Review Silentium – Amortean

Ach wie exotisch, eine female fronted Dark Gothic Metal Band aus dem schönen Finnenländle, das ist ja mal ganz was besonderes, den heutigen Tag muss ich mir wohl rot im Kalender anstreichen, an dem mir so etwas außergewöhnliches in den Player geflattert ist. Gähn. Wer in diesem Satz den Sarkasmus gefunden hat, der kann ihn gerne behalten, Fakt ist doch, dass Gothic Metal aus Finnland eh schon eine eher alltägliche Angelegenheit ist und wenn dann noch eine Frau am Mikro steht, naja, dann wird wohl gleich jeder Nightwish heulen und ich erschaudere mal wieder, wieviele Leute stinknormalen symphonischen Power Metal für Gothic halten, nur weil ein weibliches Wesen singt, aber so ist die Menschheit nun mal. Egal, das ist hier nicht Gegenstand der Disputation, sondern schon wieder so ’ne Dark Gothic Metal Band aus Finnland, juche.

Wobei ich SILENTIUM (manchmal auch Silentivm geschrieben, aber sprich das mal bitte einer aus) ja unrecht tue, wenn ich jetzt hier so darauf herumreite, ich wusste ja ungefähr, was mich erwartete, als ich die Chefredaktion darum bat, die Promo in Augenschein nehmen zu dürfen. Oder sagen wir mal besser ich dachte ich wüßte, was ich tat. Immerhin waren die Finnen mir keine Unbekannten, auch wenn eine innige Beziehung etwas anders aussieht als das, was sich zwischen ihnen und mir abspielte. Um es kurz zu machen: Mein erster und bisher einziger Berührpunkt mit SILENTIUM war der Song „To My Beloved One“ von ihrem zweiten Album aus dem Jahre 2001, „Altum“, einem mehr oder minder stark vom Doomdeath Metal geprägten Gothic-Song, der zwar das Rad nicht neu erfindet, aber doch ganz nett anzuhören ist.

Jetzt steht also das fünfte Album mit dem klangvollen Namen „Amortean“ (was das heißen soll kann ich nur mutmaßen, aber es wird wohl was mit Liebe und Tod zu tun haben sollen) in den Regalen eines jeden gut sortierten Metalfachgeschäfts und ich habe es mir zur Aufgabe gesetzt, der Musik, die sich hinter dem ziemlich netten Coverartwork versteckt mal auf den Zahn zu fühlen. Dabei gestaltete der erste Hördurchlauf sich als etwas frustrierend. Denn kaum drückte ich auf den Play-Knopf, schon schallten mir Fiedeln, Chöre, wuchtige Drums und eher generische Gitarrenriffs entgegen. Hy Nightwish, lange nicht mehr gesehen, wa?

Tatsächlich, als der Opener „Leave The Fallen Behind“ durch die Boxen schallte, da musste ich gerade mal nachschauen, ob ich nicht die falsche CD eingelegt hatte und dann gerade noch die Bandhistorie durchblättern, um sicher zu gehen, dass da nicht irgendwo der Satz „Im Jahre 2008 tauschten die Bands Nightwish und SILENTIUM findigerweise die Namen“ fiel. Fehlanzeige. Trotzdem klingt der Opener von „Amortean“ den Landsmännern unglaublich ähnlich. Musikalisch etwas mehr in Richtung „Once“, gesanglich hingegen ist Frontsirene Riina Rinkinen wirklich gar nicht so weit von Anette Olzon entfernt, vielleicht nicht ganz so hoch wie die Kollegin, aber Parallelen sind schon da.

Okay, ist ja jetzt nicht unbedingt ein Beinbruch genau so wie Nightwish zu klingen, auch wenn ich persönlich der Ansicht bin, dass die Genrepioniere ihren Zenit schon vor langer Zeit überschritten haben (und mit der Aufnahme von Anette der scheintoten Band tatsächlich neues Leben einhauchten, ja, ich fand Tarja schon immer scheiße, aber das gehört hier wohl nicht hin). „Leave The Fallen Behind“ könnte sich aber durchaus problemlos in die Reihe der besseren Nightwish-Songs einfinden. Das Stück ist nett symphonisch, Riinas Stimme nicht ohne ihre Ecken und Kanten, das Solo ist sogar richtig gut und der Refrain animiert dank einem Text, den man wohl im Altpapier von Manowar fand, zum Mitgröhlen (die Betonung des Wortes „Fallen“ auf der zweiten Silbe finde ich persönlich besonders knuffig).

Danach ändern SILENTIUM aber zum Glück die Marschrichtung (ich werd hier bald kirre bei den finnischen Bands, nach Amberian Dawn und Manzana sind SILENTIUM jetzt schon die dritten Finnen, deren Albenopener in eine komplett andere Richtung geht, als der Rest der CD). Es wird mehr Platz für leidvolle Melancholie gelassen, die Epik zieht sich zu den Refrains zurück, weitere Lead-Gitarrenarbeit wird eingeflochten und so weiter und sofort. Jetzt klingt die Chose mehr nach einer Mischung aus After Forever und Xandria, wobei Nightwish tatsächlich hin und wieder mal noch durchblitzen. Klar, geklaut wird hier viel, aber in der Form, in der SILENTIUM die einzelnen Sountparts zusammenmischen, sind die mir bislang noch nicht untergekommen, deswegen klingen die Finnen zumindest in meinen Ohren ziemlich eigenständig. Und eingängig sowieso, die Songs hören sich gut und nach ein paar Durchläufen hat man die Melodieführung und die Texte zumindest der Refrains ganz gut drauf und wippt hin und wieder mal mit dem Fuß, summt einen Part mit oder erhebt auch ganz gerne mal die Stimme, um den einen oder anderen Abschnitt nachzuträllern.

Kurzum, SILENTIUM sind fitt an ihren Instrumenten, schreiben nette Songs, haben Wiedererkennungswert und so weiter. Wirklich brillant sind sie nicht, dazu sind einfach zu wenige eigene Ideen da, zu wenig Mut zu Wagnissen, aber Fans des Genres (das im Endeffekt doch wesentlich eher Gothic Metal ist), die von After Forever, Xandria, Within Temptation oder von mir aus halt auch Nightwish schon alles haben, die können wesentlich schlechter fahren, als mit SILENTIUMS „Amortean“. Und jetzt geh ich mir die Zunge entknoten, ich hab mehrfach versucht Silentivm auszusprechen…

Wertung: 7.5 / 10

Geschrieben am 6. April 2013 von Metal1.info

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