Review Rusty Cooley – Rusty Cooley

Unter angehenden Gitarristen ist die „höher, schneller, weiter“-Mentalität weit verbreitet – durchstöbert man Musiker- oder Gitarrenforen, sieht man haufenweise Themen wie: „Wie spiele ich schneller?“ „Wie funktioniert Sweeping?“ „Wer ist euer Lieblingsshredder?“ Die Helden dieser meist noch recht jungen Musiker sind dann große Namen wie John Petrucci (Dream Theater), Yngwie Malmsteen (Stichwort „Arpeggios from Hell“), eine Youtube-Berühmtheit namens JerryC („Canon Rock“) oder eben auch RUSTY COOLEY, seineszeichens Gitarrist der Prog/Heavy-Band Outworld und begnadeter Shredder. Bereits 2003 hat dieser Herr ein Soloalbum veröffentlich, das ganz bescheiden seinen Namen trägt.

Nun ist es ja so eine Sache mit Soloalben von Künstlern, die an ihrem Instrument zu den Besten (oder zumindest den Schnellsten) zählen – oftmals stellen sich diese Herrschaften dermaßen in den Vordergrund, dass die Scheibe zu einer langweiligen Zurschaustellung der eigenen Fähigkeiten verkommt, so gesehen etwa bei Richard Andersson und Time Requiem, seiner ganz persönlichen „Ich habe den Dicksten“-Bühne. Und leider Gottes gilt in etwa dasselbe auch für das Album von RUSTY COOLEY: Fast eine Stunde lang bekommt man hier Gitarrentöne in meist aberwitziger Geschwindigkeit um die Ohren gehauen, untermalt von maximal solidem (meist eher uninspiriertem) Riffing und generell recht aussagelosen Songs. Vielleicht wären die Songs nicht so beliebig, wenn es irgendwelchen Text und dementsprechend auch Gesang dazu gäbe, aber dadurch, dass die Gesangsstimme quasi von COOLEYs Shredding übernommen wird, fühlt man sich spätestens nach dem dritten Song, als ob man einer Band mit äußerst gleichförmigem Gesang lauschen würde.
Keine Frage, RUSTY COOLEY ist ein technisch außerordentlich begabter Gitarrist – er ist wirklich schnell, ohne dass sein Spiel dabei allzu unsauber wirkt, auch wenn man ab und an das Gefühl hat, dass er selber nicht so recht weiß, was seine Finger da eigentlich gerade machen. Aber stellt euch einfach mal ein Album vor, auf dem alle Instrumente nur verdammt schnelle Soli spielen – keine besonders tolle Vorstellung, oder? Wenn jegliches Gefühl in der Musik fehlt, ist rgendwann einfach die Luft raus, und das geht hier leider ziemlich schnell; Ansätze sind zwar teilweise vorhanden („Dark Matter“), aber meist hält das nicht länger als zwanzig Sekunden. Das Gitarrenspiel von COOLEY mag noch so technisch brilliant sein, es fehlt einfach an kompositorischen Glanzpunkten, an magischen Momenten, an Passagen, die sich wirklich einprägen und die man ab dem zweiten oder dritten Hören unbewusst mitsummt. Man könnte sagen: Dieses Album ist spektakulär unspektakulär.

Wer also auf Griffbrettgewichse par excellence steht, bekommt hier auch genau das; nicht weniger, aber eben auch ganz bestimmt nicht mehr. Zum Reinhören eignet sich das auf YouTube veröffentlichte Dean Guitars-Werbevideo zu „Under the Influence“ – auch wenn der Song quasi aus einem Teil besteht, der einmal wiederholt wird und somit beim zweiten Mal schon extrem nervt. Für ein spektakulär unspektakuläres Album:

Wertung: 4 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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