Review Night In Gales – Five Scars

Ein Jahrzehnt ist vergangen, seit es von den deutschen Melo-Deathern NIGHT IN GALES das letzte Full Length-Album gab. Zwar wurden in der Zwischenzeit zwei Demos und eine EP veröffentlicht – so richtig konsequent wurde das Projekt jedoch nicht weiter verfolgt. Nun steht mit „Five Scars“ endlich der Nachfolger zum 2001er-Werk „Necrodynamic“ in den Läden.

Da dies das erste Mal ist, dass ich mit NIGHT IN GALES in Berührung komme, kann ich keinen Vergleich zu dem vorherigen Schaffen des deutschen Fünfers ziehen – fest steht aber, dass es ihnen deutlich besser gelingt als vielen anderen Bands dieses Sektors in diesem Jahr, beispielsweise den Labelkollegen von Nightrage, abwechslungsreiche Songs zu kreieren, die die richtige Mischung aus Aggression, Variationen und Emotionen beinhalten. Der erste wirkliche Song des Albums, „The Neon Grave“ bietet die ganze Palette: temporeiche, streckenweise zweistimmige Leads, gelegentliche Tempowechsel, Double-Bass-Parts, Akustik-/Sprechgesang-Passagen und einen diabolischen Groove gegen Ende. Das Geschwisterduo Basten, das die Gitarrenfraktion darstellt, schafft es auch auf den weiteren Songs ganz hervorragend, eine Mischung aus prägnanten, akzentuiert gespielten Hooks(Bestes Beispiel: „Days Of The Mute“) und typischen Melodic Death-Riffs in einer Art und Weise in die Lieder zu integrieren, dass es ein Genuss ist.
„Void Venture“ startet zwar auch ziemlich fix, dann jedoch drosseln NIGHT IN GALES das Tempo, weiter geht es mit einem Part, der ganz erheblich (und im positiven Sinne) an Rotting Christ erinnert – und in „Tides Of November“ werden sogar Streicher integriert, über die Sänger Gooßes herzzerreißend hinwegbrüllt. Sehr gut gefallen mir auf „Five Scars“ die cleanen Gesangsanteile, die zwar spärlich gesät sind – wenn sie zum Vorschein kommen, jedoch überzeugend klingen. Selbiges gilt auch für die mehrfach vorkommenden gesprochenen Passagen.
Auch nicht gerade oft, aber immer gut platziert, packen NIGHT IN GALES, die Blastbeat-Keule aus: Das macht „Endtrip“ zu einem der härtesten Tracks der Platte, davon abgesehen wird dieses Stilelement geschickt eingesetzt, um die Intensität hier und da noch einen Tick zu erhöhen. Schlagzeuger Ricci macht seinen Job generell richtig gut, gerade in „ A Mouthful Of Death“ mit seinen knüppelnden Drumparts kommt das gut zum Vorschein. Eine Überraschung gibt es mit dem vorletzten Track „Blackmouth Blues“: Hier werden ausnahmsweise, und im Gegensatz zum Rest des Albums, triolenlastige Palm-Mute-Riffs gespielt, eine Menge Piano-Passagen und zweistimmige Gesangsparts prägen den Song weiterhin – einmal mehr kommt hier Gooßes‘ tolle Gesangsarbeit zur Geltung: Er trägt seine Shouts mit einer unwahrscheinlich differenzierten Intonation vor.

Mit „Five Scars“ beweisen NIGHT IN GALES eindrucksvoll, dass es eine gute Entscheidung ihrerseits war, die Band trotz der bisher geringen Produktivität weiter am Leben zu erhalten: Die Platte ist atmosphärisch dicht, songwriterisch verdammt durchdacht und auf einem konstant hohen Niveau – jedes Bandmitglied hat auf dem Album seine Glanzpunkte, und Highlights gibt es ohnehin en masse, sei das in Form packender Melodien oder gänsehaut-verursachender Riffpassagen.

Wertung: 9 / 10

Publiziert am von Pascal Stieler

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