Review Savn – Savn

Seit Theatre Of Tragedy und vor allem The 3rd And The Mortal ist Norwegen die (heimliche) Speerspitze in Sachen Gothic Metal (mit oder ohne Frauengesang). Wie üblich in Skandinavien schossen die Bands nur so aus dem Boden, manche hielten sich und machten Karriere, andere versanken nach einem kurzen Aufglühen wieder in der Versenkung. Eine dieser Kapellen war The Sins Of Thy Beloved, zwei Alben kamen raus, danach fast eineinhalb Jahrzehnte kein Lebenszeichen und der Split. Aus der Asche, und damit sind wir endlich beim Thema angekommen, entstanden SAVN, welche vor allem personell eine Fortsetzung dieser Band darstellen.

Stig Johansen und Anders Thue hatten damals den Sound der Vorgängerband wesentlich mitgeprägt, jetzt haben sie sich nach einigem hin und her auch Szene-Mieze Carmen Elise Espenæs dazu geholt und das selbstbetitelte Debütalbum herausgebracht. Die Erwartungshaltung ist natürlich klar, irgendwie wird es sich schon am bekannten Stoff orientieren.
Ja und nein. Natürlich lassen sich Wurzeln nicht verleugnen, wenn man es nicht in einem gänzlich anderen Genre versucht, entsprechend fahren SAVN einige Geschütze auf, die auch in der Vergangenheit ganz gut getroffen haben. Songs im Midtempobereich, viel Atmosphäre, düstere Melodien, aber auch lichte Momente, ständiges Pendeln zwischen eingängigen Passagen und teilweise schon fast progressiven Strukturen. Recht ausrechenbar ist freilich der Gesang, genau wie Schwester Liv Kristine „haucht“ Carmen Elise mehr, als dass sie kraftvoll intoniert, was aber nicht schlecht klingt und prinzipiell haben die Vocals der Geschwister Hand und Fuß. Warum es das Infoschreiben dann als „große Überraschung“ bezeichnet, dass die beiden mit „I Am Free“ einen Song gemeinsam intonieren, verstehe entsprechend, wer will.
Ein wenig neuen Wein gibt es aber auch zu kosten, so kommt „Savn“ teils überraschend rockig. Diverse Double-Bass-Einsätze und die eine oder andere rhythmische Gitarrenmelodie verleihen der Musik eine dezente Härte, über die alle diejenigen sich freuen können, die mit dem typischen Gothic-Sound nicht so viel anzufangen wissen. Ein gutes Beispiel ist daher der Gastauftritt von Michelle Darkness (End Of Green), der auf „The Demons In Me“ ein Duett mit Carmen Elise präsentiert. Somit ganz natürlich eine Nummer, die aufhorchen lässt. Weitere Hinhörer sind „Sorrowful“ und „Lengselens Hånd“, bei denen das von Victor Smolski geleitete Lingua-Mortis-Orchestra einen Gastauftritt gibt. Das scheint aber mehr eine Marketing-Aktion zu sein, denn wesentlich anders als in den anderen Songs klingen die Streicher jetzt nicht, die angesprochenen Lieder sind so einfach ganz gut und daher hörenswert.

Also, trotz einiger kleinerer Überraschung also nicht so viel Neues aus dem hohen Norden. SAVN spielen auf ihrem Debüt eine gefällige Mischung aus traditionellem Gothic Metal mit Frauengesang und rockig-metallischem Songwriting, bei dem alleine aufgrund der Gastmusiker ein recht hoher Aufwand betrieben wird. Ob sich dieser rechtfertigt, wird letztlich der Käufer entscheiden. Ein wenig fehlen schon die zwei, drei Songs, die wirklich richtig herausstechen und ein gewisses Hitpotential aufweisen. Begrüßenswert ist der Versuch, sich vom Rest abzuheben, ganz gelingen will es auf „Savn“ aber noch nicht.

Wertung: 7 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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