Review Seahaven – Reverie Lagoon: Music For Escaping Only

SEAHAVEN, ein in der Metalszene bislang eher weniger bekanntes Quartett aus Kalifornien, welches sich emotionaler Indiemusik verschrieben hat, legt dieser Tage mit „Reverie Lagoon: Music For Escapism Only“ das neue Album vor. Rein vom Titel klingt es doch schon mal wesentlich hoffnungsfroher als das Debüt „Winter Forever“, entsprechend interessant ist ein Blick auf den Sound hinter dem sperrig klingenden Zweitwerk.

Die Musik hingegen ist wesentlich relaxter, als er der komplizierte Albumtitel vermuten lässt. Recht ruhige Indie-Klänge mit einem ziemlich präsenten Bass, die Gitarren werden zwar hier und da verzerrt gespielt, aber der Rest der Truppe nimmt die Fahrt sogleich wieder raus, dazu passt bestens der leidend-schmachtende Gesang von Fronter Kyle Soto. Dieser wird durch einige Hall-Effekte noch stärker in Szene gesetzt, so dass sich zu den melancholischen auch durchaus epische Gefühle gesellen.
Die meisten Lieder sind recht eingängig gehalten, woran auch die nicht ausufernden Songlängen ihren Anteil haben. Zudem wird das Gesamtbild durch kurze Zwischenspiele aufgelockert, so entsteht zwar ein homogener Fluss, bei dem der rote Faden nie verloren geht, trotzdem bieten die 14 Songs in ihrer Gesamtheit genügend Abwechslung. Einzig der sehr zurückhaltende musikalische Ansatz ist an „Reverie Lagoon: Music For Escapism Only“ leicht zu kritisieren. An mehr als nur einer Stelle denkt man unwillkürlich, dass hier das Gaspedal einmal etwas kräftiger hätte getreten werden können. Immerhin schreibt man sich das Etikett Post-Hardcore auf die Fahnen, davon ist dann doch etwas zu wenig zu hören. Zwar gibt es ein paar dynamische Geschwindigkeitswechsel, insgesamt dominieren aber die balladesken Töne, die sich ohne Frage hören lassen können.
Trotzdem wären SEAHAVEN sicher auch mal im höhergetakteten Bereich cool zu hören. Um noch einmal auf Sänger Kyle zurückzukommen: Er hat eine richtig gute Stimme, die sich ohne Frage auch zu aggressiveren Songs prima anhören würde. So muss man mit schönen Akustikspielereien, netten Pianoarrangements und der einen oder anderen Orchestrierung „leben“, neu-jugendlich nennt man das wohl ein First-World-Problem.

Denn unter dem Strich ist „Reverie Lagoon: Music For Escapism Only“ ein tolles, trauriges und dennoch hoffnungsversprühendes Album geworden. Eine Prise Selbstmitleid, ohne gänzlich darin zu versinken, eine wenig Drama, ohne ein Debakel daraus zu machen und gute 50 Minuten Musik mit Esprit und weitgehend ohne Langeweile. SEAHAVEN wissen, wie es geht und lassen den Hörer daran teilhaben, eine gute Symbiose, deren wahrer Moment vermutlich erst in den Herbst- und Wintermonaten kommt.

Wertung: 8 / 10

Publiziert am von Jan Müller

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert