sie eigentlich hin will. Das Info verspricht New Wave, Electro und Einflüsse der 80er, das kann man so stehen lassen, zudem bin ich ganz froh, dass The Cure noch erwähnt werden, das wäre jedenfalls meine Assoziation gewesen. Nicht ganz schuldlos daran ist der tiefe, melancholische Gesang von Herbst, der dem Sound sicher einen sehr persönlichen Stempel aufdrückt. Instrumental agiert man eher gelassen und entspannt, lockere Gitarrenriffs mit nicht allzu progressiven Drums und diversen elektrischen Spielereien umreißen das Konzept ganz gut.
Ohnehin scheint Herbst hier seine Liebe zum Experimentieren ziemlich frei ausleben zu wollen und zu können. Kaum ein Song, der nicht mit irgendwelchen Effekten belegt ist, glücklicherweise ist das heutzutage im einst sehr konservativen Metalbereich ja auch kein großes Problem mehr. So gefällt das hypnotische „I Don´t Know Myself“ mit einem Gesang, der mit einem massiven Hall belegt ist, auch am Schlagzeugsound hat man eine Weile herumgeschraubt und ihn teilweise seiner Natürlichkeit stark beraubt. Klingt zwar negativ, ist aber genau gegenteilig gemeint: Das Songwriting steht wesentlich weniger stark im Vordergrund als bei anderen Bands, die Eigenständigkeit erreicht LOWCITYRAIN vor allem durch den Klang.
Besonders faszinierend ist zurückblickend die Weigerung der Scheibe, sich dem Hörer gänzlich zu offenbaren. Obwohl nur acht Songs ihren Weg auf „LowCityRain“ gefunden haben, sticht eigentlich keiner wirklich dauerhaft heraus. Mal ist man geneigt, den geradlinigen Opener „You Are Everyone, You Are Everywhere“ als Anspieltipp zu nennen, dann will man wieder „I Don´t Know Myself“ oder „Phantom“ ausrufen, bis einem auffällt, dass eigentlich doch „Nightshift“ die coolste Nummer ist. So kann sich am besten jeder ein eigenes Bild machen, alle Freunde der angesprochenen The Cure, aber vielleicht auch von Joy Division und The Sisters Of Mercy könnten nach einem riskierten Ohr glücklich mit LOWCITYRAIN werden. In jedem Fall eine interessante Platte.
Wertung: 8 / 10