Review Popa Raff Band – Iside Dea Luna

  • Label: Sowiesound
  • Veröffentlicht: 2018
  • Spielart: Entmetallisiert, Jazz, Folk, Klassik

Manchmal lohnt es sich sogar mal einen Blick auf die Geschwister von Metal-Musikern zu werfen. Während Claudio Quarta als Gitarrist im Metal-Orchester Haggard aktiv ist, macht nämlich auch sein großer Bruder Raffaele Daniele Quarta sehr aktiv Musik. Mit der POPA RAFF BAND hat er sein eigenes Projekt gegründet und das Debütalbum „Iside Dea Luna“ veröffentlicht.

Dieses ließe sich wohl am besten als „musikalische Weltreise“ beschreiben. Statt sich einem konkreten Stil unterzuordnen, spielen sich Quarta und seine beiden Bandkollegen Jasmin Gundermann und Jörg Borchardt durch die Musik verschiedener Länder. „L’Amore Degli Altri“ eröffnet das bunte Treiben als schönes, unaufgeregtes Jazz-/Funk-/Pop-Stück. Von edler, griechischer Folklore in „S’Agapò“ geht es in „Sogni Viola“ weiter nach Italien, in dem sich Quarta merklich am meisten zuhause fühlt. Wie Gundermann hier außerdem zu tanzbarem Folk ihre Querflötenläufe einstreut, erinnert fast schon an so manchen Jethro-Tull-Song. Das gleichzeitig sanfteste und härteste Stück des Albums dürfte „Raffaello Il Menestrello“ darstellen. Zu klassischen Konzertgitarren singen zwei Gastsänger ein wundervolles Duett, ehe sich der Song in den wohl einzigen Metal-Part des Albums steigert, bei dem Claudio Quarta seinem Bruder ein virtuoses Gitarrensolo spendiert.

Allgemein lebt das Album auch viel von seinen Gastmusikern. Sei es die Orgel in „L’Amore Degli Altri“, die gelegentlich eingesetzten Chöre oder die mitreißenden Grooves der Gastschlagzeuger: Die dadurch fast als Künstler-Kollektiv auffassbare POPA RAFF BAND sichert sich somit eine professionelle Umsetzung all der verschiedenen Stile auf „Iside Dea Luna“. Und genau das macht den großen Reiz des Albums aus: Als hätte sie nie etwas anderes gemacht, spielt sich die Formation durch Gypsy-Jazz, Pop, Rock, Folk, Flamenco, Klassik und traditionelle italienische Musik. Das macht trotz des bunten Stilmixes, nicht zuletzt aufgrund der unverschämt eingängigen Melodien, sehr großen Spaß. Klares Highlight der Platte dürfte das Flamenco-Instrumental-Stück „Soleadò“ darstellen. Quartas Kompositionen erinnern in ihrer jazzigen Verträumtheit hier stellenweise an Justin Hurwitz‘ grandiosen La-La-Land-Soundtrack, während Gundermann erneut Quartas wunderschöne Melodien auf ihrer Querflöte zum Besten gibt.

Gegen Ende wird das Album leider etwas sperriger. „Sangue Zingaro“ will nicht so recht zünden und geht bei all den verspielten Songs auf dem Album etwas unter. „Papa Pino Daniele“, ein Tribut an den gleichnamigen italienischen Musiker und Teil-Namensvetter von Raffaelle Daniele Quarta, dürfte wahrscheinlich vor allem für dessen Fans von Interesse sein. Das abschließende „Daniel“ dagegen wirkt wie ein Santana-Song von Musikern für Musiker, wenn die POPA RAFF BAND sich hier einem ausladenden Jam hingibt und dabei sogar das bekannte Hauptmotiv von Edvard Griegs „I Dovregubbens hall“ [dt.: „In der Halle des Bergkönigs“] im Song verbaut.

Wer vor allem auf Hochpräzision hinproduzierte Metal-Alben gewöhnt ist, könnte sich am Sound von „Iside Dea Luna“ etwas stören. Quartas Verständnis von Musik ist eher klassisch gehalten, dementsprechend geht es hier viel um das Gesamt-Feeling. Als Produzent und Arrangeur des Albums hat Quarta also die Instrumente nicht zu jedem Zeitpunkt am Computer künstlich aufeinander geschoben, was auch den Charme und das organische, realistische Live-Feeling des Albums ausmacht. Dass Quartas Gesang leider technisch mit den professionelleren Gastsängern nicht mithalten kann, ist dagegen ein kleiner Wermutstropfen. Gerade bei den höheren Tonlagen geht ihm manchmal die Kraft aus und nicht jeder Ton sitzt perfekt.

Der POPA RAFF BAND ist mit „Iside Dea Luna“ ein spannendes Debütalbum gelungen, das sehr großen Spaß macht und bei dem es viel zu entdecken gibt. Auch wenn die Platte nach hinten raus nicht mehr ganz so überzeugen kann wie die ersten fünf Stücke, kann man hierfür nur eine klare Empfehlung aussprechen. Quarta mag mit seinen Kompositionen die jeweiligen Stile nicht neu erfunden haben – aber darum geht es hier auch nicht. Vielmehr zeigt das Album: Es gibt viel entdeckenswerte Musik, vor allem in Ländern, mit denen man im Alltag nicht in Berührung kommt. Das ist im Grunde sein großer Verdienst.

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Wertung: 7.5 / 10

Publiziert am von Simon Bodesheim

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