Review Nous – Silent Dreams

„Hey, beweisen wir doch mal, dass „Avantgarde“ kein Qualitätskriterium ist!“ So ähnlich könnte man die Mission von NOUS verstehen. Das Hamburger Einmann-Projekt hat es sich zum Ziel gesetzt, ein philosophisches Konzept in einem anspruchsvollem metallischen Gewand in die Welt zu tragen. Herausgekommen ist eine höchst unausgegorene Mixtur aus symphonischem Death Metal und sanftem Gothic Rock.

„Silent Dreams“, wie sich das Debütalbum des Multi-Instrumentalisten Fabian Braun nennt, beginnt so seltsam, wie es endet – allerdings auf eine völlig andere Weise. Ist das lange Intro noch irgendwie psychedelischer Elektro mit einer komplett neben jedem Takt einsetzenden E-Gitarre, rumpeln die ersten Songs als mäßig gekonnter Death Metal mit reichlich Keyboard-Einsatz aus den Boxen. Ob das jetzt atmosphärisch sein soll oder ob textlich der Intellekt – dafür steht, grob gesagt, das griechische Wort „Nous“ – stimuliert wird, erschließt sich nicht wirklich. Die Saiteninstrumente gelingen dem Mann noch, doch sowohl die Growls als auch die Erzählstimme sind, gelinde gesagt, eine Entgleisung. Noch dazu wurde die erste Hälfte von „Silent Dreams“ mit absolut unpassend-pathetischen Keyboards hoffnungslos kaputtproduziert.

Mit großem Erstaunen hört man dann allerdings alles, was phasenweise bei „Spurned“ und vollständig mit „Above All Stars“ folgt. Ab dann wird NOUS‘ Debüt plötzlich zu einem ganz passablen Stück Musik, das sich irgendwo im Fahrwasser der mittleren Phase von Empyrium bewegt. Mit einem Mal kann dieser Herr Braun seine Stimme und seine Instrumente sinnvoll einsetzen und erzeugt tatsächlich Atmosphäre. Drei Songs lang gelingt es „Silent Dreams“, so etwas wie Hörgenuss zu erzeugen – der hin und wieder durch die unsäglichen Death-Metal-Klänge des Anfangs getrübt wird. Schließlich klingt die ohnehin nicht einmal 38 Minuten umfassende Platte mit einem Neunminüter aus, der neben Naturgeräuschen allenfalls mal von einer Gitarre berührt wird.

Wer weiß, ob die Texte Aufschluss über diese eigenartige Mixtur voller unverständlicher Brüche gäben. Es bedürfte schon sehr guter Erläuterungen, weshalb krudestes Gerumpel in kompletter Ermangelung von Songwriter-Qualitäten zusammen mit angenehm harmonischen Gothic/Neofolk-Klängen auf eine Platte gehören. „Silent Dreams“ ist, insgesamt betrachtet, ein hoffnungslos synthetisches Gebilde aus Bestandteilen, die nicht nur nicht zusammenpassen, sondern die zur Hälfte einfach Mist sind. Klare Handlungsanweisung an NOUS wäre, die sanfte Schiene weiter auszufahren und die extremen Experimente schnellstmöglich abzuhaken.

Wertung: 3 / 10

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