Review Mindcrime – Tourniquet Sleep

Eine sehr interessante Mischung haben die mir bisher unbekannten Jungs von Mindcrime zusammen gebacken. So mischt sich Power Metal mit Melodic Death Elementen, die von Children Of Bodom, Norther und Konsorten inspiriert sein dürften. Die Band selbst bezeichnet ihren Stil als Dark Melodic Metal, was eigentlich auch ganz gut passt. Trotzdem ein Experiment, das ganz schön in die Hose gehen kann. Da die Band nach einem Album und einer EP jedoch schon Erfahrung aufweisen kann, wollen wir uns die ganze Sache doch mal genauer betrachten…respektive anhören, wie ich nach längerem Anstarren des Covers und daraus resultierenden Kopfschmerzen beschlossen habe.

Das Intro “Fall Of Innocence“ besteht aus einem Glockenspiel mit ziemlich cooler Melodie und Kindergelächter, welches mich doch sehr an das Intro von Terminator 2 erinnert, und mir wahrscheinlich deshalb auch so gut gefällt. Mit Keyboadteppich düster unterlegt, beginnt dann mit “Owner Of Secrets“ der eigentliche Teil. Erinnert ein wenig an eine Mischung aus alten Edguy und Mystik (kennt die noch jemand?). Schon nach kurzer Zeit wird man mit den ersten Growls erfreut und kurzzeitig wird der Tempohammer ausgepackt. Wer auf Happy Metal steht, wird sich schon hier vor Angst in die Hosen machen. Leider muss man sagen, dass Sänger Christoph Weller die Death Parts wesentlich besser zu Geicht stehen als der cleane Gesang. Musikalisch ist das aber allererste Sahne, und somit ist der erste Teil des Experimentes bestanden. “Search For Serenity“ knüppelt zu Beginn dann dermaßen los, dass man sich doch erstmal vergewissert, nicht die letzte Norther-Scheibe noch im Player zu haben. Durch die Mischung der Genres fällt es dem Schreiberling wirklich schwer, das alles akkurat zu beschreiben. So wechseln sich auch hier Power Metal Parts, ja gar ruhige balladeske Klänge, ab mit Schredderpassagen, dass die Stilbeschreibung minütlich wechseln könnte. Über das kurze Intermezzo “10.00 AM“ geht es über zu “Guidance“, einem teilweise progressiv geratenem Stück Musik, das einerseits sehr straight power metallig daher kommt, dann aber mit derben Breaks mal wieder die Death-Anteile einbringt. “Dream Haunting Ghost“ lautet der nächste Kracher, der einen zu Beginn durch ein ruhiges Klavierintro auf eine falsche Fährte lockt, ehe die Gitarren richtig schön los bretzeln. Hier standen wohl Cradle Of Filth Pate, da ich speziell bei den Engländern das schnell gespielte begleitende Klavier bei schnellen Songs liebe. Progressiv, da war doch was, bestes Beispiel der auf einmal mitten in den Tempoteil eingebaute wunderschöne Balladenpart, herrlich. Wenn doch bloß die Stimme besser wäre.

Mit “Seven Letter Generation“ steht nach dem nächsten Intermezzo “13.00 PM“ der wahrscheinlich straighteste Song des Albums an. Düster as düster can get. So liebe ich den Einsatz eines Keyboards, keine Frickel-Kinderlieder-Spielereien, sondern nur atmosphärisch bedingter Klangteppich, geil. Beim nachfolgendem “Eternity“ ist es mit straight wieder vorbei, ein sehr gewöhnungsbedürftiger Beginn. Dafür erfreut der Song im weiteren Verlauf mit den ersten Gang-Shouts des Albums, die immer wieder gerne mitgrölend aufgenommen werden. Allerdings muss auch vor sehr progressiven Einsprengseln gewarnt werden, die den Fluss des Songs immer wieder überraschend und sehr hart unterbrechen. “20.00 PM“ ist so kurz, dass man nicht mal merkt, dass nun mit “Burning Glass“ schon der nächste Song ansteht. Und auch das brennende Glas ist ein düsterer Stampfer sondergleichen, auch wieder unterlegt mit einem Gänsehaut garantierenden dunklen Keayboardteppich. Nebenbei bemerkt ist dieses sechs-Minuten Monster die Normalität, kein Lied geht unter fünf Minuten. “Eternity“ und eben „Bring Glass“ über sechs Minuten. Dass diese wie im Flug vergehen liegt einfach am genialen Songwriting. Hier wird zwar bis kurz vor Schluss ohne Growl Parts ausgekommen, dafür singt Herr Weller herrlich rau und aggressiv, was perfekt zur Bösartigkeit des Songs passt. Wer die Death Parts schon vermisst hat, wird mit einem herrlichen Abgehpart verabschiedet. Abschied ist auch das Motto von nachfolgendem “Cradle Of The Sun“, da es abgesehen vom vierzigsekündigen Outro das letzte Lied des Album ist. Und es werden nochmals alle Höhepunkte der vergangenen Minuten in die Waagschale geworfen, begleitendes Klavier, Alexi Laiho Schreie, Wechsel zwischen Tempoparts und wunderschönen balladesken Klängen, genial. Titelgebendes “Tourniquet Sleep“ schließt dann mit der Wiederholung der Glockenspielmelodie den Kreis.

Was Mindcrime mit “Tourniquet Sleep“ abgeliefert haben, ist der eindrucksvolle Beweis, das man auch Genre-übergreifend nicht unbedingt ein sperriges Album für einige wenige Verrückte abliefern muss. Trotzdem habe ich mich mit der Bewertung schwer getan, was leider der Verdienst von Sänger Christoph Weller ist. Bei den Death-Schreien/Growls macht er seine Sache top, doch bei den cleanen Parts ist seine Stimme einfach sehr limitiert. Bei rauen oder düster gesungenen Parts sowie bei mehrstimmigem Gesang hört sich das alles noch passabel an, doch sobald eine Simmvariation verlangt ist, werden die gesanglichen Grenzen sehr schnell aufgezeigt. Und trotz aller Stilmischung ist und bleibt das Album in erster Linie ein Power Metal Album. Mein Tip wäre die Hinzunahme eines zweiten Sängers für den cleanen Gesang, wie es beispielsweise Into Eternity gemacht haben. Rein musikalisch hätte ich diesem Ding nämlich eine glatte 9 verpasst. Und damit sollte auch klar sein, reinhören ist Pflicht, denn angesprochene Negativpunkte sind dank der stilistischen Bandbreite des Albums nicht immer präsent.

(Oli)

Wertung: 8 / 10

Geschrieben am 5. April 2013 von Metal1.info

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