Ein Begriff für den letzten Gang eines Lebewesens, bevor dessen Leben sein Ende findet, ist der Name der 2014 gegründeten, irischen Black-Metal-Band MORTICHNIA. Das Cover ihres Debütalbums „Heir To Scoria And Ash“ zeigt das in einen schwarzen Hintergrund gebettete, verschlungen verzierte Muskelgewebe und Skelett eines hängenden Menschen. Eine Präsentation, die ein düsteres, niederschmetterndes, aber auch durchdachtes Konzept verspricht.
Die Wörter „Schlacke“ und „Asche“ lassen jedoch zunächst auf magmatisch schwere, sich ihre Bahnen fressende Musik schließen. Tatsächlich aber ist „Heir To Scoria And Ash“ ein sehr kalt klingendes Album. MORTICHNIA fühlen sich wohl in den Unbehagen erzeugenden Dissonanzen, die aus den ineinander verschwimmenden Tönen der Gitarren entstehen. Bedrückend, schwermütig und doch auch immer geheimnisvoll und mystisch muten ihre vier Songs an, die sie auf ihrem neuen Album präsentieren. Ein paar sich immer wieder plötzlich hoffnungsvoll aus der Düsternis erhebende Melodien lassen sich kurz durch die sphärischen Klanggebilde treiben und zerfallen dann ebenso schnell wieder zu Staub.
Es ist ein seltsam mulmiges Gefühl, das MORTICHNIA auf „Heir To Scoria And Ash“ kreieren. Das allerdings beherrschen sie, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Das Songwriting ist in dieser Hinsicht besonders beeindruckend. Wo andere Black-Metal-Bands das Dissonanzkonzept bereits nach zwei Songs erschöpft haben und sich nur noch wiederholen, da extrahieren MORTICHNIA aus jenem Konzept mit ihren Kompositionen in beinahe jedem Riff neue Facetten und Eindrücke. Das funktioniert im donnernden, furiosen Opener „Searing Impulse“, im groovig-verspielten „Heir“ sowie im mitreißenden „A Furious Withering“, dessen Ende sogar Negură Bunget in Sachen Atmosphäre Konkurrenz macht, bestens und sorgt für die nötige Abwechslung.
Es gibt jedoch leider auch hier zwei Probleme, mit denen sich die Band auf ihrem Ansturm auf die Spitze der herausragendsten Alben des Jahres selbst ein Bein stellt. Das ist zum einen der Gesang, der hauptsächlich aus mit Unmengen an Hall belegtem, leidendem Black-Metal-Kreischen besteht. Dieses passt zwar an der einen oder anderen Stelle atmosphärisch ausgezeichnet in das Klangbild der Musik, aber über 42 Minuten hinweg stellt sich diesbezüglich auch eine gewisse Monotonie ein, die der Platte nicht guttut.
Zum anderen sind es die Songlängen. Wo „Searing Impulse“ mit seinen knapp zehn Minuten dank des vielseitigen Songwritings noch erstaunlich kurzweilig ist, da kann selbiges über den folgenden Doom-Song „Carrion Proclamation“ wahrlich nicht behauptet werden. Der Song erzählt in fast 14 Minuten, was auch in fünf gut hätte herübergebracht werden können. Da wären ein oder zwei weitere Lieder die bessere Wahl gewesen, zumal eine Platte mit vier Songs und einem kurzen Interludium eher wie eine längere EP wirkt.
Angesichts der überwältigenden Klangwelt, die MORTICHNIA auf „Heir To Scoria And Ash“ erschaffen, ist das aber nur ein kleiner Stolperstein. Die Band erzeugt eine bedrückende Atmosphäre, wie man sie nicht oft im Black Metal hört. Für ein Debüt ist ihr Album äußerst beeindruckend. Die schnell vorüberziehenden 42 Minuten des Albums wirken fast wie ein Teaser, der Hunger auf mehr Unbehagen und Düsternis macht. MORTICHNIA werden ihren Weg daher hoffentlich weiter fortsetzen, denn sie sind zweifelsohne in der Lage ganz Großes abzuliefern.
Wertung: 7.5 / 10