NAILGUN ist eine süddeutsche Nachwuchsband, die mit „New World Chaos“ ihr zweites Album vorlegt. Hinsichtlich des Stils handelt es sich leider mal wieder um eine dieser Bands, die glaubt, von sich behaupten zu müssen, in keine Schublade zu passen – eine seltsame Angewohnheit, die aber gerade bei Newcomern verbreitet ist. Was man sich davon verspricht, ist mir nie ganz klar geworden, regelrecht ärgerlich ist es, wenn das Versprechen, alles anders und neu zu machen, nicht eingehalten wird.
Man ahnt es schon: Das ist hier der Fall. NAILGUN spielt Heavy Metal, der zwischenzeitlich epische Passagen beinhaltet und nie sonderlich schnell wird. Punkt. Das ist weder sonderlich kompliziert zu beschreiben noch rechtfertigt es die Behauptung von Innovativität. Und überhaupt: Gilt es denn inzwischen als schlecht, in einem Genre verwurzelt zu sein?
Genug der Schelte. Wenn man aufhört, in der Musik verzweifelt nach Neuerungen zu suchen, klingt NAILGUN gar nicht schlecht. Die Band präsentiert nach einem Intro zehn Songs, die zumeist von einer prägnanten Gitarrenlinie getragen werden und sich fast alle im Midtempo bewegen, sieht man mal vom etwas schnelleren Anfang von „Change Of Seasons“ und dem ruhigen „You Are Everything“ ab. Als Alleinstellungsmerkmal sollen wohl die zwei (männlichen) Sänger fungieren, die aber in der Klangfarbe nicht sonderlich weit auseinander liegen. Dafür sorgen sie für Unterschiede in der Intonation: Streckenweise tönt es ähnlich wie James Hetfield aus den Boxen (besonders in „The Result“), an vielen anderen Stellen gibt es eine betont epische Intonation oder deutlich tiefere Töne zu hören (z. B. auf „Abyss Of Shadows“). Insgesamt sind die Möglichkeiten, die zwei Sängern bieten, aber bei weitem noch nicht ausgeschöpft.
Ansonsten präsentiert sich die Musik schnörkellos und für eine eher erwachsene Zielgruppe geschrieben. Auch die Produktion und die Mischung gehen durch, wenngleich die Gitarren streckenweise noch etwas mehr Druck vertragen hätten können. Und so hat die Band mit „New World Chaos“ recht wenig falsch gemacht, aber leider auch nichts so richtig gut. Kaum einer der Songs will so recht ins Ohr gehen, nur ganz selten bleibt eine Melodie nach dem Anhören länger als eine halbe Stunde präsent. Woran liegt’s? Vielleicht ist das Material sich doch zu ähnlich. Vielleicht fehlen Variationen im Tempo. Vielleicht ist das Problem aber auch am besten mit einer Textzeile aus „The Result“ zu beschreiben: „All this has happened before“.
Dass alles soll jetzt nicht heißen, dass man „New World Chaos“ als Fan eher klassischen Heavy Metals keine Chance geben sollte. Probehören schadet sicher nicht und es gibt eine Menge schlechtere Alben auf dem Markt. Nur fehlt diesem Album eben auch das herausragende Argument, warum man es kaufen sollte. Der Band wünscht man jedenfalls für die Zukunft mehr Abwechslungsreichtum beim Songwriting und den beiden Sängern ein bisschen mehr Zeit für die Entwicklung eigener Stimmen. Dann sieht beim nächsten Album vielleicht alles schon ganz anders aus.
Wertung: 6.5 / 10