Dass Metal nicht gleich Metal ist und sehr verschiedenartig klingen kann, weiß jeder, der zumindest ein rudimentäres Verständnis von den mannigfaltigen Subgenres hat. Aber selbst diese lassen sich nicht immer klar definieren und können in verschiedensten Facetten ertönen, wie nun die Briten CAIRISS beweisen. Grob dem Black Metal zuzuordnen, genauer als Post-Black-Metal zu klassifizieren, präsentieren die Southamptoner um die in zweierlei Hinsicht stimmgewaltige Frontdame Frejya Brown ihre Debüt-EP „Fall“.
Die drei Songs mit einer Länge zwischen sieben und zwölf Minuten leben von einer großartigen Atmosphäre, welche sich aus einem gelungenen Zusammenspiel von Anmut, Melancholie und unzähligen Zwischentönen zusammensetzen. Es ist beeindruckend, wie viel Leben CAIRISS in ihre Kompositionen stecken, ohne die Songs auch nur einmal überladen oder theatralisch wirken zu lassen. Im Gegenteil ist die Musik auf „Fall“ zu jeder Zeit authentisch und zieht den Hörer durch ganz viel Gefühl in ihren Bann. Obwohl die Songs wie aus einem Guss wirken, bieten sie Abwechslung, sodass sich sowohl kraftvolle Metal-Parts als auch sanfte, akustische Momente finden, wobei eine stimmige Symbiose erzielt wird. Besonders deutlich macht dies der Titelsong, welcher nur in den letzten Minuten seine metallische Seite offenbart, ansonsten aber gelassen verläuft, ohne jemals vor sich hinzuplätschern und ins Uninteressante abzurutschen.
Die Ambivalenz zwischen Härte und Sanftmütigkeit wird, vielleicht noch deutlicher als von der Instrumentalfraktion, auch vom Gesang getragen. Hierbei findet sich mit Frejya Brown eine durch und durch begabte Vokalistin, die sowohl ansprechenden Klargesang als auch harsche, technisch versierte Black-Metal-Screams, die gewiss manchen männlichen Genrekollegen vor Neid erblassen lassen könnten, mit Bravour darbietet. Beide Facetten ergänzen sich und formen ein untrennbar scheinendes großes Ganzes, sodass nur zu hoffen ist, dass Frejya Brown, wie es bei anderen Vokalisten leider bereits der Fall war, die Nutzung beider Gesangsstile niemals aufgeben wird.
Zusätzlich zu qualitativ hochwertiger Musik wartet „Fall“ mit einem guten Sound auf, die Produktion ist glasklar und modern. Vielleicht sogar etwas zu modern, was der einzige Punkt ist, der an der EP etwas kritikwürdig erscheint. Es mag paradox klingen, doch wer die Demo-Version des Songs „Disgraced“ kennt, wird möglicherweise feststellen, dass er in dieser Fassung nochmal mehr Wirkung erzielt als in der finalen Version. Das führt zu der Schlussfolgerung, dass ein etwas rauerer Sound die allgemein vorherrschende melancholische Stimmung der EP noch ein wenig besser ergänzt und damit den Songs mehr zu Gesicht gestanden hätte.
Doch auch so ist „Fall“ überaus gelungen und bietet mit zwar nur drei Songs, aber einer Länge von 30 Minuten so viel Material, wie andere Bands teilweise schon auf Albumlänge präsentieren. Damit kann man CAIRISS zu ihrem Startschuss nur beglückwünschen und hoffen, dass ihnen eine erfolgreiche Karriere und uns entsprechend mehr Musik von diesem Kaliber ins Haus steht.
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