Review Psyopus – Odd Senses

  • Label: Metal Blade
  • Veröffentlicht: 2009
  • Spielart: Extreme Metal

Meine Damen und Herren, IHRE netten Psychopathen aus der Nachbarschaft sind zurück! Wer seit drei Jahren auf der Suche nach musikalischem Speedtrip die Hände nicht mehr ruhighalten kann, wird nun endlich erlöst! „Odd Senses“ ist das gute Stück betitelt und erfasst damit die Essenz von PSYOPUS bis ins Detail, denn dass die Truppe um Gottgitarrist Chris Arp den Begriff „Extreme Metal“ neu definiert, ist ja nicht erst seit gestern bekannt.

Doch was erwartet man von einer Scheibe, die auf ein dermaßenes Monstrum an blinder, ungezügelter Aggression und Rage folgt, wie es „Our Puzzling Encounters Considered“ war? Nun, ganz einfach, weitere 40 Minuten Eruption.
Und die bekommt man erstmal auch von „Odd Senses“. Schon das introartige „.44“ macht klar, es hat sich grundsätzlich nichts geändert im Hause PSYOPUS: Verspulte Riffs, abartige Rhythmuswechsel und Breaks, dazwischen ungezügeltes Geplärr und irgendwo sind da dann noch diese unglaublich präzisen Bass- und Schlagzeugspuren. Nach der netten Aufforderung „Go out and kill!“ gibt es ab dem ersten echten Track „Medusa“ aber doch eine Neuerung: Die New Yorker gehen 2009 etwas gemäßigter zu Werke als 2006, inklusive struktureller Ansätze. Vielleicht liegt es wirklich nur daran, dass man den ganzen Zirkus von „Our Puzzling Encounters Considered“ schon „gewöhnt“ ist, aber viele Songs des Albums wirken tatsächlich vergleichsweise leicht verdaulich. Dass Mr. Arp sich wieder Gitarrenläufe aus dem Ärmel schüttelt, die man in dieser Form noch nicht zu Ohr bekam, und dass PSYOPUS als Ganzes trotzdem noch hoffnungslos undurchsichtig ist, ist ebenso selbstverständlich wie der relativ innovative Stil der Truppe. Das Markenzeichen, die hohen, abgedrehten Lead-Riffs, die bei quasi jeder Gelegenheit mit jedem Durchgang immer schneller gespielt werden, sind uns auch hier erhalten geblieben.
Von der relativ dichten Menge an Geprügel (das ist es trotz Struktur geblieben) gibt es wie auf dem Vorgänger wieder den ein oder anderen Song Abwechslung: Direkt ins Auge fällt natürlich „Imogen’s Puzzle Pt.3“, das die Weiterführung der Songreihe darstellt, die zuletzt bei Nummer 2 angekommen war. Doch wo 2006 noch ein prägnantes und beinahe fröhlich verträumtes Hauptriff geboten wurde, geht es bei Nummer 3 durchweg verstörend und weniger Instrumental-like zu. Über knappe zwei Minuten gibt es hier Experimentelles zu hören, das aber inhaltlich nicht den Status eines wirklich eigenen Songs erreicht. Schade, bei der genialen Nummer 2.
Der zweite Song, der aus der Reihe fällt, hört auf den Titel „A Murder to Child“ und bei diesem neun(!)-Minüter wird’s dann richtig genial: Immer wieder begleitet von besinnlicher Geige lotet Arp hier stimmungsvoll quasi alle möglichen Weisen des Gitarrenspiels aus und schafft es dabei über der eigentlich eher ruhigen Szenerie immer eine Ahnung von Unheil und Grauen schweben zu lassen. Ganz wie im Film eben, wenn musikalisch vorweggenommen wird, dass eine fröhliche Szenerie keineswegs fröhlich (aber blutig) enden wird. Absolut anbetungswürdig, wie hier über neun Minüten eine eindrucksvolle Gitarren-Demonstration in klaren Bildern umgesetzt wird.

„Odd Senses“ hat für mich als Album Übergangscharakter. Man hat sich bei den krassen Songs gemäßigt, um sich nicht zu wiederholen, und das hat auch noch sehr gut geklappt, allerdings ist fraglich, ob eine weitere „Normalisierung“ des Sounds nicht den kranken, extremen Charakter der Musik abschaltet. PSYOPUS zeigen aber mit Songs wie eben „A Murder to Child“ oder auch „Boogeyman“, das durch zusammengestückelte Sprachsamples wahnsinnig bedrückenden Charakter aufweist, dass man wirklich intelligente Ideen hat, die Psycho-Atmosphäre auf andere Art und Weise als durch musikalisches Inferno zu übermitteln. „Odd Senses“ ist durch die Erfahrung, PSYOPUS mal ein wenig strukurierter und dadurch zum Teil mit echten Songs zu erleben, sowohl für Kenner von „Our Puzzling Encounters Considered“, als auch für Leute interessant, welchen dieses etwas zu krass war. Der 2009er-Output ist, obwohl er an sich schon wahnsinnig Spaß macht, vor allem ein Garant, dass man auf das nächste Album verdammt gespannt sein darf.

Wertung: 8.5 / 10

Publiziert am von Marius Mutz

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