Review Nick & June – Flavor & Sin

Ich finde es wirklich großartig, wenn man auch mal von genrefremden Promotern bemustert wird. Sonst wäre mir diese wunderbare Platte von NICK & JUNE sehr wahrscheinlich entgangen und das wäre aus mehreren Gründen schade gewesen. Die beiden Protagonisten Nick Wolf und June Kalass kommen aus Nürnberg und verstehen es meisterhaft, mit minimalistischen Mitteln eine ganze Scheibe mit großartigen Songs zu bestücken.

Ja, letztlich wären es wohl ziemlich genau elf Gründe gewesen; so viele Lieder finden sich auf „Flavor & Sin“, dem Debütalbum von NICK & JUNE wieder. Zart, fast schüchtern gehen sie zu Werke, in der Regel kommen sie mit Stimme und Gitarre (bzw. diversen artverwandten Instrumenten) aus, hier und da verirrt sich mal ein Schlagzeug in die Songs, die vor sommerlicher Leichtigkeit nur so sprühen. Wann, wenn nicht jetzt, soll denn bitte schön der richtige Moment sein, um die Seele in den Sonnenstuhl zu schicken und ihr einen köstlichen Cocktail in die Hand zu drücken? Den im Info angepriesenen Pop kann ich kaum ausmachen, da schon eher den melancholischen Folk, letztlich ist es aber eigentlich eine leicht erweiterte Singer/Songwriter-Angelegenheit, die sich aber auch gar nicht in irgendwelche Schubladen pressen zu lassen braucht.
Hier spricht, wie so oft bei den unscheinbaren Perlen, die Musik einfach für sich und natürlich die phantastischen Stimmen von NICK & JUNE. Klar, man geht weder ausufernd noch nur ansatzweise progressiv zu Werke, diese Begriffe, die man bei üblichen Metalrezensionen gerne mal anwendet, haben hier einfach keinen Platz. Hier wird auf jeglichen Ballast verzichtet, der Fokus liegt ganz klar auf locker-flockiger Eingängigkeit und damit trifft man den Zahn der Zeit ziemlich genau. Und tut man sich bei mancher Platte schwer, aus der breiten Masse die Highlights herauszusuchen, läuft die Geschichte hier genau anders herum. Es gibt quasi keinen Song, der qualitativ so sehr abfällt, dass er explizit erwähnt werden müsste. Von der ersten Note bis zum letzten Takt sind die 40 Minuten mit entspannter Feierabendmusik gefüllt, die man sich hier und da mal geben sollte.
Wenn ich mich dennoch auf Favoriten festlegen müsste, wäre es zum einen die wunderbare Ballade „Caroline“, das getragene „Coming Home“ und das fast schon überschwängliche „The Dancer“, welches am Ende des Albums tatsächlich noch mal für etwas Mitwippfaktor sorgt.

Sicherlich, allzu viel Aufmerksamkeit werden NICK & JUNE wohl auf einer Metal-Seite nicht bekommen, das ist schon schade genug. Wer sich aber trotzdem einen Moment Zeit nimmt und einfach mal reinhört, wird vielleicht einiges für sich entdecken können. Um mal ein paar metalkompatible Referenzkünstler zu nennen, würde ich Nick Cave & The Bad Seeds, ruhige Anathema (bzw. die aktuelle Veröffentlichung von Leafblade) oder auch Simon & Garfunkel ins Feld führen. Aber eigentlich muss „Flavor & Sin“ sich gar keinem Vergleich stellen, sondern einfach nur für sich wirken.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Jan Müller

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert