Welche Stadt in den USA ist glitzernder, glamouröser und in größerer Party-Laune als Las Vegas? Kaum eine. Manche sagen, es war allein schon der Heimatstadt wegen vorbestimmt, dass sich die Wege von Chris Babbitt (Gesang, Gitarre) und Mikey Cross (Gitarre) irgendwann kreuzten. Beachtet man allerdings, dass dies schon im frühesten Kindesalter geschah (beide wurden im selben Krankenhaus vom selben Arzt entbunden), das Duo zusammen im Rock Hard Hotel (was für ein Zeichen!) als Securitys jobbte und sich danach als Star-Securityguards in der Reality TV-Show „Rehab“ ein Zubrot verdiente, glaubt man eher an eines: Das Schicksal kommender Rock-Stars.
Was im ersten Moment etwas hochgegriffen erscheint, wurde mit der Gründung von TAKING DAWN endgültig ins Rollen gebracht. Zu Babbitt und Cross – den Brüdern im Geiste – gesellten sich bald auch Bassist Andrew Cushing und Schlagzeuger Alan Doucette. Nun erscheint das 11 Tracks starke Debüt „Time To Burn“ und soll dem jungen Quartett mit Hilfe von Roadrunner Records auch in Europa zum Durchstarten verhelfen. Dass die musikalischen Voraussetzungen dazu mehr als erfüllt werden, soll sich in den nächsten knapp 40 Minuten auf erfrischende Art und Weise zeigen.
Frech und äußerst straight setzt der Opener und Titelsong den Rock-Schraubenschlüssel an, gibt einen ersten Vorgeschmack auf all den Glam, der im folgenden Verlauf noch aufkommen soll. Allgemein strotzen die einzelnen Tracks von bemerkenswert eingängigen und einfallsreichen Riff-Bauklötzen, die trotzdem noch genug Spielraum für das ein oder andere Solo lassen. Eine weitere sehr erfolgreiche Trademark der Amerikaner sind die Backing Vocals, mit denen Frontmann Babbitt von seinen drei Mitmusikern unterstützt wird. Dadurch entstehen wunderbar harmonische Klang- und Gesangsbilder („Take Me Away“), die in Refrains wie a lá „Like A Revolution“ ihren Höhepunkt finden.
Solche melodischen Glanzstücke sollen aber nicht davon ablenken, dass auch eine härtere Gangart angeschlagen werden kann, bei der sich der Kopf in kreisenden Bewegungen unaufhaltsam vom Rumpf entfernen darf („So Loud“). „Save Me“ erinnert stellenweise fast schon an eine Powerballade, verdeutlicht das perfekte Zusammenspiel von Schlagzeuger Alan Doucette und Mikrofonbefeuchter Babbitt, bei dem die Gitarrenfraktion auch mal gekonnt in den Hintergrund gemischt werden kann. Von „Close Your Eyes“, das mit halb-akustischen Sechssaitern angereicherte Paradebeispiel für die gesanglichen Qualitäten und die technisch beachtliche Stimmfertigkeit von Babbitt, über das radiotaugliche „Godless“: TAKING DAWN zeigen zu jeder Zeit ein Händchen für das richtige Songwriting, eingängige Hooklines und das gewisse Etwas.
Den Höhepunkt findet die zweite Hälfte kurz darauf im rasanten und rhythmusverspielten „Fight ‚Em With Your Rock“. Die Lyrics und der Gesang machen einfach nur Spaß (ratet mal an welchen verstorbenen Musiker des letzten Jahres der abgehakte Gesang teilweise erinnert), die beiden Schlusslichter „Endlessly“ und „The Chain“ setzen dem Ganzen die Krone auf.
Letztendlich kommt „Time To Burn“ nicht nur mit einer einwandfreien und perfekten Produktion, musikalisch äußerst talentierten Musikern und dem nötigen Spirit daher – das Debüt der Amerikaner macht auch verdammt viel Spaß. Wer hierbei schon Ende Februar die Autoscheiben runterkurbeln und lauthals mitsingen will, hat keinen an der Klatsche sondern das TAKING DAWN-Fieber. Glam und Hard Rock halten sich die Waage, bringen ihre jeweils besten Trademarks in den Langspieler ein. Wer sich nun auch noch von den Live-Qualitäten des Las Vegas-Exports überzeugen möchte, bekommt in Deutschland vom 8. bis 22. März die Gelegenheit dazu, wenn es mit den Labelkollegen Airbourne auf Europatournee geht. Bis dorthin: „Time To Burn“ hören und losbrennen!
Anspieltipps: „Like A Revolution“, „Close Your Eyes“ und „Never Enough“.
Wertung: 9 / 10